Gestern war der Gemeinderat zum Thema Tutzings Zukunft nicht beschlussfähig. Warum das? Die Erste Bürgermeisterin wollte, bildlich gesprochen, Boule* spielen und ist beim dritten Wurf auf ein Hindernis, den Gemeinderat, geprallt. Den Bericht aus der Sitzung vom 04.10.2022 finden Sie an gewohnter Stelle: Ortspolitik laufend frisch. Hier unser (verglosster) Kommentar:

Gestern stand Tutzings Zukunftsplanung zur Debatte – knapp ein Jahr sind seit der letzten öffentlichen Sitzung zu diesem Thema vergangen. Dass die Erste Bürgermeisterin und eine Minderheit des Gemeinderats Tutzings Zukunft nur aus dem begrenzten Blickwinkel von städtebaulichen Verbesserungen zwischen „Bahn und Seeufer“ (mittels ISEK) angehen wollen, ist mit dieser Sitzung amtlich.

Erste Bürgermeisterin versucht Tutzings Zukunftsplanung zu verhindern   

Schon seit der Antragstellung im Mai 2020 versucht die Erste Bürgermeisterin, sich der offenen Behandlung des Antrags der TL für ein gesamtgemeindliches Entwicklungskonzept „Leitziele Tutzing 2030“ (GEK) und ein gebietsgebundenes städtebauliches ISEK zu entziehen. Dies mit unlauteren politischen Mitteln: der wichtigere Teil des Antrags, nämlich das Gemeindeentwicklungskonzept Leitziele 2030, kommt konsequent nicht auf die Tagesordnung. Im November 2021 wurde die (wieder nur auf das ISEK abgespeckte) Tagesordnung jedoch durch Verweis auf die Geschäftsordnung und andere starke Wortmeldungen mehrerer Gemeinderäte (die zuvor zum Thema noch einen parteiübergreifenden Antrag stellten) jedoch aufgebrochen! Es wurde dann in einer denkwürdigen Sitzung eines starken Tutzinger Gemeinderats mit nur zwei Gegenstimmen beschlossen, Tutzings Zukunft „breit zu denken“, also nicht nur ein ISEK sondern auch die Gesamtbetrachtung  Tutzings für die Entwicklung (GEK) anzugehen. Um sicherzustellen, dass dieser Prozess nicht ohne den Gemeinderat passiert, wurde dazu verklausuliert formuliert: Die Verwaltung wird beauftragt, unter Einbeziehung von Mitgliedern des Gemeinderats ein Leistungsbild für die Erarbeitung des ISEK zu erstellen und das Vergabeverfahren hierzu einzuleiten. Diese Formulierung im Amtsdeutsch verweist zwar nur auf das ISEK, der Beschluss ist aber im Kontext der zuvor über die Geschäftsordnung aufgebrochenen Tagesordnung und der mehrheitlichen Forderung der Ratsmitgleider, dass dieses Leistungsbild eben nicht nur das ISEK, sondern auch ein gesamtgemeindlich GEK enthalten soll, lesen.

Oops, sie hat es wieder versucht!

Vor einer Woche nun gab die Erste Bürgermeisterin den Gemeinderäten die Tagesordnung für die gestrige Sitzung bekannt: „TOP 3: „ISEK; Ausschreibung; Sachstandsbericht und Vortrag Büro Kellerer und Kellerer zu Ausschreibung; Beschluss“. Unterlagen zu diesem komplexen Thema haben die Gemeinderäte erst einige Stunden vor der Sitzung bekommen. Echt jetzt? Echt wahr! Die Gemeinderäte wurden also entgegen der o.g. Beschlussfassung nicht in die Formulierung des Leistungsbilds einbezogen. Und: Die Beschlussvorlage enthielt wieder nur das ISEK! Also Beschränkung der Zukunftsplanung Tutzings auf die städtebauliche Verbesserung von „Tutzing zwischen Bahn und Seeufer“. Dank der Wortmeldung von fünf Gemeinderäten (die sich u.a. an die Diskussion zum Beschluss vom 9.11.2021 bezogen) wurde auch dieser Versuch, sich der generationengerechten Auseinandersetzung mit Tutzings Zukunft zu entziehen, verhindert. Die für die erkrankte Erste Bürgermeisterin eingesprungene Zweite Bürgermeisterin stellte ob dieses Widerstands fest, dass der Gemeinderat nicht beschlussfähig sei und schlug vor, einen Arbeitskreis zu bilden. Wir gratulieren, dass der Gemeinderat trotz des Foulspiels der Ersten Bürgermeisterin keine faulen Kompromiss für Tutzings Zukunft eingegangen ist.

