Wir haben bewusst diesen Beitrag zum Jahreswechsel unter „Wir und die Welt“ gestellt.  In der Welt geschehen Dinge, die Anlass zu großer Vorsicht sind. Die Folgen derzeitiger Politik werden bis in die kleinste Kommune herunter zu spüren sein. Wer heutzutage der Politik nicht ins Konzept passende Aussagen oder gar Handlungen bringt, der wird verfolgt mit dem Ziel der Gleichschaltung. Zu beobachten mit dem Victorismus in Ungarn entlang der Visegradlinie, ebenso die derzeit sehr bedenkliche Entwicklung in USA, höchstgefährlich für Europa. Anstatt NGOs oder andere kritische Stimmen als Gradmesser funktionierenden Zusammenspiels der Kräfte zu verstehen, werden sie auf allen Ebenen höchst dubios bekämpft.

Nun, getreu altem Kaufmannsbrauch: Am Jahresende wird Bilanz gezogen! Was natürlich wichtig ist. Wichtiger aber ist der Ausblick auf das kommende Jahr. Das kommende Jahr kann nämlich noch gestaltet werden.

Das vergangene Jahr brachte aus Sicht der Tutzinger Liste jede Menge privater Bauvorhaben. Man lässt sich gerne in Tutzing nieder, baut aus und nutzt Tutzings Infrastruktur. Ausschüsse und Verwaltung klagten nicht über Unterbeschäftigung. Das jedoch alles überlagernde Vorhaben „Hauptstraße“ nimmt langsam Formen an, entwickelt sich aber in manchen virtuellen und tatsächlichen  Schaufenstern zu einer sozialen und kommunikativen Herausforderung. Ein „mehr miteinander“ täte dem Ort recht gut, denn von allen Seiten wird die Bereitschaft zum Hinhören gefordert. Wir meinen, das Thema Hauptstraße hat noch Raum, sich im Meinungsaustausch zu üben. Ist die Angelegenheit ungeregelter Information nämlich erst einmal auf der Straße, könnte sie eine unangenehme Eigendynamik entwickeln. Letzteres wäre gewiss nicht im Sinne aller derjenigen, die hauptamtlich an der Sache arbeiten. Ein Vorsatz für das Neue Jahr könnte durchaus der sein, Termine zur Vermittlung des Sachstandes einzuhalten. Das setzt natürlich voraus, Termine auch realistisch zu planen, inhaltlich dazu zu stehen.

Die Wahlen 2018 sind gelaufen; in Tutzing zogen vorher dunkle Wolken auf, Revolutionäre waren am Werke. Die dunklen Wolken am Horizont verschwanden aber plötzlich wie durch Geisterhand. Der weißblaue Himmel, jede Partei nimmt die Erfindung dieses Phänomens für sich in Anspruch, könnte sich aber trüben. Vor uns steht die Europa-Wahl und nicht ohne Grund wird von allen Seiten gemorst, es werde eine Schicksalswahl. Das ist aber nicht nur zu vermuten, es deutet auch alles darauf hin. Im Zentrum vieler Aussagen zu Europa steht auch die Wasserfrage, um die sich Tutzing in der Vergangenheit herumdrückte. Es ist absehbar, dass viele Aufgaben der sog. Staatlichen Daseinsvorsorge endgültig für die Privatisierung geöffnet werden. Wer regelmäßig unsere beiden Akademien besuchte und überaus genau hinhörte, konnte z.B. seit über zwei Jahren wissen, der Wasserhahn wird für die private Wasserversorgung geöffnet. Brüssel entscheidet über Freihandelsverträge.

Wir hoffen, dass alle die zu „EU, was heißt das eigentlich?“ aufklärenden Parteien sehr präzise herausarbeiten, weswegen ein intaktes Europa gerade zu Zeiten der Beschwörung nationaler Interessen so wichtig ist. Die Zeit arbeitet recht unverhohlen für die Nation-first-Vertreter. Wir können uns nicht mehr wegducken, wir sind dafür zu sehr in das europäische Geschehen integriert.

Wir können aber sehr genau hinhören, was unsere überregional aktiven politischen Kollegen zur Frage „EU wie weiter?“ sagen werden. Wir wissen, dass viele der angeblich nur Brüssel betreffenden Aspekte sich ganz klar in unserem Landkreis und damit in unserer Gemeinde wiederfinden werden. Daher ein Ausblick, kommunale Tagesthemen zur Seite lassend: Wir treten zwar nicht zur EU-Wahl an, wir werden aber sehr genau verfolgen, was die Aussagen einzelner EU-Wahlkämpfer für Tutzing bedeuten und das dann auch zur Sprache bringen.

Fragen, die unsere Lebensgrundlagen betreffen, haben wir zur Genüge. Denken Sie, liebe Leser, nur an das fürchterliche Gewürge zu Themen der Landwirtschaft (Nahrungsmittelvergiftung, Überproduktion, Höfesterben), zu Themen der Bildung, der überholten Rolle des Nationalstaates. Und nun meint Brüssel auch noch, alleinige Sache Brüssels seien die Freihandelsverträge. Die Europawahl ist der beste Anlass für unsere Wahlkämpfer und vor allem der Zuhörer, den europäischen Gedanken so aufzubereiten, dass wir ihn endlich richtig verstehen und auch verstehen, weswegen dieses Feld nicht irgendwelchen entsorgten Politikern überlassen sein darf. Das Feld darf auch nicht stimmenstarke Spielwiese anerkannter Ewiggestriger sein.

Die Diskussionen hierzu werden Tutzing beschäftigen. Wir als Tutzinger Liste verstehen uns auch als diejenigen, die frei von übergeordneten Grundsätzen oder zentralen Vorgaben eine Bewertung der EU-Wahlen für Tutzing vornehmen können.

Sie sehen, der Ausblick umfasst nicht die Fortschreibung der Behandlung irgendwelcher relevanten Bauvorhaben. Der Ausblick umfasst die einmalige Möglichkeit, die Gestaltung Europas mitzuerleben. Auch in der Form, sich sehr intensiv mit den Vorzügen und Vorurteilen zur Lage Europas zu beschäftigen. Lassen wir uns aber nicht mit dem Renner des Jahres „Digitalisierung“ ins Bockshorn jagen. Digitalisierung, kommend aus der Welt der wohlbekannten elektronischen Datenverarbeitung, gibt es seit über vierzig Jahren, Globalisierung schon ewig. Viele unserer Politiker hingegen benötigen neue Begriffe, weil sie irgendwie die angeblich so neue Welt nicht verstehen, nicht in den Griff bekommen. Fragen Sie einmal einen Landtagsabgeordneten, was er unter Digitalisierung versteht! Vermutlich nicht so viel wie Sie, lieber Leser.

In dem Sinne wünscht Ihnen die Tutzinger Liste alles Gute zum Jahreswechsel und viel Verständnis und Mitmachen für die Meisterung zwei großer Herausforderungen. Es sind dies die Hauptstraße und der ebenso steinige Weg zu einem friedlichen, starken Europa.

One Reply to “Gedanken zum Jahreswechsel 2018/2019”

