Mit Abstand fand die vorläufig letzte Sitzung des Gemeinderats unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald am 31.03.2020 statt. Persönlicher Abstand zwischen den Teilnehmern war die Maßgabe dieser Sitzung. Bei nur 12 anwesenden Mitgliedern des Gemeinderats war das gut möglich. Auch bei Presse und Besuchern war auf den Abstand geachtet worden. Auch Desinfektionsmittel stand zur Verfügung. Die Bürgermeisterin führte zum aktuellen Thema aus, die Verwaltung funktioniere, die Mitarbeiter wären in zwei Teams aufgestellt, die sich abwechselten. Die Mitarbeiter hätten die Briefwahl zur Stichwahl des Landrats gut bewältigt, sie dankte der Verwaltung für diesen besonderen Einsatz. Eine Sondersitzung des Gemeinderats werde nur bei dringendem Bedarf Ende April einberufen, die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats sei für Anfang Mai geplant, alles unter Vorbehalt.

  • Einstimmig bei einer Enthaltung billigte der Gemeinderat den Bebauungsplanentwurf Nr. 91 „Seeuferbereich“, Teilbebauungsplan 4 samt Begründung in der Fassung vom 31.03.2020. Die Verwaltung wurde beauftragt, das Auslegungsverfahren durchzuführen. Dazu hatte der Bau- und Ortsplanungsausschuss am 17.03.2020 einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss gefasst. In der Sitzung präsentierte der gemeindliche Planer Martin Büscher den Entwurf. In erster Linie ging es um die Flurnummer 176, das im Norden Tutzings vorletzte Haus am See. Grundgedanke der Planung sind Einzelhäuser , die auch als solche wahrnehmbar und durch Grünzonen voreinander getrennt sind. Die Gebäude sollen nicht zu sehr zusammenrücken, eine Riegelbildung soll verhindert werden. Für das genannte Grundstück gibt es zwei Optionen: (1) ein stattliches Gebäude mit 400 m² Grundfläche und einer Bruttogeschossfläche von über 800 m² – eindeutig das planerische Ziel – oder (2) ein neues giebelständiges Haus, wenn die Schwimmhalle im Süden des Grundstücks erhalten werden soll. Für die Grundstücke im übrigen Umgriff, also an der Hauptstraße, soll der Umfang der Bebauung beibehalten werden, kleinere Um- und Anbauten sollen möglich sein.
  • Ebenso einstimmig beschloss der Gemeinderat, das vorgestellte Fassadenkonzept in der Fassung vom 31.03.2020 in die 5. Änderung des Bebauungsplans Nr. 74 „Bahnhofstraße/Bräuhausstraße“ zu übernehmen. Dazu hatte der Bau- und Ortsplanungsausschuss in seiner Sitzung am 17.03.2020 einen entsprechenden Empfehlungsbeschluss gefasst. Zunächst präsentierte der gemeindliche Planer Prof. Florian Burgstaller eine Visualisierung der geplanten Gebäude im Westen des Klinik. Dabei ging es um den Höhenverlauf von FourSite über das Lobster-Gebäude bis zum GE3, um zu verdeutlichen, was hier ortsplanerisch passiert. Über einem Sockel entstehen zwei Etagen, darüber ein zurückgesetztes Dachgeschoss. Die Höhe ist – eben zur Ortsmitte hin – deutlich niedriger als beim Lobster-Gebäude, auch ist das geplante Gebäude niedriger als das abgerissene Aurigon-Gebäude. Hier gebe eine schönere Maßstäblichkeit, so dass hier eine Staffelung entstehe. Die Größe der Gebäude insgesamt ist städteplanerisch vorgegeben. Die Fassade vom GE3 soll eine Mischung aus Putz und Glas werden, warme Farben sollen dominieren. Das Gebäude GE4, das ein Hotel werden soll, ist planerisch noch nicht so weit gediehen. Über dem Sockel wird es drei Geschosse geben, darüber zwei zurückgesetzte. Die Ostfassade wird durch einen deutlichen Einschnitt aufgeteilt werden. Der Gemeinderat begrüßte das Konzept, hier entstehe ein attraktiver Bürostandort in verkehrsgünstiger Lage, der der Gemeinde hoffentlich gute Gewerbesteuerzahler beschere.
  • Gegen die Stimmen der beiden Ratskollegen Chistine Nimbach und Wolfgang Marchner billigte der Gemeinderat mehrheitlich das Bebauungskonzept Hauptstraße 19 in der Fassung vom 31.03.2020. Der Bau- und Ortsplanungsausschuss wurde ermächtigt, einem etwaig auf der Basis dieses Konzepts eingereichten Bauantrag das gemeindliche Einvernehmen zu erteilen. Zusätzlich und unabhängig von vorstehendem Beschluss wurde auf Anregung des Ratskollegen Dr. Thomas von Mitschke-Collande die Bürgermeisterin beauftragt, mit dem Verkehrsplaner der Gemeinde Benjamin Neudert die verkehrliche Situation an der Ecke Bahnhofstraße/Hauptstraße zu prüfen, ob hier zusätzliche Verkehrsflächen für die Öffentlichkeit erforderlich wären. Sodann möge sie sich an den Grundstückseigentümer wenden. Prof. Burgstaller präsentierte den Entwurf mit zahlreichen Visualisierungen; das Konzept war bereits in der Sitzung am 18.02.2020 dargestellt worden. Der Ersatz für das alte Haus im Charakter eines Bauernhauses ist ein dreigeschossiges ruhiges Gebäude mit ebenso ruhigem Dach ohne Aufbauten. Dies sei angemessen für den südlichen Ortseingang. Von der Höhe war gemessen an den Nachbargebäuden Luft nach oben, so dass das Haus um ca. 2,7 Meter höher werde als der Bestand, aber immer noch niedriger als die Firsthöhen der beiden nördlich gelegenen Gebäude. Offen war zuletzt die Positionierung des Hauses, Nach historischer Grundabtretung zum Ausbau der Hauptstraße vor ca, 50 Jahren steht das Bestandhaus direkt an der Hauptstraße. Die historische Vorgartensituation soll nun durch ein Abrücken von 1,0 – 1,5 Metern nach Westen wiederhergestellt werden, städtebaulich solle das Haus dann so, aber nicht weiter westlich stehen. So weit, so gut, konnte man denken, doch trotz eines Empfehlungsbeschlusses des Bau- und Ortsplanungsausschusses vom 17.03.2020 mit 9 zu 1 Stimmen gab es im Gemeinderat zum Teil „wilde“ Vorschläge und ein großes Durcheinander: ein öffentlicher Fahrradständer (auf privatem Grund!) sei doch wünschenswert, meinte Ratskollege Dr. Toni Aigner. Es könnte doch zur Anwendung von SoBoN (Sozialgerechte Bodennutzung) kommen, so dass die Gemeinde von dem zusätzlichen Baurecht profitiere. Antragssteller Bernd Pfitzner hatte nicht mehr im Sinn, dass uns der beratenden Anwalt, mit dem der Grundsatzbeschluss zur SoBoN ausgearbeitet worden war, von der Anwendung der SoBoN in solch eng begrenzten Fällen abgeraten hatte. Dazu lässt § 34 BauGB das Baurecht mit Bezug auf die umgebenden Bebauung zu. Ratskollege Wolfgang Marchner lehnte das Konzept insgesamt ab. Schließich noch die erwähnte mögliche Erweiterung öffentlicher Verkehrsflächen, also des Gehsteigs. Keiner hatte die Straßenplanung parat! Lediglich Klaus Hirschvogel von der Verwaltung erklärte, dass seines Wissens von den Verkehrsplanern kein zusätzlicher Flächenbedarf geäußert worden war. Die Bürgermeisterin erinnerte an die Fahrbahnbreite von 6,5 Metern und den Anschluss der Radschutzstreifen gen Süden. Nach meiner Erinnerung kommt die Verschmälerung der Fahrbahn der Gehsteigbreite deutlich zugute, insbesondere auf der Ecke Bahnhofstraße/Hauptstraße. Damit sind Gespräche über mögliche Grundstücksabtretungen, die in der Vergangenheit bereits stattfanden, entbehrlich. Nachdem wir uns über ein Jahr in mehreren Sitzungen und Präsentationen zu der vorgestellten Lösung vorbearbeitet hatte, war der Beschluss überfällig, wie Ratskollege Dr. Ernst Lindl feststellte. Die Planung der Hauptstraße sei fertiggestellt und die Ausschreibungen liefen bereits, dies könne und solle nicht aufgehalten werden, ergänzte ein Ratskollege. Fazit: Empfehlungsbeschlüsse des Ausschusses sind zwar eine Orientierung für den Gemeinderat, aber eine unverbindliche.
