Es geht los mit mit den Leitzielen 2030 und dem Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) für Tutzing. So die komplizierten Mehrheitsbeschlüsse in der Sitzung des Gemeinderats am 09.11.2021 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Auf der Tagesordnung stand unter TOP 5 nur der sog. Einleitungsbeschluss. Als Antrag zur Geschäftsordnung stellte ich daher eingangs die Frage, warum mein Antrag vom 06.05.2020, der bekanntermaßen ein strategisches Handlungskonzept unter dem Arbeitstitel Leitziele Tutzing 2030 und ein ISEK enthält, nicht explizit einbezogen wurde, ebenso nicht der gemeinschaftliche Antrag vom 06.10.2021 (S.1/S.2) von neuen Mitgliedern des Gemeinderats zu einer Sondersitzung betreffend Leitziele 2030, ISEK und Gemeindehaushalt. Der gemeinsame Antrag war weit vor der Frist eingereicht und hätte Eingang in die Tagersordnung finden sollen. Natürlich setzt die Bürgermeisterin die Tagesordnung fest, meine Anträge gehörten jedoch angesichts des offensichtlichen sachlichen Zusammenhangs dazu. Die Bürgermeisterin wurderte sich über meinen formalen Ansatz, verwies auf die Klausurtagung vom 09.10.2021 (nichtöffentlich) und ihre Absicht, in der Diskussion des TOP 5 die Anträge mitbehandeln zu wollen. Eine direkte Antwort auf meine beiden Fragen war das nicht!

Die inhaltliche Diskussion des Themas leitete die Bürgermeisterin anhand einer eingeblendeten Präsentation mit einer kurzen Skizzierung der formalen Inhalte des ISEK. So sind für die geplanten Sanierungsmaßnahmen Fördermittel von bis zu 60% möglich. ISEK und die sog. Vorbereitenden Untersuchungen (VU) sind erforderlich, um förderfähig zu werden. Es gehe um die Zusammenfassung der vielfältigen Interessen und Belange des gesamten Gemeinderats.

Ziele der Vorbereitenden Untersuchung sind die Erkennung und Beseitigung städtebaulicher Missstände und damit die Festlegung von Entwicklungszielen in der Gemeinde. Dabei werden mitunter auch die verschiedenen bereits erarbeiteten Projekte und Entwicklungsziele zusammengefasst. Die Erarbeitung erfolgt unter ganzheitlicher Betrachtung des Ortes, das heißt auch die Siedlungsstruktur, der Verkehr, die Umwelt und soziale Belange werden entsprechend berücksichtigt. Neben der fachlichen Beurteilung sind die Bürgerbeteiligung und politische Abstimmung wesentliche Bausteine eines ISEK.

Die Zeitschiene erfordere nach einem positiven Beschluss des Gemeinderats eine Antragstellung bis zum 01.12.2021 mit Festlegung des Untersuchungsraums. Dieser umfasst das Ortszentrum und beginnt etwas nördlich vom Fischergassl, schließt das Gelände der Feuerwehr, den Wertstoffhof und die Lindlwiese ein. Die westliche Grenze sind die Schienen der Bahn. Das Bahnhofsgebäude gehört dazu, ebenso die gewerblichen Gebäude an der Südseite der Bahnhofstraße. Der Umgriff reicht bis an den See, das Klinikgelände und die Evangelische Akademie sind ausgespart. Die Erarbeitung des ISEK werde bis Mitte 2024 dauern. Wichtig sei der Blick in die weitere Zukunft von 20 – 30 Jahren.

Konkrete Maßnahmen für den Antrag könnten in 2021 das Thomahaus und der Andechser Hof sein, im Folgejahr der „Marienplatz“ oder „Leidlplatz“ an der Einmündung von Leidstraße und Marienstraße in die Hauptstraße. Die Vertreter der Regierung von Oberbayern aus der Förderstelle waren bereits zur Ortsbegehung da. Zudem beabsichtige sie, die Bürgerschaft gleich zu Beginn in den Prozess einzubeziehen.

