Nein, es soll nicht gespottet werden. Es kann ans Herz gehen. Deutschlands älteste Partei, die nach dem Krieg nicht den Namen ändern musste, einst von Millionen Arbeitern und Angestellten gewählt, von Beamten bei Post und Bahn und den Soldaten im Nachkriegsdeutschland, der Hoffnungsträger dreier, vierer Generationen. Und nun das: 10% sagen die Propheten voraus. Echte 10%. Aber vielleicht 20% für eine Nazi-Partei, 73 Jahre nach dem Hitler-Krieg. In dem tausende Sozialdemokraten wegen ihres Glaubens an Anstand und Gerechtigkeit ermordet wurden. Steht der Betrachter in München nun vor den Großplakaten einer heute so gering geschätzten Partei. Sympathisch ist sie, die Kohnen. Sie lacht den Wähler an, obwohl sie gar nichts zu lachen hat. Und sie schleudert ihm in gewaltigen Lettern ihren Aufruf entgegen: Anstand steht auf dem einen, Gerechtigkeit auf dem anderen. Als wäre die Nazizeit auch nach 73 Jahren nicht vorbei. Man kann denken: ist sie denn vorbei? Hatten sich die braunen Ratten in der dunklen Kanalisation unserer Gesellschaft lange ein gemütliches Plätzchen eingerichtet, um jetzt den nächsten Angriff auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu starten?

Fast flehentlich die zweite Zeile auf dem Plakat: „Unsere Politik braucht keine Egoisten sondern Zusammenhalt und Menschlichkeit“. Ja, wohl wahr, aber woher nehmen und nicht stehlen?  Auf den kleinen Plakaten der Kandidaten hätte es wohl genügt, vier fünf Worte zu deren Qualifikation zu sagen. Hat man leider nicht. Dafür steht überall „Zukunft im Kopf, Bayern im Herzen“. Schade. Noch nichtssagender kann eine abstürzende Partei wohl nicht beschrieben werden.

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