Gestern, am 18.02.2016, wurde vom Referenten des Bund Naturschutz, Christian Hierneis, erschreckender Klartext gesprochen: Die so genannten „Freihandelsverträge“ TTIP, CETA & Co bedeuten nicht mehr und nicht weniger als das Ende von Selbstbestimmung und Demokratie. Es sind Vereinbarungen zwischen Industrie/Handel und Regierungen zur Maximierung des Gewinns internationaler Konzerne auf der Basis verschlechterter Standards und minderer Qualität.

Einsprüche gegen dieses Vorgehen sind dabei auch den beteiligten Staaten verwehrt. Wenn die EU in ihren geheimen Verhandlungen mit den USA beschließt, dass als einziger Wettbewerbsvorteil der Preis gilt, demnach also Qualitätsbezeichnungen schon als „Freihandels-Hemmnis“ gelten, dann bedeutet das, dass Milch halt Milch ist. Egal aus welcher Herstellung, egal welcher Qualität. „UnserLand Milch“ wäre dann ein „Freihandels-Hemmnis“ und würde verboten, weil beim Käufer der Gedanke aufkommen könnte, es sei eine bessere Milch – oder es sei besser, Produkte aus der Region zu bevorzugen – um nur ein Beispiel zu nennen. Denn es geht nicht nur um Nahrung, Trinkwasser, Energie sondern letztlich um alle Warenbereiche, Dienstleistungen und auch um den Zugriff auf und den Handel mit sehr privaten Daten.

Die Staaten werden durch diese Verträge herabgestuft zu puren Verwaltern ihrer Bürger. Die Macht übernimmt „die Weltwirtschaft“. Demokratie brauchen wir dann nicht mehr. Auch eine bittere Erkenntnis aus dem Vortrag: Die bestehenden Verträge mit vielen nordafrikanischen Staaten sind einer der Motoren der Flüchtlingsboote, die in Europa ankommen.

Die Anwesenden Bürger waren teils wohl informiert und es gab sehr interessante Wortbeiträge aus dem Publikum. Immer wieder auch die Frage: Was können wir tun? Die Devise des gestrigen Abends: Nicht aufgeben! Wir müssen die von uns gewählten Volksvertreter jeden Tag mit Leserbriefen, persönlichen Briefen, E-Mails und Aktionen davon überzeugen, dass wir diese Abkommen so nicht wollen. Denn: Hier werden nicht irgendwo irgendwelche Verträge verabschiedet, die uns in Tutzing nichts angehen. CETA TTIP & Co. betrifft uns alle!

Schade, wenn Sie für den Vortrag keine Zeit hatten. Kommen Sie das nächste mal! In jedem Fall: Bitte Informieren Sie sich!
Unser Lesetip: „Unfreihandel“ von Petra Pinzler, das Ihnen Ihr Buchhändler besorgen wird. Ausserdem hier zum Download das von Christiane Lüst am Abend ausgeteilte Infoblatt.PDF-Dokumente

HH/GBF
Beitragsbild: Greenpeace

7 Replies to “TTIP – Böse Visionen im Roncallihaus”

  1. 19.2.16 EILMELDUNG Umweltinstitut München:
    Glyphosat-Neuzulassung Hals über Kopf

    „Über die Wiederzulassung des Totalherbizids Glyphosat könnte statt wie geplant im Juli nun bereits Anfang März entschieden werden. Der zuständige EU-Kommissar Andriukaitis will die Neuzulassung offenbar möglichst schnell und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchdrücken. Die Vorlage von Andriukaitis ist ein Blankoscheck für den Hersteller Monsanto, denn sie soll für 15 Jahre gelten. Das wahrscheinlich krebserregende Mittel ist laut Studien von Forschern aus aller Welt eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt.“
    An dieser Stelle erlaube ich mir die Frage, wieviel „Unterstützung durch Monsanto“ wohl dieser EU-Kommissar erhalten hat? Wie war das noch: Geld regiert die Welt.
    HH