Unterstützend setzten sich gleich zu Beginn der Diskussion die Ratskollegen Thomas von Mitschke-Collande und Joachim Weber-Guskar dafür ein, nicht nur ein ISEK sondern über die Leitziele 2030 ein breit aufgestelltes Handlungskonzept für Tutzing zu erarbeiten („Wo wollen wir hin“). So eröffnete Thomas von Mitschke-Collande die Diskussion, dass der Einstieg in das ISEK klar sei, da wir die Fördermittel brauchten. Entscheidend sei jedoch, dass über das städtebauliche hinaus ein gesamter Blick auf das Ganze erfolge. Er forderte, dass im Vergabeverfahren die Gemeinderatsmitglieder beteiligt werden, damit das Leistungsbild entsprechend festgelegt werde. Ebenso unterstützten Flora Weichmann und Bernd Pfitzner und wiesen zudem auf die besonderen Belange des Umweltschutzes und der Anpassungen zum Klimaschutz . Ratskollege Weber-Guskar verwies auf das Beispiel in Krailling, die derzeit tief in den Vorbereitenden Untersuchungen zum ISEK steckten. In bislang sechs jeweils dreistündigen Sitzungen, so habe ich erfahren, wurden die Themen Identität, Mobilität, Bauen, Gewerbe und Ortsteile bearbeitet. Der Bürgermeister von Krailling rechnet damit, mit seinem Gemeinderat im Dezember eine Struktur erarbeitet zu haben und dann die Bürgerbeteiligung zu beginnen. Damit sprach ich die anwesenden Ratsmitglieder an, dass hier ein großes Stück wertvoller Arbeit vor uns liege. Wir könnten uns Richtschnüre geben, die uns in der Zukunft Einzelfallentscheidungen erleichtern würden.

Abschließend wurden drei Beschlüsse gefasst:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die vorbereitenden Untersuchungen entsprechend §141 BauGB für das dargestellte Untersuchungsgebiet einzuleiten sowie die Bekanntmachung nach § 141 Abs. 3 BauGB zu tätigen. Beschlossen gegen die Stimmen der Ratskollegen Dr. Lindl und Parstorfer.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Antrag auf Aufnahme in die Städtebauförderung zu stellen und den Mittelbedarf für 2022 und die Folgejahre darzustellen. Beschlossen gegen die Stimmen der Ratskollegen Dr. Lindl und Parstorfer.
  3. Die Beschlussvorlage: Die Verwaltung beauftragt, ein Leistungsbild für die Erarbeitung des ISEK zu erstellen und das Vergabeverfahren hierzu einzuleiten. Wurde auf meine Wortmeldung hin geändert und zur Abstimmung gegeben:  Die Verwaltung beauftragt, unter Einbeziehung von Mitgliedern des Gemeinderats ein Leistungsbild für die Erarbeitung des ISEK zu erstellen und das Vergabeverfahren hierzu einzuleiten. Beschlossen gegen die Stimmen der Ratskollegen Dr. Lindl und Parstorfer.

Über die Sicherung der Mitwirkung bei der Festlegung des Leistungsbildes für die Ausschreibungen versprechen wir uns den Einfluss, damit die Vorbereitenden Untersuchungen entsprechend breit angelegt werden. Die Kosten des Prozesses der VU und des ISEK werden gefördert. Der Eigenanteil der Gemeinde muss im Haushalt 2022 und der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt werden.

Anmerkung: Die Chronik einschl. aller Anträge können sie hier nachlesen.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger waren zur Vorstellung der Plankonzeption zum Neubau der Gebäude im Schönmoos durch den Verband Wohnen gekommen. Nachdem der Wettbewerb im Februar ausgeschrieben wurde, hatten sich 32 Architekturbüros gemeldet. Sieger bei der Auswahl im August war das Büro bogevisch aus München. Gründer und Mitgeschäftsführer Rainer Hoffmann präsentierte in der Sitzung den Entwurf der insgesamt drei Gebäude vorsieht, zwei davon parallel zum Schönmoosweg, ein drittes im Süden an der Niederebersdorfer Straße.

Bild: © bogevisch buero

Insgesamt werden 71 Wohnungen im dreigeschossigen Massivbau errichtet werden. Vorgesehen sind „durchgesteckte“ Wohnungen zur Belebung beider Seiten.

