An dieser Stelle habe ich kürzlich einen Beitrag zur Baugenossenschaft Tutzing veröffentlicht, die zur einer Veranstaltung eingeladen hatte, um Interessenten zu finden. Die Genossenschaft ist sicherlich ein bewährter Ansatz, der im Zuge des zunehmenden Individualismus in der Gesellschaft nach den 50er und 60er Jahren an Attraktivität verloren hat, nun aber wieder diskutiert wird.

Neben der Genossenschaft, mit starker Betonung der Gemeinschaft, sind natürlich auch andere Formen als eine Genossenschaft denkbar, um gemeinsam Wohnraum zu schaffen. Gemeinsam ist ihnen, dass kein Bauträger eingesetzt wird. Die Frage nach einer guten städtebaulichen und architektonischen Qualität sollte an den Anfang gestellt werden. Dies gilt ungeachtet der offenen Frage, wo in Tutzing Grundstücke für gemeinschaftliches Bauen zu finden sind.

Über diese anderen Formen soll mit Beispielen nachstehend berichtet werden:

Quartier Garmisch – Wohnen für eine Baugruppe

Hier ist 2016 der Neubau von einem Stadtquartier mit 21 Häusern und einen nachhaltigen Hotel für eine Baugruppe realisiert worden. Mit einer bürgerbeteiligten Baugemeinschaft entstand ein lebendiges Quartier in der Mitte von Garmisch. Durch das gewählte Baukastenprinzip konnten für jede Hauseinheit Einliegerwohneinheiten im EG oder OG geschaltet werden. Es gibt Raumangebote für Großeltern, Kinder in Ausbildung, Home Office etc. Mit der Differenzierung des Wohnprogramms in unterschiedlich große, anpassungsfähige und koppelbare Bausteine entstand ein attraktives Angebot für unterschiedliche Wohnvorstellungen.

Wichtige Merkmale des mehrfach ausgezeichneten Projekts:

  • Instandsetzung der historischen Altbauten
  • Neubebauung in zeitgemäßer Definition der alten, ortsüblichen Bauweise mit klarer Holzarchitektur und minimalem Energieverbrauch
  • Sorgfältig geplante Außenbereiche mit hoher Aufenthaltsqualität und dörflichen Wegebeziehungen zwischen den Häusern
  • Vielfältige Typologien und Nutzungen
  • Wohnen und Arbeiten für Generationen
  • Nachhaltiges Hotel mit 18 Holz-Lodges, Tagesbar und Veranstaltungsräumen (www.quartier-gapa.de)

Bauherr: BauZEIT Netzwerk Theo Peter, 82541 Münsing, Hauserweg 5 ; Email: info@bauzeit-netzwerk.de

Architekten: Beer Bembé Dellinger, Greiffenberg/München (www.bbdarch.de).

 

Auf Wunsch der Eigentümerin Katharina Heider und im Auftrag der Gemeinde Seeshaupt wurde das Gelände der Gärtnerei Demmel überplant. Das „Rahmenkonzept für die Umstrukturierung und Weiterentwicklung zu einem zentrumsnahen und unter dem Gesichtspunkt des demographischen Wandels modellhaft anpassungsfähigen Wohnquartiers“ ist im November 2018 veröffentlicht worden. Der Umgriff des Rahmenplans umfasst das ehemalige Gärtnereigelände mit 15.500 m² und einen Verflechtungsbereich von rd. 2,5 ha. Der Rahmenplan regelt die Erschließung, die Gebäudeformen, mögliche Entsiegelung von Flächen (hier relevant) oder Straßenquerschnitte. Der Rahmenplan ist flexibel und offen für zukünftige Entwicklungen; er dient als Grundlage für konkrete Bauleitplanungen und zur Überprüfung konkreter Baumaßnahmen, inwieweit diese mit den beschlossenen Entwicklungs- und Gestaltungszielen des Gesamtkonzepts übereinstimmen.