    1. Zur Eilmeldung HH: Wer etwas mehr zu Themenstellungen wie Glyphosat wissen möchte, sollte mal bei http://www.letsmakemoney.at/ reinschauen. Zwar sieben Jahre alt, aber plötzlich aktueller denn je. Die DVD gibt’s auch wieder im Handel. Es ist aber eine Frage der Zeit, wann der Index zur Aufnahme derartiger Titel rund um TTIP wieder auflebt. Wird doch dort glatt eine der Emigrationsursachen beim Namen genannt! Jeder, der let’s make money verstanden hat, könnte dann verstehen, weswegen sich etliche Abgeordnete so schwer tun mit dem plötzlich vom Himmel gefallenen Geschenk TTIP.
      HF

    2. Zwar keine Eilmeldung, aber trotzdem eilig.
      http://www.zeit.de/2016/10/ttip-eu-handelsabkommen-Schiedsgerichte
      In paar Wochen soll CETA verabschiedet werden. Was interessiert Tutzing CETA?
      CETA ist ein Handelsabkommen zwischen Kanada und Europa. Kenner behaupten, Tutzing gehöre zu Europa. Tutzing kann sich also nicht erstaunt geben, wenn plötzlich öffentliche Dienstleistungen liberalisiert werden müssen. Müssen, nicht sollen! Liberalisierung heißt auch, wer Geld anlegen will, kann sich beteiligen. Das immer boomende Gesundheitswesen ist im Fokus aller Geldanleger, auch Krankenhäuser sind nämlich Dienstleistungsbetriebe. Der Tutzinger legt zwar auch dort -im Krankenhaus- sein Geld an. Aber nur, indem er Krankenhausrechnungen bezahlt. Die andere und viel interessantere Rechnung besteht darin, dass der eigentliche Geldgeber aus der Ergebnisrechnung privatisierter Krankenhäuser beachtliche Renditen für seinen Kapitaleinsatz zieht. Durch den Zwang zu laufender Rationalisierung werden die Renditen außerdem regelmäßig erhöht.
      Sozis und andere Nachdenker bis hin zum Krankenhauspersonal sagen dazu dann häufig: Ausbeutung des Krankenhauspersonals durch miserabelste Arbeitsbedingungen führt zu attraktiven Renditen.
      CETA macht’s möglich und lässt grüßen!
      HF

  2. Frau Blume-Hedemann hat Recht: die ödp-Bayern und der Bund leisten hervorragende Aufklärungsarbeit. Schärfer im Ton und schon lange auch die PIRATEN. In Tutzing aber hat man von der ödp seit der Gemeinderatswahl 2014 nichts zum Thema und – genau betrachtet – auch nichts zu irgendeinem anderen Thema gelesen oder gehört. Da ist die „Reichweite“ der TUTZIGER LISTE, die damals in der Gunst der Wähler nur knapp hinter der „Bürgermeisterpartei ödp“ rangierte, heute dank Internetauftritt und Facebook deutlich anders zu bewerten.
    Es ist prima, dass unser Bürgermeister den Informationsabend mit dem BUND initiierte, nachdem auf dieser Homepage seit Monaten die Reiz-Themen TTIP & Co. Bienensterben und evtl. krebserzeugendes Glyphosat in verständlicher Weise zu uns Bürgern gebracht werden.
    HH

    1. Schön, zu lesen, wie man sich hier mit dem Florett gegenseitig die Wertschätzung mitteilt. Die Themen sind seit dem Kirchentag 2004, also seit über zwölf Jahren, allerbestens bekannt!
      Männer&Frauen, legt Florett und Säbel zur Seite und macht endlich was! Wir haben im Ort zwei Akademien, Funkstille! Wir haben die bestens informierte CSU und eine ebenfalls in alle Dinge einbezogene Gruppe FW. Sendepause! Hat’s all denen die Sprache verschlagen? Die Schrift schon, das sieht man an der Leere in deren Homepages. Unser BM, der nun glücklicherweise nicht mehr katholisch gemacht werden muss, hat den Schlüssel zur breitenwirksamen Aufklärung in der Hand. Und wenn er für sein Anliegen Unterstützung im Umsetzen benötigt, soll er sich auf den Marktplatz der Tutzinger Wissensgesellschaft stellen und am richtigen Stand sich das Wissen abholen. Und gemeinsam mit Fachleuten überlegen, wie die breite Front der TTIP-Befürworter geknackt werden kann. Um die Sache selbst weiß man Bescheid. Jetzt geht es darum, nicht mehr nur Betroffenheit zu erzeugen. Es geht darum, Betroffenheit in Handlung umzusetzen.
      Soll heißen, den in der großen schweigenden Mehrheit sich befindlichen TTIP-Befürwortern muss nicht klar gemacht werden, was das eigentlich ist, was sie da unterstützen. Das wissen sie. Den Befürwortern muss klar gemacht werden, welch ungeheure Konsequenzen das für die nächste Generation haben wird. Auf neudeutsch: Kollateralschäden sind zu beschreiben und damit die Verantwortung derjenigen, die energisch wegschauten. Und annehmen, mit fairem Handel in der Hauptstaße die Welt beeinflussen zu können. Mit TTIP wird ein Rad gedreht, das nicht mehr zurückgedreht werden kann. Keiner soll sagen können, er hätte das nicht gewusst.
      HF

  3. Gut geschrieben! Ich möchte erwähnen, dass die ödp ganz vorne mit dabei war und ist, wenn es gegen die „Freihandels“-Abkommen geht, bei denen das Wort Freihandel ja nur eine Fehl-Etikettierung darstellt. Für mich einer der Gründe, mich in dieser Partei zu engagieren, die eine andere Reichweite beansprucht als die Tutzinger Liste. Freue mich aber gerade deshalb über Ihr Engagement hier!

  4. Neoliberalismus, zügellos!
    Einem erstaunlich gut vorinformierten Kreis (ca. 70 Besucher) wurde in beeindruckender Form authentisch vermittelt, dass die beabsichtigten Handelsverträge zur Zerstörung unserer jetzigen Lebensgrundlagen führen werden.
    Gemeint sind: Vergiftung des Essens, massive Reduzierung heutiger europäischer Umweltstandards, völlige Minimierung der Sozialstandards. Um Missverständnissen vorzubeugen, die von den Befürwortern der Handels-Verträge vorgebracht werden: Es ist kein Antiamerikanismus! Es ist eine nüchterne Darstellung der Konsequenzen aus dem gnadenlosen Betreiben des angelsächsischen Neoliberalismus. Wer will schon die Starnberger Abwasserwirtschaft in Händen einer französischen Firma sehen, die im eigenen Lande (Paris) und z.B. in Berlin wegen des Geschäftsgebarens (totale Gewinnmaximierung) bereits die Aktivitäten in die Kommunen zurückführen musste? Oder wollen wir unser Trinkwasser zukünftig bei einem Schweizer Unternehmen kaufen müssen? Deutlich herausgearbeitet wurde während des Vortrages, dass die dann abgeschlossenen Verträge Gegenstand des Völkerrechts seien und nicht mehr nach oben im Sinne besserer Qualitäten veränderbar seien. Hauptsächlich stehen vorerst die Landwirtschaften der USA und Deutschlands im Fokus.
    Der Vortrags-Untertitel: Was können wir noch dagegen tun? … konnte zwangsläufig nur unzufriedenstellend beantwortet werden. Die bisher über die Handelsverträge und deren Konsequenzen nicht informierten Abgeordneten von Kommune, Landtag, Bundestag sind nahezu immun gegen Fragen aus der Bevölkerung und surfen auf der hochgefährlichen Zustimmungs-Welle mit.
    Es ginge also nur der Weg über die Straße. Ein für Tutzing jedoch unmögliches Unterfangen. Aber: Unser bei der Roncalli-Veranstaltung mitanwesender Bürgermeister brachte nach dem Vortrag in informellen Gesprächen seine sehr faktenorientierte und damit kritische Haltung gegenüber TTIP deutlich und engagiert zum Ausdruck.
    Daher: Warum nicht Grünen/ödp/Tutzinger Liste-übergreifend auf der Rathaus-Tenne repräsentative Gemeinderats-Vertreter der Tutzinger CSU im Rahmen eines Hearings darauf hinweisen, sie vermittelten den Eindruck, die Anliegen einer inzwischen aufgeklärten Bevölkerung nicht behandeln zu wollen?
    Wer gegen Merkel klagt, dürfte auch genügend nachvollziehbare Gründe für TTIP und dessen Verwandte haben.
    Es ließe sich nach der aufschlussreichen Roncalli-Veranstaltung auch eine Roncalli2-Runde veranstalten, mit am Tisch die Tutzinger CSU. Veranstalter: „Es lädt ein ins Roncalli-Haus der Bürgermeister aller Tutzinger“!
    HF

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