Bild: © bogevisch buero

Die Wohnungen werden allesamt barrierefrei durch Aufzüge und Laubengänge erreichbar sein.

Bild: © bogevisch buero

Neben einem Gemeinschaftsraum ist eine größere Wohneinheit für die Lebenshilfe Starnberg geplant.

Bild: © bogevisch buero

Parkplätze werden in eine Tiefgarage verlegt, Ladestationen und Fahrradständer sind natürlich auch geplant.

Der Vorentwurf werde nun erstellt, damit in Abstimmung mit dem gemeindlichen Planer Prof. Florian Burgstaller und dem Gemeinderat der Bebauungsplan Nr. 99 „Wohnanlage Schönmoos“ möglichst bis Februar 2022 erstellt werden kann. Die Vertreter des Verbands Wohnen wünschen sich Baurecht im Herbst 2022 und rechnen dann mit einer zweijährigen Bauzeit. Die Wohnfläche umfasst insgesamt 4.722 m², rd. 47% entfallen auf 2-Zimmer Wohnungen für ein oder zwei Personen.

  • Für die schon häufig diskutierten Bebauungspläne Nr. 45/46 „Tutzing Nordwest“ präsentierte der gemeindliche Planer Prof. Florian Burgstaller noch einmal die beiden großen Themen: Wandhöhe und die Grundflächenzahl (GRZ). Nachdem die Werte für die GRZ im Umgriff des Bebauungsplans zwischen 0,15 und 0,21 liegen, soll ein einheitlicher Wert von 0,19 festgelegt werden mit einer historisch bedingten Ausnahme von 0,21. Energetische Maßnahmen wie Wanddämmung sind darin enthalten. Der zweite Punkt war die Festlegung der tal- und bergseitigen Wandhöhen bei unterschiedlicher Topographie. In flachem Gelände gelten 7,5 Meter als Maß. Um den unterschiedlichen Geländesituationen gerecht zu werden, wird eine maximale Summe der berg- und talseitigen Wandhöhe auf 15 Meter festgelegt. Damit nicht übertrieben wird, gilt die Kombination von 6 und 9 Metern als Grenze. Einstimmig beschlossen, diese städtebaulichen Ziele für künftige Änderungen des Bebbauungsplans Nr. 45/46 festzulegen und dies auch bei der anstehenden 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 8 „Zwischen Mozartstraße und Benediktenweg“ als Musterplan zu berücksichtigen. Damit, so die Bürgermeisterin, wird eine moderate Verdichtung möglich und eine gewisse Gerechtigkeit geschafffen.
  • Die Erhaltungssatzung für das „Bahnhofsviertel Tutzing“ war vom Bau- und Ortsplanungsausschuss am 19.10.2021 beschlossen worden. Nach rechtlichen Bedenken der die Gemeinde beratenden Anwälte beschloss der Gemeinderat einstimmig nochmals bestätigend die Erhaltungssatzung. Inhaltlich erfolgte also keine Änderung!
  • Ebenso wurde eine neue Hundesteuersatzung erlassen. Neben der Anpassung an die Mustersatzung des Bayerischen Innenministeriums wurden die Steuerbeträge erhöht und vereinheitlicht, wie der Haupt-, Finanz- und Werkausschuss angeregt hatte. Die Hundesteuer beträgt nun 80 Euro im Jahr für jeden Hund, bei Kampfhunden jedoch 1.200 Euro. Derzeit sind 550 Hunde gemeldet. In bestimmten Fällen gibt es Steuerermäßigungen. Die explizite Nennung der Steuerermäßigung aus sozialen Gründen wollten die Ratskolleginnen Caroline Krug und Stefanie Knittl in die Satzung aufgenommen sehen. Einer Satzung ohne diesen Zusatz stimmten sie nicht zu.
  • Einstimmig folgte der Gemeinderat der Empfehlung des Haupt-, Finanaz- und Werkausschusses, die Satzung für die Benutzung öffentlicher Grün- und Parkanlagen durch den Anhang eines Lageplans für die Brahmspromenade und den Bagnères-de-Bigorre-Park zu erweitern.

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