Das Konzept zeigt unterschiedliche Haustypen, die als Bausteine des Rahmenplans einer breiten Zielgruppe ein differenziertes und vielfältiges Wohnungsangebot bieten sollen. Die Variabilität der Haustypen (Reihenhäuser, Kettenhäuser, Gartenhofhäuser, Wohnungen) und die Wohnungsmischung (vom 1-Zimmer-Appartement bis zur Seniorenwohngemeinschaft) wird eine bunte Mischung an Menschen unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen anziehen.

Der Initiatorin Katharina Heider kommt es zum einen darauf an, ein Wohnquartier mit möglichst hoher gestalterischer Qualität zu erstellen, zum anderen sollen die Bewohner die Möglichkeit zur zwanglosen Begegnung und zum gemeinsamen Agieren in öffentlichen und halböffentlichen Räumen erhalten. Genauso wichtig ist der gelernten Gärtnerin und Architektin Katharina Heider der private Außenraum, der jeder Wohnung zugeordnet ist, als Höfchen, Balkon, Loggia oder Terrasse.

Der weitaus größte Teil des Wohnquartiers soll als Unternehmen (an dem sich die Bewohner ähnlich einer Genossenschaft beteiligen können) zusammengehalten und vermietet werden. So lassen sich bei der Erstellung Mengen-/Rationalisierungseffekte nutzen und gleichzeitig kann die gestalterische Qualität sichergestellt werden. Bei der Energieversorgung wird über alternative und nachhaltige Quartierslösungen nachgedacht, die sich ökologisch und ökonomisch positiv direkt auf die Bewohner auswirken sollen.

Ein Teil der Wohnungen wird als geförderter Wohnungsbau errichtet, um nicht so einkommensstarken Gruppen auch künftig das Wohnen am See zu ermöglichen.

 

Pallaufhof in Münsing

Der Pallaufhof-Münsing wurde in 2014 initiert und 2017 fertiggestellt. Es wurde eine nachhaltige Quartiersbebauung mit 14 Wohnhäusern und 8 Wohnungen entwickelt. Verbunden mit dem Anspruch zukunftsfähigen regionalen Bauens wurde Wert gelegt auf

  • einfache, klare Architektur mit baubiologischer Materialqualität
  • frei von fossilen Energieträgern mit minimalem Energieverbrauch
  • konstruktive Gestaltung mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz
  • kostengünstiges Bauen und Vorbildfunktion für die Region
  • gute Nachbarschaften sowie Vorrang für Einheimische, keine Zweitwohnsitze

Bauherr: Baugemeinschaft Pallaufhof Münsing; Architekten:  Arc Architekten  (Manfred Bennecke);

Initiator BauZEITNetzwerk  (Theo Peter), 82541 Münsing, Hauserweg 5 ; Email: info@bauzeit-netzwerk.de

Obstbaumwiese – Baugemeinschaft in Tutzing

Auf einer Obstbaumwiese südlich des Tutzinger Kellers ist in den Jahren 2013/2014 ein Wohnprojekt mit 13 modernen und großzügigen Wohnungen realisiert worden. Von der 2-Zimmer-Wohnung bis zum Loft mit eigener Dachterrasse gibt es verschiedene Varianten. Alle Wohnungen sind nach Südosten zum Garten ausgerichtet. Große Loggien bzw. Terrassen erweitern die Schlaf- und Wohnräume. Vom Grundstück sind der See, Johannishügel und Kustermannpark sowie der Bahnhof in 5 Minuten zu erreichen. Das Grundstück von ca. 3.300 m² ist geprägt durch alten Baumbestand der soweit möglich erhalten wurde. Im Untergeschoss sind Tiefgaragenstellplätze und große Kellerräume untergebracht. Als weitere Eigenschaft ist ein hoher Energiestandard und die Nutzung regenerativer Energiequellen zu nennen.

Bauherr: Baugemeinschaft Tutzing; Architekten: PLAN-Z Architekten, München, und TWP Tragwerkplan GmbH, München

Insgesamt ist zu wünschen, dass sich in Tutzing ein Ort auftut, der für derartige Projekte geeignet ist und dass dann auch die dafür nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie z.B. Bebauungspläne für auszuweisende Grundstücke.

 

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