Eine Hotelnutzung des Seehof-Grundstücks in bestimmter Qualität und Quantität ist machbar, so die vorangestellte Quintessenz von Christoph Winkelkötter, Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg mbH (gwt), in der Gemeinderatssitzung (GR) am 16.06.2020 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Zu diesem Ergebnis kam die „Potentialanalyse Hotelstandort Schloßstraße Tutzing“ des Beratungsunternehmens Drees & Sommer aus München, die Christoph Winkelkötter vertretungshalber vorstellte. Die gwt hatte die Untersuchung begleitet.
Zielsetzung des Beratungsauftrags war es, mit der Erstellung einer Potenzialanalyse „die allgemeine touristische Nachfrage sowie das bestehende Beherbergungsangebot im Landkreis Starnberg zu evaluieren und die daraus abzuleitenden Potenziale aufzuzeigen“. Nach Erläuterungen der zahlreichen Vorteile von Tutzing, die eine hohe touristische Anziehungskraft ausmachten, erwarten die Verfasser der Analyse als Zielgruppe einen hälftigen Mix aus Touristen und Geschäftsreisenden. In der Stärken-/Schwächen-Analyse gab es aber auch Punkte wie der wenig diversifizierte Beherbergungsmarkt, kaum vorhandene Tagungsmöglichkeiten oder ganz konkret die begrenzte Grundstücksfläche. Demgegenüber werden Chancen gesehen in einem geringen lokalen Wettbewerb, wenn ein Hotelvorhaben mit starker freizeitorientierter Ausrichtung und modernen Konzept realisiert wird. Eine weitere Chance stelle ein attraktives Gastronomiekonzept dar, das Hotelgäste, Tagestouristen und Anwohner gleichermaßen anspreche. Zusätzliches Potential für Hotelübernachtungen wird bei Engpässen in den Akademien und bei großen Messen gesehen. Mögliche Risiken stellen ein mögliches Überangebot in der Anfangsphase dar, wenn die Nachfrage erst wachsen muss. Hinzu könnte der Fachkräftemangel kommen, der das Angebot reduzieren bzw. zusätzliche Investitionen wie Mitarbeiterwohnungen erfordern könnte.
Unter Verzicht auf die Präsentation der Wirtschaftlichkeitsrechnungen wurden zwei Hotel-Varianten im 3-4 Sterne-Standard genannt: die eine mit 139 Zimmern, die andere mit 159 Zimmern bei vier Geschossen. Kritisch merkte Winkelkötter an, dass der Grundstückseigentümer nicht vergessen werden sollte, der natürlich eine Preisvorstellung habe. Nachfragen seitens der Investoren und Hotelbetreiber zur Realisierung von modernen Hotelkonzepten gebe es, ebenso die Nachfrage der potentiellen Gäste unter den Stichworten Golf, Wassersport, Wellness und Familienurlaub.
Wie berichtet, wurde in der Sitzung des Gemeinderats am 06.11.2018 die eilbedürftige Entscheidung der Bürgermeisterin, die Änderung des Bebauungsplans Nr. 78 “Ortszentrum Tutzing”, Teilbebauungsplan 7 “Seehof” zu beschließen, einstimmig bestätigt. Der Bau- und Ortsplanungsausschuss hatte am 16.10.2018 einen entsprechenden Empfehlungsbeschluss gefasst. Dabei wurden folgende Planungsziele konkretisiert:
- planungsrechtliche Absicherung der Nutzung als Hotel, auch in Abgrenzung einer Nutzung als Boardinghouse,
- immissionsschutzrechtliche Konfliktbewältigung der Auswirkung jeweils aneinander grenzender Nutzung, auch durch entsprechende Situierung und Gestaltung der Baukörper,
- Herstellung einer funktionsgerechten Erschließung, gerade auch im Hinblick auf die Tiefgaragenzufahrt und nicht zuletzt
- die Schaffung von Sichtachsen zum See (wie sie zuletzt vom gemeindlichen Planer Prof. Burgstaller visualisiert wurden).
Die Gemeinde dokumentierte damit ihre Absicht, das bestehende Baurecht zu modifizieren, weiterzuentwickeln und zu konkretisieren. Das vorhandene Maß des Baurechts soll bei der Planänderung weitestgehend erhalten bleiben; eine mögliche Reduzierung der Bruttogeschossfläche sollte unter 10% bleiben. Durch den Erlass einer Veränderungssperre wurde diese Absicht konserviert.
Das war der Ausgangspunkt für eine neuerliche Planung durch den gemeindlichen Städteplaner Prof. Florian Burgstaller. In der Sitzung des Gemeinderats am 12.03.2019 stellte er seine Planung anhand von zahlreichen Visualisierungen vor (© Entwurf: Prof. Florian Burgstaller):
Mit einem Hotel in vier gegliederten Baukörpern auf dem nördlichen Teil des Grundstücks blieben die Sichtachsen von der Hauptstraße zum See und vom Seeufer auf St. Joseph erhalten. Insgesamt ist in den vier drei- bzw. viergeschossigen Gebäuden eine Geschossfläche von 4.800 m² vorgesehen, also etwas weniger als nach derzeitigen Bebauungsplan aus 2012 möglich (5.700 m²). Unter dem Eingeständnis, selbst kein Hotelplaner zu sein, hatte Prof. Burgstaller einen Plan für ein Hotel mit 70 Zimmern, Gastronomiebereich und Verkehrsflächen erstellt; Wellness/Fitness und die Tiefgarage werden nach dieser Planung im Untergeschoss untergebracht. Die Planung wurde von allen als das bisher beste Konzept begrüßt.es handelt sich hier jedoch nicht um die „Planung“ eines Hotels, sondern um ein städtebauliches Konzept, das in seiner Struktur den Beschluss des Gemeinderates von 2018 (möglichst freier Seeblick, ca. 10% Reduktion der laut B-Plan zulässigen Geschossfläche) wiedergibt.
