Das Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG (WAF) in Kampberg möchte mittelfristig erweitern, hat dazu ein Grundstück gegenüber den bestehenden Gdebäuden erworben und stellte einen Antrag auf Änderung des Bebauungsplans Nr. 37 „Erweiterung Gewerbegebiet Kampberg“. So die Ausgangslage zum Tagesordnungspunkt 4 der Sitzung des Gemeinderats am 04.06.2024 unter der Leitung des 1. Bürgermeisters Ludwig Horn.

Die WAF verfolgt ihr Ziel mittelfristig bis 2030 und wollen deshalb das Bauverfahren bereits jetzt anstoßen – wohl wissend, dass dies dauert und schwierig ist. Vorstand Christian Lütgenau referierte über die Entwicklung und Expansion der WAF: Das Unternehmen beschäftige aktuell 95 Mitarbeiter und 6 Azubis. Beim ersten Bau waren es noch 40 Mitarbeiter. Alle vier Jahre werden die Betriebsräte neu gewählt, weshalb die WAF alle vier Jahre von einem Wachstum ausgehe. Ziel seinen derzeit 125 Mitarbeiter. Letztes Jahr wurde das Grundstück gegenüber dem bebauten Gelände erworben, drei neue Gebäude werden dort für Lager und Logistik benötigt.
Das Grundstück befindet sich nicht nur im Außenbereich, was über einen Bebauungsplan noch zu lösen ist, aber auch im Landschaftsschutzgebiet. Letzteres kann nur vom Kreistag herausgenommen werden – nach Befragung aller Beteiligter wie u.a. Bund Naturschutz etc. Hier gibt es jedoch auch Biotope in der näheren Umgebung, wohl auch Fledermäuse.
Vor einer Herausnahme aus dem Landschaftsschutz müsste ein Bebauungsplan so weit fertig sein, dass nur noch der Billigungsbeschluss fehlt.
In der langen Diskussion wurden die Richtungen deutlich: einige Mitglieder des Gemeinderats wollten bedingungslos den Bebauungsplan anstoßen, die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen und die Ratsmitglieder Christine Nimbach und Caroline Krug wollen eigentlich nicht. In die Diskussion eingebracht werden mögliche Ausgleichsflächen. Einige Mitglieder würden gerne Bund Naturschutz, Vogelschutz vorher befragen und erst dann ggf. ins Verfahren im Herbst einsteigen.
Nach der langen Diskussion wurde mehrheitlich mit 9 zu 4 Stimmen die Änderung des Bebauungsplans beschlossen (Gegenstimmen der Ratsmitglieder Pfitzner, Nimbach, Weichmann, Krug). Beauftragt werden soll die Terrabiota Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH. Ein städtebaulicher Vertrag soll die Übernahme der Kosten durch die WAF sichern. Schließlich stellte der Gemeinderat das öffentliche Interesse und die Eilbedürftigkeit fest, damit die Bearbeitung eine hohe Priorität bekommt. Parallel wurde ebenso die Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen.
Bei allen Bedenken darf nicht vergessen werden, dass die WAF ein bedeutender Gewerbesteuerzahler der Gemeinde ist. Einige Gemeinderäte erinnerten an die vergebene Chance, das Pharmazie-Unternehmen Boehringer in Tutzing zu halten.

