Die erfolgreiche Arbeit des bisherigen Bürgermeisters und die Fortführung dieser Arbeit durch seine beiden Stellvertreterinnen hat Bestand und muss in schwieriger Zeit fortgesetzt werden. Darüber war man sich einig!
Weniger Gleichklang war in der Sitzung zu erkennen, wie nun mit der Lage zukünftig umzugehen sei. Unterschiedliche Informationen zur Ausgangslage lagen vor, zudem waren nicht ganz stimmige, zumindest stark interpretierbare Pressemeldungen im Umlauf, die die gesamte Diskussion nicht erleichterten. So gab man sich erneut eine Zeit des Überdenkens bis zur erneuten Diskussion in der Sondersitzung am 19.09.2017. Wobei die Diskussion sich bereits zu einer Debatte entwickelte, ohne sich über die Tragweiten einzelner Entscheidungen ausgetauscht zu haben.
Um die Komplexität der Gesamtlage etwas überschaubar zu machen, will ich aus meiner Sicht als Pressereferent skizzieren, wie die Lage strukturiert werden kann. Diese Struktur soll eine zielführende Diskussion zur Klärung der Gesamtsituation bringen, zugleich die Vorbereitung der Entscheidung sein, deren Bestand von Dauer sein soll.
Entscheidend für die Analyse jetziger Situation ist, dass nicht auf eine Wunsch-Person und deren Profil abgestellt wird. Vielmehr ist aufgrund der Rahmenbedingungen und unabänderlicher Fakten ein Raster zu entwickeln, in das sich die dann kandidierenden Personen einpassen können. Das bedeutet also vorläufig eine Abkehr von bisherigen Vorfestlegungen, wer auch immer sie getroffen haben mag und weiterführen möchte.
Die Situation lässt sich wie folgt beschreiben:
• Kontinuität bisheriger Arbeit wird allseits gefordert
• Verwaltung darf in ihren Führungsansprüchen nicht vernachlässigt werden
• Reibungsloser Übergang hinsichtlich Führung der Verwaltung
• Kontinuität in der Arbeit des Gesamtgemeinderats und der Ausschüsse
• Klare Vorgaben durch die Rechtsaufsicht des Landratsamts
• Das Landratsamt hat den Wahltermin auf den 14.01.2018 festgelegt
• Forderung nach Einheitlichkeit im Auftreten des Gemeinderats ggü. der Öffentlichkeit
• Vorläufig gelten die bewährten Vertretungsregelungen für das Bürgermeisteramt
Die Ursachen der jetzigen Situation sind allgemein bekannt; eine Erläuterung ist nicht erforderlich.
Für die Entscheidungsvorbereitung gelten folgende Prämissen:
• Es muss 90 Tage vor der Wahl entschieden werden
• Sowohl ein ehrenamtlicher als auch ein hauptamtlicher Bürgermeister sind möglich
• Die Entscheidung kann dem Gemeinderat nicht abgenommen werden
• Hinsichtlich der Ortsgröße maximal 10.000 Einwohner
• Altersgrenze bei Hauptamt: 65 Jahre bei Amtsantritt; Altersgrenze bei Ehrenamt: keine
Es kommen folgende Optionen infrage:
- Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters auf sechs Jahre, somit bis 14.01.2024
- Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters auf sechs Jahre, Abkürzung der Amtsperiode bis zum 30.04.2020 auf eigenen Antrag mit Zustimmung Gemeinderat
- Wahl eines ehrenamtlichen Bürgermeisters bis zur Wahl 2020
Wenn Option 1, neuer hauptamtlicher Bürgermeister auf sechs Jahre bis 2024, dann ist zu beachten
- Überschneidung der Amtsperioden von Bürgermeister und Gemeinderat
- Bruch in der Zusammensetzung Gemeinderat wegen Neuwahl Gemeinderat in der Halbzeit
- Diskontinuität in der Führung laufenden Projekte
- Kontinuität in der Führung der Verwaltung über sechs Jahre
- Amtszeit von sechs Jahren als Grundlage für langfristige Projekte
- Außenwirkung der Fortsetzung Hauptamtlichkeit des Bürgermeisters
- Hauptamtliche Verantwortung für das Geschehen in der Gemeinde
Wenn Option 2, neuer hauptamtlicher Bürgermeister bis 2020, dann ist zu beachten
- Kurze Amtszeit, Wiederwahlrisiko des Amtsinhabers, potentieller Bruch in der Kontinuität
- Kongruenz der Amtsperioden von Bürgermeister und Gemeinderat ab 2020
- Kontinuität in der Fortführung jetziger hochkomplexer Projekte nur bis 2020
- Gefahr künstlicher Zunahme der Komplexität jetziger und zukünftiger Projekte
- Gefährdung von Zukunftsprojekten angesichts kurzer Amtszeit
- Langfristige Kontinuität in der Führung der Verwaltung gefährdet
Wenn Option 3, neugewählter ehrenamtlicher Bürgermeister bis 2020, dann ist zu beachten
- Änderung der Satzung
- Kongruenz der Amtsperioden von Bürgermeister und Gemeinderat ab 2020
- Gefahr künstlicher Zunahme der Komplexität jetziger und zukünftiger Projekte
- Langfristige Kontinuität in der Führung der Verwaltung gefährdet
- Gefährdung von Zukunftsprojekten angesichts kurzer Amtszeit
- Außenwirkung bei der einzigen Gemeinde im Landkreis mit ehrenamtlichem Bürgermeister
Bisherige Haltung des Gemeinderats:
• CSU verlangt Eingriff in die Satzung (Ehrenamt)
• FW noch ohne Meinung
• Stellvertreterinnen des Bürgermeisters wollen Status quo erhalten
• ödp tendiert zu hauptamtlichem Bürgermeister
• SPD tendiert zu ehrenamtlicher Lösung
• Bürger f. Tutzing tendiert zu ehrenamtlicher Lösung
• Grüne präferieren den hauptamtlichen Bürgermeister
• FDP noch keine Angabe
• Parteilose Gruppierungen haben noch keine in sich geschlossene Meinung
• TL tendiert zu hauptamtlichem Bürgermeister
Der Gesamt-Gemeinderat hat sich auf die genannten Optionen zu einigen, deren Vor- und langfristige Nachteile zu beschreiben und diese einvernehmlich sichtbar zu dokumentieren. Ggfs. müssen einvernehmlich Erweiterungen der Konsequenzen aus den Optionen einbezogen werden. Diese dann schriftliche Dokumentation hat den Vorteil, sichtbar für alle Beteiligten die Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar zu halten.
