Nun endlich ist es raus!
Einige Hüte sind im Ring; Tutzing braucht eine neue Bürgermeisterei. Man hüte sich aber vor zu viel Optimismus, dass aus einem bisschen Einsicht und noch einem weiteren bisschen etwas wird, das auch bei allen Handwerkern der politischen Machtausübung zur gegenseitigen Zufriedenheit führt.
Die Gesetze der Mathematik lassen sich nicht austricksen. Ein Bisschen und ein Bisschen bleibt nämlich immer nur ein Bisschen mehr, wobei das Bisschen kleingeschrieben gehört und auch so verstanden werden sollte. Also nicht als Biss. Den unsere Lokalpolitik bisher zu vermeiden wusste, nicht aber nach den Ratssitzungen in der rätlichen Gaststube.
Auf dem Wege zur Wahl sollten zwei Dinge nicht vergessen werden: Wer die Bürgermeisterei führen möchte, muss diesmal genau hinschauen. Die Bürgermeisterei muss wissen, was die Tutzinger gerne wollen, sich aber nicht auszusprechen trauen. Was die Tutzinger wollen, indem sie es strikt ablehnen, überhaupt darüber reden zu wollen. Was die Tutzinger wollen, aber darauf warten, dass bitte ein anderer das ansprechen möge; man selbst sei schließlich geschäftlichen Zwängen ausgesetzt…
Das ist ein interessantes Spannungsfeld, was sich da aufbaut. Die etablierten Mandatsträger sind Vorgaben unterworfen, zumeist aus irgendwelchen Zentralen kommend. Tucholsky meinte mal so treffend, vor lauter Stäben sähe die Zentrale nicht mehr, was eigentlich los sei. Wer das nicht glaubt, der lese Tucholsky! Oder Verlautbarungen der Staatskanzlei. Oder in die Zentrale der Grünen hören.
Tutzing hat sich in eine interessante Lage manövriert. Der ehemalige Bürgermeister war kraft Ticket, mit dem er ins Rathaus reiste, ein sehr kritischer und gesellschaftspolitischen Themen sehr aufgeschlossener Mann. Nicht ohne Grund sammelte er viele gleichgesinnte Anhänger in Gemeinderat und Verwaltung um sich, das schwierige Geschäft des konsistenten Umbaus trotz der Denke des Zeitgeistes zu beginnen. Auf diesem schwierigen Wege kamen ihm vermutlich paar Mitstreiter abhanden. In Tutzing sind Wellenschläge, die aus der großen Welt kommen und erst so langsam in den Ort hineinschwappen, einfach noch nicht angekommen.
So wird sich nun die Bürgermeisterei mit Sachen beschäftigen, die anlässlich einer Wahl so richtig schön auf den Tisch kommen. Alle am Tisch Sitzenden werden ihre Freude an den Wahlgesprächen haben. Die Tafel ist reichlich gedeckt und auf dem Menü stehen z.B. der Umgang mit störrischen Bürgern, die die Notwendigkeiten der Erkenntnisse von Ämtern wie dem staatl. Straßenbauamt nicht einsehen. Die andere Meinungen zur Ausgestaltung eines Bahnhofs und dessen Umgebung haben als die Gemeinderäte selbst. Die die drängenden Fragen der unsichtbaren Umweltvergiftung immer wieder aufwerfen und einfach keine Antworten erhalten. Die die Verkehrssituation vor den Schulen und damit der Hauptstraße nicht verstehen wollen. Gab’s etwa noch mehr?
Die Wahl der Bürgermeisterei ist die Stunde der Wahrheit; es kann in der Tat ein Menü abgearbeitet werden, das so manchem im Halse stecken bleiben wird.
Allerdings, auch die betriebsklimatischen Vorteile müssen gesehen werden. Endlich die Chance, Tagesordnungspunkte gut vorzubereiten, themenzentriert zu diskutieren; die Sitzungen werden systematisch gesteuert und nicht mehr irgendwelchen Zufällen überlassen. Sogar Protokolle werden so geschrieben, dass sie verfolgt werden müssen. Was einfachste Rekruten einmal haben lernen müssen, zieht ins Rathaus sein: Zuverlässigkeit in der Aussage durch Wiederholung des Befehls.
Aus bisher verdeckter Kommunikation wird zur Wahl eine offene und ehrliche. Im offiziellen Politsprech heißt das aber, es werden die Fetzen fliegen. Da hat Tutzing ggü. Starnberg große Vorteile. Aus dortiger Situation können Vorbilder abgeholt werden; Tutzing kann viele Dinge anders machen. Nämlich das Herangehen an komplexe Fragestellungen ohne Rücksicht auf die ebenfalls im Ring Stehenden, die ihren Hut da hineinwarfen und nun schauen, wie dieser aufgehoben und zurückgedreht wird.
Glückliches Tutzing, alle Themen wissend und sie nur bearbeiten, nicht mehr nur erkennen zu müssen.
Lassen Sie uns sehr aufmerksam verfolgen, was in den nächsten Monaten abgehen wird. Vor allem, welche Rolle auch diejenigen spielen, deren Credo bisher darin bestand, nicht von einer bundesweiten Partei abhängig zu sein.
Ihr JB
Lieber früher unter HH firmierender Leser,
… Passau, ein Ort, der mittlerweile nun zwei Tutzinger Politikmacher beheimatet.
Auch mir als damaligem Sympathisanten der TL fiel der Spruch mit dem Meckern ein, als ich den die Bürgermeisterei behandelnden JB las. Was soll der JB denn aber machen? Soll er sich vor das Werkstor der Meisterei stellen und allen Leuten sagen, was da doch bitte abzugehen hat? Der JB hat „gut schreiben“; stellte er sich hin zum Mitmachen, ginge ihm der Vorteil des Streiflichts verloren. So, wie früher sich die Könige Hofnarren hielten, so scheint sich die TL auch einen solchen zu halten. Für die am Hofe tätigen Hofnarren galt die Narrenfreiheit. Diese es ermöglichte ihnen, ungestraft Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben.
Ich hätte den JB oder dessen Mischpoke auch gerne einmal kennengelernt, um zu wissen, wohin der eigentlich gehört. Wo er seine Wurzeln hat. Häufig ist man geneigt zu glauben, da hätte ein Gemeinderat selbst zur Feder gegriffen und sein eigenes Feld beschrieben. Ein Musterbeispiel hierfür gibt es: Tief in Bayern, R.W.B. McCormack.
HF
„Lasst uns aufmerksam verfolgen…?“ Und uns mit dem Ergebnis dann abfingen? NEIN lieber Josef! Nicht zuschauen – sondern mitwirken! Nicht meckern sondern machen. Das war doch mal der Slogan der TRUTZIGER LISTE.
Helge Haaser, Passau