Nachdem nun die Grobplanung mit einem ersten Konzept abgeschlossen ist, hat es Tutzing bei der vom staatlichen Bauamt Weilheim als Bauherr weiter zu betreibenden Entwurfs- und Ausführungsplanung de facto mit einem Ausbau der Tutzinger Hauptstraße auf Tempo 50 zu tun. Nach entsprechendem Hinweis eines Tutzingers auf eine bundesweite Verordnung will die 2. Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) vor Gymnasium und Realschule Tempo 30-Zonen umsetzen (SZ vom 06.04.2017) – unabhängig von der Umgestaltung der Hauptstraße. Das zusammen sind die Aussichten.

Wie ist die aktuelle Situation und was wollen Tutzinger Bürgerinnen und Bürger?

Derzeit liegt das tatsächliche Geschwindigkeitsniveau in der Tutzinger Ortsmitte zwischen Oskar-Schüler-Straße und Gymnasium aufgrund der engen Restfahrbahn zwischen den parkenden Autos selbst ohne jede rechtliche Geschwindigkeitsbegrenzung tagsüber bei etwa 20 bis 30 km/h, dazu kommt häufig stop-and-go Verkehr. Das Straßenbauamt plant nun, hier „aufzuräumen“, um das Geschwindigkeitsniveau auf 50 km/h anheben und einen reibungslosen motorisierten Verkehr im „Netzzusammenhang“ sicherstellen zu können. Dieser Eindruck war sehr klar aus dem Bürgerforum mitzunehmen.

Kann eine Erhöhung der Geschwindigkeit im kleinen, historischen Ortskern unseres ehemaligen Luftkurortes wirklich im Sinne der Gemeinde, der Umwelt, der Anwohner, der Schüler, Gäste und Geschäfte sein? Gibt es hier nicht so etwas wie Bestandsschutz?

Das Leitbild der Auto-gerechten Stadt aus den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ist längst überholt und vom Leitbild der Menschen-gerechten Stadt abgelöst, es findet sich aber leider immer noch in zu vielen alten Verwaltungsrichtlinien. Susanne Stolzenberg-Hecht fordert in ihrem Leserbrief, dass die Prioritäten anders gesetzt werden: dass zumindest im Ortskern und vor Schulen ein Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern geplant und auch der Verkehrsfluss deutlich verlangsamt wird (SZ vom 12.04.2017). Dies könnte, so ihre Vermutung, den Verkehr durch Umsteigen einiger Autofahrer auf alternative Verkehrsmittel reduzieren und die Lebensqualität steigern. Ganz ähnlich äußert sich ein weiterer Tutzinger in einem Leserbrief in derselben Ausgabe der SZ: er fordert beim Projekt Hauptstraße die gleiche Gewichtung aller Verkehrsarten und erinnert an die Verkehrszählung von 2003 mit rd. 10.000 Fahrzeugen pro Tag im Ortszentrum. Heute habe der Ort mehr Einwohner, der Verkehr sei dichter, die Autos größer. Für Fußgänger und Radfahrer sei die Situation problematischer geworden.

Welche Lösungen gibt es?

Ein Abschnitt mit Tempo 30 sollte sinnvollerweise von der Oskar-Schüler-Straße bis zur Realschule reichen, d.h. nur etwa 700 m lang sein. Neben Realschule und Gymnasium, die direkte Anlieger der Hauptstraße sind, liegen auch die Grund– und die Mittelschule sowie der große Kindergarten St. Joseph nahe der Hauptstraße. Eltern und Kinder müssen sie daher auch in diesem Abschnitt häufig, meist mehrfach täglich, queren. Hinzu kommt die Evangelische Akademie, die regelmäßig auch von Senioren besucht wird. Eine weitere Möglichkeit sind begrünte Verkehrsinseln am südlichen und nördlichen Ende des mittleren Hauptstraßenabschnitts. Bei Tempo 30 sind evtl. auch Zebrastreifen zulässig, wenn die Frequenz von Fußgängern und Fahrzeugen passt? Auch wenn es schwierig erscheint, Tempo 30 als Festlegung zu erreichen, sollte die Gemeinde im Sinne der Wünsche ihrer Bürgerinnen und Bürger alles daran setzen, die rechtlichen Möglichkeiten einer baulichen Geschwindigkeitsreduzierung zwischen Oskar-Schüler-Straße und Realschule voll auszuschöpfen! …und das im frühzeitigen, konstruktiven Dialog mit Planern und Behörden. Das Verkehrskonzept von 2004 sollte in die weitere Planung einbezogen und ggf. aktualisiert werden.

One Reply to “Tempo 50 in der Hauptstraße?”

  1. Die Überschrift „Tempo Hauptstraße“ ist vielversprechend; bisherige Ergebnisse scheinen derart weltbewegend zu sein, dass kein Ende des Schweigens abzusehen ist.
    Kommentare, Plakataktionen u.a.m., etwa reine Luftnummern eines Häufchens Aufrechter? Wo, d.h. in welcher Welt, leben eigentlich die Planer und die Tutzinger? Wer den Landkreis verlässt, stößt auf ganz andere Vorgaben, die hier angeblich das Treiben der Behörden und den Behörden-Verstehern das Leben so leicht machen.
    Jeder Weg südlich oder gar westlich zeigt, bestimmte Vorgaben/Kennzahlen scheinen nur für den Landkreis zu gelten. Soll doch der mit allen Wassern gewaschene Gemeinderat mal Richtung Bodensee fahren, den umfahren und sich dort realisierte Verkehrskonzepte ansehen. Da gibt es sogar Bundesstraßen mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h. Für den, der es nicht weiß: Regelungen dieser Art wurden von Christdemokraten geplant, von Grünen lediglich umgesetzt.
    Die Hauptstraße liegt wie Mehltau über einem Projekt, das sich mal vielversprechend anließ.
    Was ist faul in Tutzing, wer lässt Fakten schaffen, die unumkehrbar sein werden?
    HF

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