Zur aktuellen Hochwassersituation schilderte der Bürgermeister die Schäden im Gemeindegebiet durch die starken Regenfälle (Traubing, Deixlfurt, Starnberger See usw.). Er dankte den Feuerwehrkräften, Unternehmen (z.B. VERLA-Pharm für die Bereitstellung von Sand) und den Bürgern für ihre Mithilfe.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Der Bürgermeister gab aus der letzten nichtöffentlilchen Sitzung bekannt, dass die Kutter GmbH & Co. KG Bauunternehmung aus Memmingen den Zuschlag für die Hauptstraßensanierung in der Ortsmitte bekommen hat. Dasselbe Unternehmen hat die Arbeiten im südlichen Teil von Tutzing ausgeführt.
  • Zum seniorengerechten Quartiersmanagement referiert eine Vertreterin der Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung (AfA) aus München über den Experten-Workshop, insbesondere zum Wohnen im Alter. Die Babyboomer gehen in Rente, immer mehr Menschen sind über 65 Jahre: eine Steigerung von 25 % auf 29 % im Jahr 2035 sei zu erwarten. Ein Gegensteuern erscheint möglich über ein Hinauszögern der Pflegebedürftigkeit wie auch seniorengerechte Quartierskonzepte mit Einbettung im vertrauten Wohnraum. Seniorengerechte Quartierskonzepte eben sehen vor, dass ältere Menschen im vertrautem Wohnumfeld verbleiben können und so die soziale Teilhabe gesichert ist. Vorgesehen sei die Schaffung einer hauptamtlichen Personalstelle. Deren Aufgabe: Ansprechpartner mit Lotsenfunktion für die zahlreichen Senioren-Angebote, Stärkung der Vernetzung der Akteure im Ort, Nachbarschaftshilfe, Etablierung einer Betreuungsgruppe und Reaktivierung des Gemeinschaftsraums im Betreuten Wohnen. Nicht zuletzt besteht ein ungedeckter Bedarf an kleiner Hilfe/Nachbarschaftshilfe. Das Förderprogramm des Staatsministeriums für Soziales stellt in Aussicht: Anschubfinanzierung für 4 Jahre in Höhe von insgesamt 80.000 € Budget (jedes Jahr 20.000 €) und zusätzlich insgesamt ca. 60.000 € für die Kommune je nach Aufwand. Ratsmitglied Dr. Thomas von Mitschke-Collande stellt in Frage, ob nicht die meisten Dinge bereits die Ambulante Krankenpflege in Tutzing (Armin Heil) macht, so dass man sich die kommunalen Kosten bzw. Quartiersmanager/in sparen könnte. Die Ambulante Krankenpflege war beim Workshop dabei, es gebe trotzdem einen zusätzlichen Bedarf zur Haushaltshilfe (125 € bekommt die Ambulante Krankenpflege, die aber mit dem kleinen Betrag das alles nicht leisten kann). Einige Ratsmitglieder wollten eher die Ambulante Krankenpflege Tutzing unterstützen als eine neue Stelle schaffen. Ratskollege Dr. Joachim Weber-Guskar sieht auch keine Verhältnismäßigkeit bzw. sieht das meiste durch die Ambulante Krankenpflege gedeckt und ist dagegen. Im Ergebnis wurde die Beschlussfassung über die Schaffung einer Stelle für das Quartiersmanagement in den Herbst vertagt.

  • Die 17er Oberlandenergie GmbH wurde 2015 von Murnau, Bad Tölz, Geretsried, Penzberg und Wolfratshausen gegründet, eine interkommulale Zusammenarbeit. Geschäftsführer Thomas Feistl präsentierte das Unternehmen. Gegenstand des Unternehmens ist die  Erzeugung, Beschaffung, Verteilung und Versorgung Dritter mit Strom und Gas, insbesondere im Bereich erneuerbarer Energien. So setzte das Unternehmen nach eigener Aussage zu Beginn 100% Ökostrom aus dem Walchensee und anderen Energiequellen ein. Erweiterungen führten zu 14 PV-Parks und 150 Ladesäulen. Der Umsatz liege bei 45 Mio. Euro, inzwischen sind rd. 50 kommunale Gesellschafter beteiligt. Weitere Erweiterungen, insbesondere nach Norden, sind nicht geplant. Energiekompetenzen sind u.a. der Vertrieb und Errichtung von PV-Anlagen, E-Car-Sahring, Ladesäueln-Infrastruktur. Einstimmung wurde der Beteilung der Gemeinde Tutzing an der 17er Oberlandenergie GmbH zum Nominalbetrag von 5.000 Euro plus Agio von 1.680 Euro zugestimmt und der Bürgermeister ermächtigt, die nächsten Schritte zu gehen und die entsprechenden Verträge zu unterzeichnen.
  • Bei der Änderung der Geschäftsordnung ging es um die Bekanntmachung der Niederlegung von Satzungen und Verordnungen über das Internet, über die öffentliche Internetseite der Gemeinde. Einstimmig wurde die entsprechende Änderung der Geschäftsordnung beschlossen – bei Erhalt der analogen Anschlagtafeln.
  • Im Landkreis Starnberg ist geplant, über das Landratsamt eine Pflegekonferenz zu etablieren und dafür eine Arbeitsgemeinschaft „Pflegekonferenz im Landkreis Starnberg“ zu gründen. Ziel ist es, den Austausch auf kommunaler Ebene zu intensivieren, die lokalen Akteure der Pflege zusammenzuführen, miteinander zu vernetzen und eine Plattform für den Austausch fachlichen Wissen zu bieten. Einstimmig wurde zugestimmt, als Vertreterinnen der Gemeinde Tutzing wurden die Ratskolleginnen Flora Weichmann und Barbara Doll bestimmt. Genau genommen ist es eine Zustimmung ohne echtes Engagement, denn es werden zukünftig keine finanziellen Mittel oder hauptamtliche Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt.

Anmerkung:
In meiner Abwesenheit haben die Gemeinderäte Stefanie Knittl und Dr. Joachim Weber-Guskar die Sitzung mitgeschrieben und mir ihre Notizen zur Verfügung gestellt, aus denen ich diesen Bericht erstellt habe. Herzlichen Dank für die Unterstützung!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert