Das Unwort des Jahres könnte heuer HASS heißen. Der Hass, der sich wie eine anschwellende Flut durch die sozialen Netzwerken wälzt, trifft inzwischen fast alle: Politiker, Journalisten, Banker, Intellektuelle, Schwule; natürlich auch Islamisten, kirchliche Würdenträger, Fremde, Flüchtlinge, Globalisierung… aber nicht Alkoholiker, Stammtisch-Pöbler, Dummschwätzer, Lärmmacher. Der Hass jener Hasser wendet sich gegen alles und jedes, das sie nicht verstehen. Dass die Pisa-Studie uns bestätigt, im Bildungssektor gegenüber anderen EU-Ländern aufzuholen, ist ein schwacher Trost. Auch wenn die Neuntklässler in Bayern und Sachsen soeben „gute Noten“ erhielten, sind – denkt man an Pegida in Dresden und „Reichsbürger“ bei der bayerischen Polizei – offenbar eine große Zahl ihrer Eltern in einer Dummheitsschleife hängen geblieben, die sie zu Befürwortern von Hass und Gewalt mutieren ließ. Wohin man in Deutschland schaut: Sie sind überall und es gibt die begründete böse Vermutung, dass es 25% unserer Gesellschaft sind. Das macht Angst, nicht nur bei den Betroffenen.
Und nun? Das Londoner Start-up-Unternehmen azimo.com bzw. dessen Mitarbeiter haben die Kampagne #GegenDieAngst gestartet, um im social network den dort virulenten Hassern endlich etwas entgegen zu setzen. Wir aber können auch etwas tun: In unserem sozialen Umfeld, privat wie beruflich, klare Kante zeigen gegenüber jedem, der gegen unsere Grundwerte wie Offenheit, Toleranz und Vielfalt verstößt.
Irgendwie verstörend: Vor einem Monat wurde dieser Bericht hier eingestellt. Herrn Behrens-Ramberg Dank dafür! Aber niemand hat „gefällt mir“ angeklickt. Hat ihn niemand gelesen? Ist eventuellen Lesern das Thema nicht gefällig? Gibt es das Thema in Tutzing nicht? Im Landkreis? Wo sind die Weltverbesserer, wo die Anständigen? Verstörend? Nein: zum Verzweifeln. Wie sagte Brecht: „zuerst kommt das Fressen, dann die Moral“. Die letzten drei Worte hätte er sich, wäre er Tutzinger gewesen, hier wohl sparen können. HH