Unter der Überschrift, es täte sich etwas, warfen wir im April ein Schlaglicht auf unser Tutzing als Markt; wie dieser in seiner Intaktheit sich darstellt und was sich mit Stolz auf diesen Ort beobachten lässt. Nachtrag heute: Wie lange noch?

Aber am Horizont ziehen erste Wetterfahnen auf. Nachdenklich machende Fragen, welche Formen der Wettbewerb annehmen könnte, sind schon seit längerer Zeit bekannt. 2016 diskutierte der Gemeinderat das Thema im Zusammenhang mit dem zweiten Drogeriemarkt, hat sich aber noch nicht klar geäußert, welche Entwicklungen er sieht.

Seit Monaten ist in vielen größeren Städten die Frage angekommen, wie sich wohl Fach- und Einzelhandel entwickeln werden. Getrieben durch völlig neue Geschäftsmodelle, die vermutlich bisherige Einkaufsverhaltensweisen auf den Kopf stellen. In Frankreich steht der Einzelhandel schon lange Kopf und auch in bevölkerungsstarken Bundesländern sorgt eine ungewisse Entwicklung für Unruhe. In vielen Fällen bleiben die großen Namen. Hinter der Theke stehen aber immer mehr kleinere Firmen, die unter dem Dach eines Großen auf eigene Rechnung arbeiten, was viele der zumeist nur auf den Preis achtenden Käufer erst bei näherem Hinsehen feststellen. Dieser Strukturwandel wird wohl nicht an uns vorübergehen; große Weitsicht ist daher angesagt.

So mancher kehrt demnächst aus den Ferien zurück und wird mit Erstaunen festgestellt haben, wie intakt doch bei uns noch der herkömmliche Handel ist. So manch eine italienische oder französische Kleinstadt zeigt uns, was wir vor uns haben könnten, beachten wir nicht die Zeichen der Zeit. Vor allem die Zeichen, die bei zu später Beachtung auf eine Nie-Wiederkehr alter Zeiten hindeuten. Ist etwas zu spät gemerkt worden, kann das Rad bekanntlich nicht mehr zurückgedreht werden. Wer merkt nun, wann es zu spät ist? Die überregionale Wochen-Presse hat das Thema bereits voll aufgenommen; es ist ja auch deren Aufgabe, den Finger hinweisend  auf epochemachende Entwicklungen zu legen. Der SZ-Artikel vom 11.08.2017 dürfte ein solcher Muntermacher sein. Der Artikel fasst in beeindruckender Weise die jüngeren Trends zusammen. Es tut sich etwas, gewiss aber nicht das, was unsere Aufmerksamkeit erfordern würde. Meint man. Alle Konsumenten wollen das beste Angebot nutzen, legen allerhöchsten Wert auf den günstigsten Preis; sie informieren sich beim Fachhändler, sofern es diesen noch gibt, kaufen dann aber online und begrüßen zugleich Fair-Trade-Einrichtungen. Und wenn’s der Opa nicht kapiert, macht der Enkel ihm das vor, wie das mit dem Online-Einkaufen geht. Letzteres ist interessant! Es wird sogar bis vor die Tür geliefert. Der Herkunftsnachweis ist problematisch. Allen werden Vereinfachungen und zusätzliche Nutzen versprochen. Alles aber dürfte zu einem heftigem Umkrempeln heutiger Strukturen führen. Noch ist unklar, wie wir damit umzugehen haben und welchen Anspruch die Kommunalpolitik zur Gestaltung dieser neuen Wege leisten kann. Vielleicht auch zur Abwehr.

Erwähnter Beitrag ist sehr lesenswert. Er betrifft Tutzing wegen seiner Bevölkerungs-struktur. Der SZ-Artikel dürfte sich auch gut dafür eignen, die seinerzeit diskutierten Schutzfunktionen für das einheimische Gewerbe noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

Beschließt der derzeit reichste Mann der Welt (Jeff Bezos, Gründer des US-amerikanischen Unternehmens Amazon.com), ein Geschäft zu machen, wird er es mit allen Mitteln hin bis zum Schleifen der Sozialstandards tun und Tutzing nicht lange fragen, was die Gemeinde Tutzing davon hält.

Tutzing sollte auf diese neuen Überlegungen vorbereitet sein. Um nicht erneut vor irgendwelchen Überraschungen zu stehen, plötzlich, aus heiterem Himmel.

Ich sehe das als Aufgabe des Gemeinderates, den Hinweisen von Presse, Konzernen, Logistikdienstleistern und sogar Gewerkschaftern zu folgen und der Frage nachzugehen, welche Bedeutung das Thema für Tutzings Kommunalpolitik hat.

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