Eine Diskussion der Potentialanalyse fand nicht statt. Die Bürgermeisterin schloss mit dem Wunsch, einen Investor zu finden, der hier in Tutzing ein Hotel bauen möchte um das „hohe touristische Potential“ zu erschließen. Sie wünsche sich hier Öffentlichkeit, damit Investoren auf diese Möglichkeit aufmerksam würden. Mit dem neuen größeren Steg werde es mehr Tagestouristen geben, was erwünscht sei.
Es geht nun einerseits darum, die Festlegungen für den Bebauungsplan zu erarbeiten und zu entscheiden, und andererseits mit Hilfe der gwt Investoren/Hotelbetreiber zu suchen, denen die Rahmenbedingungen passen. Nicht zu vergessen der Grundstückseigentümer, die UBM Development Deutschland GmbH (vormals Münchner Grund Immobilien Bauträger AG), ohne den die Rechnung nicht aufgeht.
Weitere Punkte der Sitzung:
- Der zweite umfangreiche Punkt der Sitzung war die Sanierung der Mittelschule. Die Rektorin der Grund- und Mittelschule, Anne-Katrin Schallameier, stellte das Konzept der Mittelschule vor. Bei zuletzt stabilen Schülerzahlen von 160-170 aus Tutzing und den umliegenden Gemeinden trägt die Schule die Prädikate Inklusionsschule und Integrationsschule. Es werde offene und gebundene Ganztagsbetreuung geboten, um Schülerinnen und Schüler besonders zu fördern. Es könnten sämtliche Abschlüsse erworben werden, von dem Mittelschulabschluss nach der 9. Klasse bis zum mittleren Schulabschluss nach entsprechenden Vorbereitungsklassen im Anschluss an die 10. Klasse. Klaus Zeiler vom Weilheimer Architekturbüro Bioplan stellt die Planung der baulichen Sanierung vor. Wie berichtet, wurde in der Sondersitzung des Gemeinderats am 27.03.2019 einstimmig der Beschluss gefasst, den Bauantrag zur Sanierung der Mittelschule zu stellen und mit weiteren Unterlagen einzureichen. Zeiler erläuterte das Raumkonzept, das aus dem Schulkonzept abgeleitet wurde und zwischenzeitlich mit der Regierung von Oberbayern abgestimmt und genehmigt wurde. Die Maßnahme bedeute eine Aufwertung der Mittelschule. Auch das denkmalgeschützte alte Schulhaus werde einbezogen; es hätte ohnehin saniert werden müssen. Als besonderen Punkt entstehe ein teilbarer Mehrzweckraum, der für Musik- und Kunstunterricht, für Lehrerkonferenzen und auch für öffentliche Veranstaltungen mit Zugang von der Traubinger Straße nutzbar sei. Offen, so abschließend die Bürgermeisterin, sei die Finanzierung der Baumaßnahme; hier werde die Arbeitsgruppe wieder zusammenkommen und beraten.
- Einstimmig wurde beschlossen, dass die Gemeinde im Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland auch durch den Ratskollegen Florian Schotter (CSU) vertreten werden kann. Diese Vertretung als „gekorener Verbandsrat“ greift bei Verhinderung der 1. Bürgermeisterin, jedoch vor der 2. Bürgermeisterin und dem 3. Bürgermeister.
Unter Mitteilungen und Anfragen, Verschiedenes gab die Bürgermeisterin bekannt, dass der Förderbescheid für drei Elektroladesäulen nunmehr vorliege, somit die Ausschreibung erfolgen könne. Eine Ladesäule wird beim Kino, die beiden anderen werden bei der evangelischen Akademie aufgestellt. Auf eine entsprechende Frage wurde seitens der Verwaltung bestätigt, dass die bisher geleisteten Sanierungsarbeiten für Aufzug und WC-Anlagen in der Mittelschule 980.000 Euro gekostet hätten und im Rahmen der geplanten großen Sanierung vollständig nutzbar seien. Für die notwendige Auslagerung des Schulbetriebs der Mittelschule während der Sanierung habe es lt. Bürgermeisterin Vorgespräche gegeben; eine Nutzung des ehemaligen TSV-Geländes für die Errichtung eines temporären Ausweichgebäudes, das anschließend umgenutzt werden müsste, sei wegen Komplexität, zeitlichem und finanziellem Aufwand nicht vorgesehen. Die Arbeiten für die grundhafte Erneuerung der Ortsdurchfahrt, so die Bürgermeisterin, würden Anfang August beginnen, eine Presseerklärung folge noch. Die als Umleitung nach Süden vorgesehene Bräuhausstraße werde einen abgetrennten Fußweg erhalten. Die Arbeitsgruppe für die neue Geschäftsordnung des Gemeinderats für die laufende Amtsperiode habe sich getroffen, erklärte die Bürgermeisterin; der Beschluss der neuen Geschäftsordnung erfolge in der Juli-Sitzung des Gemeinderats, dann würden auch die Referate festgelegt.