Es empfiehlt sich, umfänglich in dieser Reihenfolge vorzugehen. Der Gemeinderat ist es den Wählern schuldig, in dieser so wichtigen Zukunftsfrage angemessen zu handeln und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Es dürfte Aufgabe der Verwaltung sein, die Ratssitzung entsprechend vorzubereiten.
Update 15.09.2017: Artikel zur Sitzung im STARNBERGER MERKUR
Was auch immer das Meinungsbild beeinflusst hat….
Erfreulicherweise hat der Gemeinderat bei der gestrigen Sitzung einer Änderung der Satzung mit ordentlicher Mehrheit nicht zugestimmt.
Das ist ein Gewinn für die Demokratie in unserem Ort!
Zur Info: Artikel aus der SZ 13.09.2017 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/neuwahl-tutzings-sonderweg-1.3665525
Im Gemeinderat sitzen Leute mit juristischer Vorbildung. Einer davon war daran zu erkennen, sehr ungehalten und belehrend laut in die Runde stammelnd auf sog. Fakten hingewiesen zu haben. Am 12.09. wurden daher einige Besucher nachdenklich, zu erkennen an Kopfschütteln und vielfältigen Blickkontakten.
Juristen wissen bekanntlich, womit Schindluderei getrieben werden kann. Sie leben schließlich vom und mit dem Metier. Ganz früher einmal gab es lehrende Juristen an den Hochschulen , die im Gesellschaftsrecht sehr deutlich darauf hinwiesen, eine Satzung könne verglichen werden mit dem Charakter des Grundgesetzes. Ohne Not dürfe letzteres nämlich nicht geändert werden.
Wer legt nun fest, was Not ist? Ein Jurist im Gemeinderat?
Bevor eine Satzungsänderung bei Unternehmen infrage kommt, fragen Hausjuristen und Juristen der Anteilseigner, wie gut sich denn eine gewünschte Satzungsänderung begründen ließe. Diese Frage alleine ließ in der Vergangenheit viele Unternehmen davor zurückschrecken, Hand an die Satzung zu legen. Satzungen sind nicht wie Hausordnungen, die strömungsgerecht geändert werden können. Wollte sich die Gemeindeverwaltung nicht wie ein Unternehmen geführt wissen?
Wer haut eigentlich den gemeindlichen Satzungsspezialisten auf die Finger, wenn schon nicht draufgeschaut wird? Etwa das Landratsamt mit seiner sich andienenden Stellungnahme?
Wenn schon nicht an der Satzung herumgefummelt werden soll, so hat die Verwaltung gemeinsam mit dem Gemeinderat die Möglichkeit, sich ein speziell auf die Tutzinger Situation zurechtgeschnittenes Papier über das Selbstverständnis der Führung in kritischen Situation zu schreiben, dessen Horizont festzulegen und danach zu leben.
Täte man dieses, müsste man sich einvernehmlich darauf verständigen. Weil man das wiederum weder kann noch will, wird die Satzung als Ventil für die Lösung spezieller Fragen entdeckt.
Geht das so weiter wie bisher, ändert Tutzing unentwegt Satzungen. Anstatt sich über das Arbeits-, Führungs- und Verantwortungsverständnis zu unterhalten. Es ließe sich als methodischer Ausweg sogar über Probeabstimmungen herausfinden, wo die kritischen Punkte tatsächlich liegen. Kampfabstimmungen bleiben Krampf.
Da hat man wohl bei der großen Politik in Berlin abgeschrieben, die sich aber vom Tutzinger Gemeinderat darin unterscheidet, dass sie eine ziemlich luschige Opposition hat. Tutzing hat nicht einmal eine Opposition; das ist man im Zweifelsfalle intern selbst. Prima Aussichten für Tutzing bei derartigen Ansichten unserer Gemeinderäte mit nachgelagerter Verwaltung.
HF