Das Bild zur Diskussion „Freihandelsverträge“ und damit CETA erhält beinahe täglich neue Konturen. Wahlkämpfer mit unterschiedlicher Intention entdecken das Thema als stimmungmachendes und zudem quotengeeignetes Wahlkampfthema. Die Bandbreite reicht je nach Herkunft der „Kämpfer“ von absolut dafür bis völlig dagegen. Es hat den Anschein, dass es nur noch die beiden Pole ja oder nein gibt. Folglich kommt die notwendige Durchdringung des Themas  mit den eigentlichen Inhalten, deren Chancen und Risiken häufig völlig unter die Räder. Immer mehr Beitragsredner lassen sogar den Eindruck entstehen, sie wüssten gar nicht, wovon sie reden und deshalb bleiben sie publikumswirksam an der Oberfläche.

Eine parteifreie Betrachtung im Sinne einer weiterführenden Information wird wohl in der nächsten Zeit kaum zu beobachten sein. Das EU-Parlament stimmte zu CETA ab (und zu)! Jetzt sind die nationalen Parlamente am Zuge, begleitet von Stellungnahmen einzelner NGOs. Auffallend ist, wie oft neuerdings nur noch von den Vorteilen für Verbraucher und Arbeitnehmer (natürlich auch *innen) gesprochen wird. Es gehe vorwiegend um das Wohl der Menschen und deren Zukunft. Zölle und deren Abbau stünden im Mittelpunkt, genannte Verbraucher erhielten eine größere Produktauswahl zu meistens niedrigeren Preisen; Wachstum führe zu besser bezahlten Arbeitsplätzen und zu mehr Arbeitsplätzen.

Schön und gut. Was mir aber sehr auffällt sind Formulierungen wie, die Bedenken in Sachen Umweltstandards und Sozialstandards seien ernst genommen worden, eine neue Ära des Wachstums und Wohlstands sei eingeleitet.

Es könnte der Eindruck entstehen, es seien nun zwei verschiedene Welten seit der USA-Wahl entstanden. Mitnichten ist das so, die Diskussion setzt erneut, nur an anderer Stelle auf, an der Ausgestaltung der Handelsbeziehungen.

Ich hatte Ihnen eine regelmäßige Aktualisierung zu der Diskussion in Sachen Freihandel zugesagt. Wichtig ist jetzt, die eingesetzte Kräfteverschiebung durch bereits erfolgte Wahlen und bei uns in Europa anstehende Wahlen aufmerksam zu verfolgen. Es gibt sehr viele blumige Worte von kräftiger Wohlstandsmehrung bis hin zu dem Verweis, gegen die Globalisierung könne man sich nicht stemmen. Letzteres stimmt; allerdings sind wir täglich Mitspieler und müssen daher zu Recht sehr deutlich die Frage stellen, wie sich denn die vielen genannten Vorteile konkret in Zahlen ausdrücken und damit messbar machen lassen.

Und, ganz wichtig: „ernst nehmen“ alleine genügt nicht. Einer Absicht müssen sehr konkrete verbindliche Handlungen folgen; sich in einvernehmlich gestalteten Vertragstexten als Ergebnis der politischen Willensbildung wiederfinden. Und nicht vorurteilswirksam in Veranstaltungen unter Weglassung unangenehmer Fakten wie Sperrklinkenklausel, Konzernsonderklagerechten oder Stillhalteabkommen.

Mit schwammigen Absichtserklärungen alleine lässt die Welt sich nicht steuern. Und schon gar nicht mit Zahlen, die von Millionenverlusten im Bereich der Arbeitsplätze (Industrie 4.0) sprechen, zugleich aber eine erhebliche Zunahme von Arbeitsplätzen durch CETA vorhersagen. Hier muss die gestaltende Politik endlich etwas präziser und verbindlicher werden. Freihandel ist viel zu wichtig, als ihn anlässlich von Wahlen Parteien zu überlassen, die nur noch Wähler, größtenteils schlecht oder zumeist völlig  uninformiert, mit dem Thema ködern wollen. CETA und TISA (wieso spricht unsere Politik nicht über TISA?) sind von zu hoher Bedeutung, um von Strömungen zur Wählergewinnung vereinnahmt zu werden.

CETA wird als Sieg der Vernunft dargestellt. Der Sieg hat weiterhin zum Inhalt die Sonderklagerechte für Konzerne. Verböte ein Land eines Tages begründet das Rauchen, ist der Weg für Tabakkonzerne frei, entgangene Gewinne sofort einzuklagen. Standards in der kanadischen Lebensmittelherstellung können durch hohe Einfuhrquoten hiesige bäuerliche Betriebe endgültig zur Aufgabe zwingen.

Die Verwendung von Negativlisten hat zum Inhalt, automatisch alle Wirtschaftssektoren zur Liberalisierung freizugeben; es sei denn, die Ausnahmen werden ausdrücklich festgelegt. Der Wasserprivatisierung stünde z.B. nichts mehr im Wege. Die spätere Rekommunalisierung dann privatisierter Sektoren ist kaum möglich. Unsere Politiker scheinen sich noch nicht mit Stillhalteklauseln beschäftigt zu haben.

Sobald nach der immer noch vorhandenen Unruhe aufgrund jüngster Wahlergebnisse und angeblicher Aufkündigung von TTIP etwas mehr Überblick vorhanden ist, auch die von uns herangezogenen unterschiedlichen und sehr seriös am Thema arbeitenden Quellen zitierbarer sind, erhalten Sie eine weitere Information zum Stand.

Anlass dieses „Updates“ war ein Forum-Artikel in der zumeist unverdächtigen SZ vom 20.02.2017 und den vielen Meldungen ernstzunehmender NGOs, ebenso Gespräche mit Lesern unserer Homepage.

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