Kommunales Ehrenamt zur Entwicklung Tutzings bleiben unbeachtet

Bevor wir zum Spiel antreten, legen wir zuvor noch den Finger in die Wunde. Warum beachten Bürgermeisterin und Verwaltungsleitung eigentlich nicht konstruktive Vorschläge der Bürger? Die Tutiznger Liste ist und bleibt immerhin ein Bürgerverein. Da arbeiten Bürger also ehrenamtlich (!) für die kommunale Ortsentwicklung Tutzings und deren Arbeit wird – ignoriert. Zwei jüngste Beispiele dazu: Dass der Gehweg nach der Hauptstraßensanierung wohl gepflastert werden solle, hat der Bürgerverein bereits 2015 festgehalten (s. knapp 100 Slides umfassendes Positionspapier) und dass der komplexe Prozess einer Gemeindeentwicklung (GEK und ISEK) als ersten Schritt eines ständigen Lenkungsausschusses bedarf steht im Antrag zum GEK/ISEK vom 06.05.2020 – warum beschließt man einen „Arbeitskreis“ erst am 4.10.2022? Es drängt sich der Verdacht auf, dass Erste Bürgermeisterin und Verwaltungsleitung lieber alleine arbeiten – ohne Bürger und – wie gestern bewiesen und vom Berater bedauert – auch ohne Gemeinderat.

Ohne Gemeinderat und Bürger geht Gemeindeentwicklung aber nicht

Für ein erfolgreiches GEK und ISEK sind Beteiligung von Gemeinderat und Bürgern zwingend erforderlich – sonst gibt es auch keine Fördergelder. Viele Bürger verfolgen seit langem den Antrag GEK/ISEK und haben sich dazu bereits Gedanken gemacht. Wir haben Visionen und Ideen aus vielen Gesprächen zusammengetragen. Die gestrige Beschlussvorlage im Gemeinderat war unzulänglich, insbesondere da das GEK außen vor gelassen wurde. Wir haben das leider erwartet – und vorausgearbeitet. So könnten also die Oberziele für Tutzing definiert werden und das könnten erste konkrete Leitziele für Tutzing sein:

Download Visionen und Ideenfindung für die kommenden Generationen

Dies als fundierte und dabei rein ehrenamtlich erarbeitete Diskussionsgrundlage für Bürger, Gemeinderat und Bürgermeisterin. Am 10. November laden wir Tutzinger Bürger zu einem weiteren Abend der Ideenfindung ein – diesmal im Lobster Gastro von 19:00 – 21:00 Uhr. Also „save the date“ – Einladung folgt in Kürze!

Ihre TL – Redaktion

Unsere Pressemitteilung finden Sie hier.

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INFOTHEK zum Thema:

  • Boule* („Boccia“) ist eine Kugelsportart, bei der es darum geht, schwere Kugeln so nah wie möglich an eine kleine Zielkugel („Schweinchen“) zu werfen. Man darf alle anderen Kugeln „wegschießen“ (eigene und gegenerische), um damit die Position der eigenen Kugeln zu verbessern. Prallt die Zielkugel dabei jedoch gegen ein Hindernis, muss neu begonnen werden. Dies als bildliche Erklärung der „Nichtbeschlussfähigkeit“ zur Beschlussvorlage von TOP 3.

 

  • Das ISEK ist ein rein gebietsbezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept. Also ein kommunales Instrument zur Erzielung von Fördergeldern für die Verbesserung der städtebaulichen Situation. Die Abkürzung steht für Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept.

 

  • Das GEK ist der umfassende Ansatz: Neben Oberzielen und konkreten Leitzielen werden für alle Themen der Gesamtgemeinde – also für alle kommunalen Handlungsfelder – Handlungsziele für einen Handlungszeitraum von 10 – 15 Jahren unter breiter Beteiligung der Bürgerschaft vom Gemeinderat beschlossen. Es werden also verbale Aussagen über die Ziele und Mittel zur Steuerung der künftigen Entwicklung der Gesamtgemeinde gemacht. Auch für ein GEK stehen Fördergelder zur Verfügung.
    Die Abkürzung steht für Gemeindeentwicklungskonzept. Die TL hat diesem beantragten GEK den Slogan „Leitziele Tutzing 2030“ gegeben.

 

  • Welche Themen – kommunalen Handlungsfelder – sind im Rahmen der Leitziele zu behandeln? Wir meinen:
    – Ortsbild & Ortsentwicklung
    – Handlungsbedarf Traubing & kleinere Ortsteile
    – Verkehr und kommunale Infrastruktur
    – Bauen & Wohnen
    – Gewerbe, Tourismus, Landwirtschaft – also Wirtschaft
    – Natur- & Umweltschutz, Klimaneutralität

    – Gemeindeleben, Bildung, Kultur & Sport

 

 

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