  1. Schlagwörter aus dem neuen Wörterbuch unserer Politiker.
    Plötzlich ist es die Digitalisierung, die ein völlig neues Denken verlangt. Und zugleich ablenkt von anderen Baustellen. Letztes Jahr war es Industrie4.0, häufig begleitet von KI (Künstlicher Intelligenz) und Globalisierung.
    Hinter allen Begriffen steht auch die Prognose des Wegfalls von Millionen Arbeitsplätzen in Europa, die schon jetzt benamst, sogar auch besichtigt werden können. Nicht benannt werden können jedoch die vielen neu hinzukommenden Arbeitsplätze. Das scheint wieder einmal der nur noch zu entfesselnde Markt zu regeln. Der immer dann ins Spiel kommt, wenn man nicht mehr weiter weiß oder den Marktradikalen, den Libertären, nahesteht.
    Nun also Digitalisierung. Der TL-Neujahrsbrief baut ein Brücke zum Verständnis mit dem Hinweis auf die jedem alten Fahrensmann bekannte EDV. Als die EDV 1960 in den Kinderschuhen steckte, richtete man überall dort, wo Daten maschinell verarbeitet wurden, EDV-Abteilungen ein. Maschinelle Datenverarbeitung war sehr stark kostenintensiv, daher die Zentralisierung. Heutige weltweit preiswert zu habende Technologien erlauben hingegen überall dezentralisierte Datenverarbeitung. Den ganzen Tag passiert das, beginnend mit dem Mobilphone oder dem PC. Weil dieser Umstieg von langsam auf sehr schnell immer zügiger vorangeht, lernen es die Menschen, auch damit umzugehen. Insbesondere Jeff Bezos (Amazon) und Mark Zuckerberg (Facebook).
    Die Anforderungen, Automatisierung und Datenverarbeitung bis zum weltweiten Datenklau und gezieltem Missbrauch zu verstehen, werden größer.
    Können Sie sich einen Sanitärmonteur vorstellen, der zum Legen einer Elektroleitung einen Elektriker einfliegen lässt, der dann die Schalter einbaut, bevor weitergearbeitet wird? So ungefähr ist es mit der Digitalisierung, wie die Politik sich die vorstellt. Die Arbeitsteilung und auch die Wertschöpfung sind keineswegs mehr nur vertikal oder horizontal; es verschieben sich alle Achsen. Schneller, fortlaufend!
    Viele der Talkshow-Akteure (Dauerwahlkämpfer) sind Politiker von ihrer ersten Stunde an und beweisen mit ihrem Stolz auf die Einführung von Digitalisierungsbeauftragten (z.B. Minister für Digitalisierung), wie weit sie weg sind von der Industrie- oder Dienstleistungswelt, über die sie unentwegt filibustern.
    Weiß man etwas nicht, setzt man einen Beauftragten oder einen Arbeitskreis ein. Und der zufällig nicht im Thema steckende Zuhörer ist beeindruckt, bis er merkt, dass mit neuen Begriffen, neuer Verantwortung fast nur Phrasen gedroschen werden. Opium des Volkes zur Füllung flacher TV-Programme!
    Die Digitalisierung ist nichts anderes als die schon seit fast 200 Jahren praktizierte Automatisierung auf jetzt allerdings immer anspruchsvollerem Level, verbunden mit einer überaus scharf in die Arbeitswelt gehenden Rationalisierung. Mittlerweile voll auf dem Wege in die Mitte der Arbeitswelt sämtlicher Branchen.
    Dafür braucht man keine Digitalisierungs-Minister! Die sog. Digitalisierung entwickelte sich zu einer Querschnittsfunktion, die in sämtlichen Politikfeldern beachtet und vor allem gestaltet werden muss. Digitalisierungs-Minister sind ein Beweis dafür, dass nicht begriffen wurde, welche Folgen eine dem Zufall überlassene Automatisierung hatte und haben wird.
    Die Politikfelder Arbeit, Soziales, Bildung, Wirtschaft, Forschung haben sich dringendst um Segen und Fluch der Automatisierung zu kümmern, jedoch nicht ein von vornherein zum Scheitern verurteilter Digitalisierungsminister. Er ist ein Feigenblatt! Eine Grundeinstellung, die jeder Fachminister und dessen nachgeordneter Beamtenapparat im Kopf haben muss, kann nicht ersetzt werden durch Erfindung eines hochdotierten Funktionärs für Digitales.
    Ähnliches ist auch beim in der Landesregierung angesiedelten Europaminister zu vermuten. Eine Fachbereichs-Politik ohne Einbezug europäischer Aspekte ist eine gefährliche Insellösung. Auf Dauer nicht brauchbar, nur gut für Talkshows; Zielgruppe: Ewiggestrige.
    Unsere Politiker machen häufig aus Digitalisierung, Globalisierung, Künstlicher Intelligenz ein Erkenntnisproblem. Sie lenken damit davon ab, bei der Lösung von Umsetzungsproblemen dieser seit langem bekannten Erkenntnisse versagt zu haben. Die Erkenntnisse liegen seit Jahren auf dem Tisch. Sogar unentwegt von McKinsey&Co erforscht, aus Honorargründen jedoch immer noch beforscht und nur mit neuen Namen versehen.
    In den Kommunen sind die Folgen des Nicht-Verstehens der Komplexität bereits festzumachen. Bei der Schule beginnt es, an der Supermarktkasse nach Besichtigung der Weltauswahl haben wir es heute schon. Täglich!
    Es ist absehbar, die ungewöhnlich schnelle Fortentwicklung im Bereich „technischer“ Intelligenz kann nicht von neu installierten Spezial-Ministern gefördert oder kontrolliert werden. Es ist vielmehr eine Mammutaufgabe für alle Entscheider in Wirtschaft und Gesellschaft und sollte damit auch in kommunalen Gremien (Gemeinderat etc.) zukünftig eine herausragende Rolle spielen.
    HF

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