Tutzing ist ja voller Menschen von überall. Einer, schon ziemlich alt und grau und – glaube ich – aus München, hat mir erzählt, dass in seiner Heimatstadt vor Jahrzehnten ein, nennen wir es mal „Verschmutzungsverbot“, galt. Ja, ehrlich, wer dabei erwischt wurde, dass er etwas auf der Straße oder im Park fallen ließ, einen Zigarettenstummel zum Beispiel, musste Strafe zahlen. Fünf Mark, glaube ich, sagte er. Und das sei damals viel Geld gewesen. Etwa der Gegenwert von 90 Semmeln.
Wir beide warteten auf die S-Bahn und ich – oder er? sagte plötzlich gedankenverloren: „…was hier alles an Müll rumfliegt“. Und er – oder ich? antwortete „wie überall.“ Ja, so kamen wir ins Gespräch. Erzählten uns von den kleinen Schmutzfinken, die ihre Bonbon-Papierl einfach fallen lassen – und die Schmutzfink-Mama schaut weg. Von den Ferkeln, die aus der Schule kommend einfach alles über den Nachbarzaun werfen, was eigentlich in den Mülleimer gehört: Colabüchsen, Brotzeitpapier, Pizzaschachten, Coffee-to-go-Becher.
„Aber“, sagte der Alte, „am schlimmsten sind die Wildschweine: ganze Familienhorden, die ihren Wohlstandsmüll wie einen Schleier bei jedem Ausflug um sich her und hinter sich verteilen. An welchem Vorbild sollen sich da die Schmutzfinken orientieren?“ Ja, an welchem?
Ich musste aussteigen und fand, dass Starnberg genauso vermüllt ist. Auch an der See-Promenade, wie bei uns im Kustermannpark. Am Sonntag danach machten wir einen Spaziergang über die Ilkahöhe zum Gut Kerschlach: wohin du schaust Abfall. Ich fragte die Kinder, ob ihnen das schon aufgefallen sei. Ein dreistimmiges fröhliches NEIN erklang. Sie haben sich also schon daran gewöhnt, dachte ich.
Und plötzlich fand ich ein „Verschmutzungsverbot“ überhaupt nicht mehr komisch. 90 Semmeln… das wären heute 35 Euro. Mit nur 10 „Verschmutzungs-Beobachtungs-Beauftragten“, ausgestattet mit Strafzetteln, würde eine Gemeinde wie Tutzing zehnmal mehr Geld einnehmen, als mit der Hundesteuer.
Wie komme ich jetzt auf Hunde?
Ihre Conny Bimslechner