  • Ohne jede Diskussion folgte der Gemeinderat dem Empfehlungsbeschluss des Bau- und Ortsplanungsausschusses und stimmte für die 2. Änderung des Bebauungsplan Nr. 46 „Tutzing-Nordwest – östlich der Traubinger Straße“, Teilbebauungsplan 9, Ludwig-Behr-Straße/Bockmayrstraße für das Einzelgrundstück Ludwig-Behr-Straße 4 . Mit der Ausarbeitung wurden die gemeindlichen Planer Prof. Florian Burgstaller und Monika Treiber beauftragt. Die Verwaltung wurde beauftragt, mit den Antragstellern einen städtebaulichen Vertrag zur Übernahme der Planungskosten abzuschließen. Schließlich übertrug der Gemeinderat das gesamte Bebauungsplanverfahren einschließlich des Satzungsbeschlusses an den Bau- und Ortsplanungsausschuss. Hintergrund des Antrags ist ein Haus mit Schimmelbelastung, dass abgerissen und neu aufgebaut werden soll. Wegen der Ost-West-Ausrichtung des geplanten Neubaus soll das Baufenster entfallen. Dies wurde in der Sitzung des Ausschusses am 17.12.2019 für die Bebauungspläne 45/46 “Westlich und östlich der Traubinger Straße, Teilbebauungspläne 1-12″, bereits beschlossen. Für das Einzelgrundstück handelt es sich hier sozusagen um eine vorgezogene Bebauungsplanänderung.
  • Einstimmig wurde dem Antrag auf Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit zwei Garagen und vier Stellplätzen in der Riedstraße in Traubing das gemeindliche Einvernehmen erteilt; gleichzeitig wurde eine Befreiung von der Verpflichtung zur Errichtung einer Tiefgarage ausgesprochen. In der Sitzung des Bau- und Ortsplanungsausschusses war der Antrag bereits behandelt und abgelehnt worden. Der Bauwerber hatte nun die beanstandeten Wiederkehren durch Schleppgauben ersetzt, die Doppelgarage mit einem Satteldach versehen und war damit den Wünschen des Ausschusses nachgekommen. Nachdem die Erschließung derzeit nicht gesichert ist, da zwischen dem Baugrundstück und der öffentlichen Verkehrsfläche Riedstraße ein privater Grundstücksstreifen verläuft, der nicht öffentlich gewidmet ist und für den keine dingliche Sicherung vorliegt, wird im Protokoll vermerkt, dass die gesicherte Erschließung im Bauantragsverfahren nachgewiesen werden muss.
  • Bei der grundhaften Erneuerung der Ortsdurchfahrt Tutzing ist das Staatliche Bauamt der Bauherr der Maßnahme, die Gemeinde „fährt“ mit. Auf Vorschlag der Verwaltung wurde einstimmig nachfolgender Beschluss gefasst: Der Gemeinderat genehmigt der Verwaltung, die Leistungsverzeichnisse (Trinkwasserversorgung, Gehwege, Zufahrten und Einmündungen) dem Staatlichen Bauamt Weilheim zur Verfügung zu stellen. Zudem ermächtigt der Gemeinderat das Staatliche Bauamt Weilheim federführend für die Gemeinde Tutzing als Vergabestelle tätig zu sein und die aus der Vergabe resultierenden Vertragsabschlüsse mit den Bauunternehmen zu vollziehen.
  • Ergänzend zu den obenstehenden Informationen zur „Coronakrise“ (so Punkt 9 der Tagesordnung) berichtete die Bürgermeisterin über den Sicherheitsdienst, der im Ort unterwegs ist und auf die Einhaltung der Allgemeinverfügung achte. Gleichzeitig appellierte die Bürgermeisterin an alle, die Regeln einzuhalten, auch wenn der Landkreis in seiner Ausstattung gesundheitstechnisch als 1A-Standort gelte. Die Notbetreuung der Kinder mit einem systemrelevanten Elternteil sei dezentral organisiert, hier gebe nach ihrem Wissen keine Übernachfrage.

Unter Mitteilungen und Anfragen, Verschiedenes wurde die Bürgermeisterin einstimmig bestärkt, entsprechend der Empfehlung des Bayerischen Gemeindetags keinen Vertrag mit der Bundesnetzagentur über die Lieferung von Infrastrukturdaten zum Breitbandausbau abzuschließen. Die Bürgermeisterin bedauerte, dass im Rahmen der letzten Sitzung des Gemeinderats keine Verabschiedung der ausscheidenden Gemeinderäte möglich sei. Sie dankte an dieser Stelle für den großen ehrenamtlichen Einsatz aller Gemeinderäte, der nicht zu hoch zu schätzen sei, aber oft nicht so nach außen trete.

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