Liebe Leute,

ich habe häufig Besuch von Freunden, die entweder mit mir gemeinsam mal dem Vaterland (Fernmeldeschule Feldafing) dienten oder sonstwie mit mir beruflich verbunden sind. Man besucht sich, man besucht Tutzing.

Schon ganz früher war Tutzing irgendwie ziemlich Tote Hose, man musste ins einzige Lokal nach Feldafing oder nach Starnberg. Viele von uns können sich noch an das Fischerdorf Tutzing erinnern, das Areal oberhalb der Zugspitzstraße war eine schlagkräftige SPD-Hochburg; Tutzing unten herum bekanntlich weniger. So manch einen hat’s allerdings nach Ende der Berufszeit endgültig nach Tutzing verschlagen. Es wird nun an manchen Ecken gemeinsam gesungen, eine Fahne gehisst und alter Herrlichkeiten gedacht. Wen es nicht dauerhaft nach Tutzing verschlug, der hat den Vorteil, in großen Abständen die Entwicklung des Ortes zeitrafferartig zu sehen.

Dabei stellt er fest, das Midgardhaus ist ja immer noch im damaligen Zustand, lediglich die davor stehenden Hubräume sind völlig andere. Parken dort kostet Geld und wenn der Gourmandtempel saisonbedingt geschlossen ist, dann kostet es kein Geld, ist aber auch nicht beparkbar. Eine überaus weise Entscheidung der Gemeindeväter. Ein Spaziergang an der Promenade ist schön, nicht jedoch geeignet für alte Leute. Es gibt Toiletten, aber selten geöffnet. Hiesige Wirtschaften kompensieren tatsächlich bereits den Missstand, das Gaststättengewerbe hat im Verbund mit dem Tourismusverein die  „nette Toilette“ ausgerufen und damit eine beachtliche Hilfe angeboten. Nur weiß das mit den netten Toiletten wieder keiner und nicht jeder Besucher liest vor der Anreise die weltweit  erhältlichen Tutzinger Nachrichten; schon gar nicht die lokale Homepage der Tutzinger Liste.

Was das mit dem Maserati zu tun hat? Ganz einfach. Der steht vor dem Midgardhaus und freut sich, dass damalige Freunde des Midgardhauses (Midgard: Haus des Menschensitzes) eine riesige Verwandtschaft haben. Kaum ein Tutzinger, dessen Verwandtschaft nicht plötzlich Mitglied des Freundeskreises zur Rettung des Midgardhauses war. Der Sieg hat – wie immer – viele Väter.

Die hochnotpeinliche Sache mit dem Boutique-Hotel ist gelöst. Man muss nur an ein bereits existierendes Hotel „Boutique-Hotel“ dranschreiben, schon haben wir eines. Und brauchen uns um den Seehof, jedem sehr alten Zeitgenossen bekannt, nicht mehr zu kümmern. Sieg? Keiner der heutigen Aborigines hatte je damit zu tun.

Endlich also holt der Maseratifahrer von seiner AHK die zwei Fahrräder herunter und macht mit seiner Erst-, Zweit- oder Drittfrau per Fahrrad eine City-Tour. Denkt dabei an alte Zeiten und fragt den hier Wohnenden, was denn aus dem Luftkurort wurde. Klare Antwort gefällig? Das geht keinen etwas an und das behält Tutzing für sich. Sollen doch die Gäste nicht wissen, was den Ort derzeit bewegt. Und am besten ist es, der verschlafene Ort weiß es auch nicht, mit richtig schönen großen Verkehrsadern demnächst aufzufallen. Daher tatsächlich also nirgendwo ein Aufruf zu sichten, doch das Bürgerforum in Sachen Ortsgestaltung zu besuchen. Wäre Tutzing wirklich so weltmännisch, wie es häufig tut, gäbe es viele Lehrbeispiele aus Nachbarländern. Positive und gegenteilige dort, wo die betroffene Bevölkerung ganz einfach nur vor sich hinpennte.

Aber der gesamten weltweiten Leserschaft wird mitgeteilt, dass eine Fischerhochzeit und das Beschwören guter alter Zeiten der Beweis dafür ist, wie in Zeiten drohender Wasserprivatisierung die von langer Hand vorbereitete Ortsumwandlung in eine verkehrs- und somit autogerechte Zone heimlich aus dem Aufmerksamkeitsbereich Tutzings genommen wird.

Kann aber auch sein, die Organisatoren der Fischerhochzeit bereiten sich übungsweise mit der Fischerhochzeit dafür vor, die gleiche Kraft in die Abwehr eines für Jahrzehnte kaputten Tutzings zu stecken. Fischerhochzeit als Probelauf des Ortszusammenhalts in Sachen „Unkaputtbares Tutzing“?

Sehen Sie also einen Maserati ohne AHK, so fährt der nur auf ein Abendessen zum Midgardhaus. Der mit der AHK hingegen steht irgendwo, dessen Besatzung erkundet derzeit das ehemals alte Tutzing mit dem Fahrrad.

Nachdenklich wie immer,

JB

 

One Reply to “Maserati mit Anhängerkupplung!”

  1. Maserati-Josef, warum so kompliziert?
    Tutzing ist viel zuzutrauen und noch mehr zuzumuten. Die Frage ist einfach: Waren die immer das Wohl Tutzings im Auge habenden Gemeinderäte schon einmal in Baden-Württemberg. BW, best practice? Rund um den Bodensee (auch in gesamter Schweiz) können realisierte Planungen besichtigt werden. Für Freie-Fahrt-Anhänger und aus CSU-Sicht aber ein Igittegitt-Land. Dort regieren auf deutscher Seite die Beton-Kommunisten von GrünRot. Die von denen vorbildhaft umgesetzten Planungen stammen aber von deren Vorgängern, der CDU, Bruderpartei hiesiger CSU.
    Hat nicht ein Kommentator vor längerer Zeit für die besten Ideen zur Hauptstraße 2030 eine Ausschreibung hierzu angeregt, was ist daraus geworden? Von der Ideenwerkstatt ist nichts mehr zu lesen. Hat auch die Presse das Thema abgeschrieben? Es fehlt der Versuch, etwas nadelstichartiger auf die Jahrhundertchance einer generationengerechten Ortsentwicklung hinzuweisen. Vielleicht kommt demnächst da doch noch ein großer Wurf.
    HF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert