In der Sitzung des Gemeinderats am 2. März 2021 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald wurden der Haushalt 2021 einstimmig und die Finanzplanung 2022-2024 gegen eine Stimme genehmigt. Vorangegangen waren intensive Beratungen im Haupt-, Finanz- und Werkausschuss im Januar und Februar 2021.

Die Kämmerin hatte der Gemeinde mit ihren Mitarbeitern sowie den inhaltlichen Beiträgen der Fachabteilungen zunächst einen nicht ausgeglichenen Haushalt mit einem Fehlbetrag von ca. 1,5 Mio. Euro zur Beratung vorgelegt. Damit musste der Haushalt in vier Sitzungen intensiv durchgearbeitet werden; an zahlreichen Stellen musste gespart werden; Verschiebungen und Kürzungen, auch Streichungen, waren erforderlich, um den Ausgabenüberhang zu reduzieren. Ganz ist es nicht gelungen, so dass der verbleibende Fehlbetrag in Höhe von 812.000 Euro aus der Rücklage entnommen werden muss. Das Werk umfasst insgesamt mehr als 300 Seiten. Grafiken und tabellarische Übersichten erleichterten den Ausschussmitgliedern den Einstieg. Antworten auf offene Fragen wurden nachgereicht; zur Verabschiedung stand dadurch in diesem Jahr erst relativ spät eine überarbeitete Version mit zahlreichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf.

Auch der Haushalt 2021 zeigt die strukturelle Einnahmelücke und den nach wie vor engen finanziellen Spielraum der Gemeinde mit unverändert hohem Bedarf an Instandhaltungen und Investitionen. Die nachstehenden Ausführungen erläutern die einzelnen Haushaltsbereiche wie folgt:

Verwaltungshaushalt 2021

Der Verwaltungshaushalt 2021 zeigt geplante Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 22.054.100 Euro und ist damit gegenüber dem Vorjahr um rd. 849.000 Euro gefallen. In den Einnahmen enthalten ist eine Entnahme aus den Rücklagen („umgekehrte Zuführung vom Vermögenshaushalt“) in Höhe von 812.000 Euro. Das habe ich so noch nicht erlebt! In Jahren vor meiner Zeit als Gemeinderat, also vor 2014, hatte es das aber bei verabschiedeten Haushalten schon mehrmals gegeben, die jeweilige tatsächliche Entwicklung machte dann die Rücklagenentnahme obsolet. Zur Erinnerung: grundsätzlich muss im Verwaltungshaushalt ein Überschuss erwirtschaftet werden, der dann dem Vermögenshaushalt zugeführt wird; dieser Überschuss sollte deutlich über dem Mindestbetrag liegen, das sind die geplanten Kredittilgungen (in 2021: 256.000 Euro). In 2021 erfolgt die Kredittilgung also aus dem Vermögenshaushalt. Der finanzielle Spielraum ist somit in diesem Jahr nicht nur nicht groß, er ist nicht vorhanden! Gleichwohl muss die Gemeinde eine Vielzahl von Pflichtaufgaben erfüllen. Darüber hinaus gibt es in nicht geringem Umfang freiwillige Leistungen.

Auf der Einnahmenseite sind es hauptsächlich verringerte Steuereinnahmen: Größter Einzelposten auf der Einnahmenseite ist die Einkommensteuerbeteiligung, die nach 7,9 Mio. Euro in 2020 für das Jahr 2021 mit 7,5 Mio. Euro niedriger angesetzt wurde. Hervorzuheben ist die Gewerbesteuer, die mit einem Ansatz von 4,3 Mio. Euro bei unverändertem Hebesatz von 300% vorsichtig budgetiert ist. In 2020 sind voraussichtlich 4,5 Mio. Euro vereinnahmt worden; die Kompensation der aufgrund der Corona-Pandemie entstandenen Gewerbesteuerausfälle hat für Tutzing zu einer Einnahme von lediglich 36.503 Euro geführt – bei 2,4 Mrd. Euro für Bayern! Die Hebesätze der Grundsteuer A und B wurden von 280% und 330% auf 330% und 340% erhöht; dies entspricht dem Durchschnitt im Landkreis und führt zu einer leichten Erhöhung der Steuereinnahmen von rd. 50.000 Euro. Die Zweitwohnungssteuer, die seit 2005 erhoben wird, ist mit 150.0000 Euro angesetzt. Zusammen mit weiteren Steuerbeteiligungen und Finanzzuweisungen ergeben sich hier budgetierte Einnahmen von rd. 15,6 Mio. Euro.

Die Steuerkraft je Einwohner ist weiter gestiegen und erreicht 2021 zwar 1.298 Euro – gleichwohl ist Tutzing hier fast Schlusslicht im Landkreis. Wider Erwarten wurde Tutzing eine Schlüsselzuweisung für 2019 und 2020 zugesprochen. Im Haushaltsjahr 2021 sind nun für das laufende Jahr 164.000 Euro angesetzt. Zur Erklärung: Über die Schlüsselzuweisungen beteiligt der Freistaat finanzschwache Kommunen und Landkreise an seinen Steuereinnahmen.

Die Finanzkraft der Gemeinde mindert die Kreisumlage. Sie ist deutlich erhöht mit 6,6 Mio. Euro der größte Ausgabenposten des Haushalts. Die Erhöhung ist im Wesentlichen durch erweiterte Aufgaben des Landkreise wie z.B. das geplante Gymnasium in Herrsching oder das neu übernommen Gymnasium in Tutzing begründet. Die Personalkosten liegen mit 4,8 Mio. Euro geringfügig unter dem Ansatz des Vorjahres. Neben vorgegebenen Tariferhöhungen, Leistungszulagen und Höhergruppierungen sind die neue München-Zulage und Fahrtkostenzuschüsse eingerechnet.

Die Ausgaben für Schulen, Kultur und Soziale Sicherung (einschl. Kinderkrippen, -gärten und -horte) umfassen 5,9 Mio. Euro, das sind fast 28% des Haushalts. Werden Beitragseinnahmen und Entgelte sowie Zuschüsse dagegen gerechnet, verbleiben immer noch 3,6 Mio. Euro oder mehr als ein Drittel des “Netto-Haushalts”. Die Zuschüsse an die Vereine und soziale Einrichtungen sind budgetiert. Hier zeigt sich die Gemeinde konstant und verlässlich, gleichwohl haben wir bei freiwilligen Leistungen Kürzungen von 10% – außer bei Jugendförderung – vorgenommen, um der verschlechterten Finanzlage Rechnung zu tragen.

Vermögenshaushalt 2021

Das gestalterische „Spielfeld“ des HFW-Ausschusses ist der Vermögenshaushalt, hier können Prioritäten gesetzt werden. Er zeigt für 2021 ein Volumen von 8.373.700 Euro. Es sind Investitionen in Höhe von rd. 7,3 Mio. Euro geplant, davon 5,8 Mio. Euro für Baumaßnahmen. Wesentliche Positionen sind (Euro)

  • Erneuerung Hauptstraße (1.200.000)
  • Wasserleitung Hauptstraße (1.050.000)
  • Sanierung Flachbrunnen Kerschlach (643.000)
  • Schadenbeseitigung Anbautrakt Würmseehalle (450.000)
  • Sanierung ehemaliges Lehrerwohnhaus zum Kinderhort (300.000)
  • Gehweg am Kallerbach (220.000)

Für die genannten Investitionen reichen die Einnahmen des Vermögenshaushalts aus Investitionszuweisungen, Zuschüssen oder Erschließungsbeiträgen bei weitem nicht. Sie decken mit rd. 1,3 Mio. Euro nur rd. 16% der geplanten Ausgaben. So stehen auf der Einnahmenseite weiter Einnahmen aus der Veräußerung von gemeindlichen Immobilien in Höhe von 1,1 Mio. Euro sowie insbesondere die Entnahme aus der Rücklage (5.950.000 Euro).

Eine Kreditaufnahme ist für 2021 nicht geplant. So musste der Haushalt auch nicht mit dem Landratsamt abgestimmt sondern kann nach Verabschiedung durch den Gemeinderat eingereicht werden. Die Schulden der Gemeinde werden nach der Regeltilgung zum Jahresende 2021 bei 1,6 Mio. Euro erwartet. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde von 160 Euro läge dann deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt von 987 Euro (31.12.2019). Von den Schulden entfallen 0,6 Mio. Euro auf die Wasserversorgung. Diese sog. “rentierlichen” Schulden werden über die Wassergebühren getilgt.

Die Allgemeinen Rücklagen der Gemeinde beliefen sich zum Jahresende 2020 noch auf 9,3 Mio. Euro. Ursächlich dafür ist neben sparsamem Wirtschaften hauptsächlich die Nichtrealisierung geplanter Objekte, die sich sowohl aus personellen Gründen als auch aufgrund langwieriger behördlicher Genehmigungsverfahren verschoben haben. Nach der vorgesehenen Entnahme im laufenden Jahr sollen die Rücklagen nur noch rd. 3,4 Mio. Euro zum Jahresende 2021 betragen.

Mittelfristige Finanzplanung 2022 – 2024

Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2022 – 2024 zeigt einen leicht ansteigenden Verwaltungshaushalt. Auch in den Jahren 2022 und 2023 wird eine Entnahme aus der Rücklage erforderlich sein, um den Verwaltungshaushalt auszugleichen bevor im Finanzplanungsjahr 2024 wieder eine Zuführung vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt erfolgen kann. Der Vermögenshaushalt sinkt auf 5,5, dann 1,9 und schließlich auf 1,8 Mio. Euro und damit die Höhe der Investitionen. Im Zentrum steht das Großprojekt der Sanierung der Hauptstraße. Für dieses Großprojekt sind insgesamt 2,0 Mio. Euro eingestellt, zusätzlich zu den 1,2 Mio. Euro in 2021. Ebenso eingestellt sind die entsprechenden Beträge für die Erneuerung der Wasserleitung in der Hauptstraße (1,1 Mio. Euro, zusätzlich zu 1,0 Mio. Euro in 2021). In künftigen Jahren wird es auch um die Gestaltung der Einmündungen der Seitenstraßen gehen.

Zur Finanzierung der mittelfristig geplanten Ausgaben im Vermögenshaushalt werden außer den eigenen Einnahmen eine Entnahme aus den Rücklagen in 2022 von knapp 1,0 Mio. Euro sowie Kreditaufnahmen von insgesamt 6,6 Mio. Euro erforderlich sein, um den Vermögenshaushalt dieser Jahre auszugleichen. Der Schuldenstand erhöht sich planmäßig nach jährlicher Regeltilgung auf dann rd. 7,7 Mio. Euro Ende 2024.

Nicht enthalten in der mittelfristigen Finanzplanung ist die Sanierung der Mittelschule! Nach Überplanung sowie Ergänzung um eine Mensa für die Ganztagsklassen steht hier einschl. der zeitweisen Auslagerung des Schulbetriebs ein Bedarf von 24,5 Mio. im Raum (vor Abzug von Fördermitteln und Beteiligung der Nachbargemeinden). Zugegeben ein Manko der Finanzplanung. Der Eigenanteil der Gemeinde von geschätzt 15 Mio. Euro kann weder durch weitere Entnahmen aus der Rücklage noch durch zusätzliche Schulden finanziert werden. Hier muss der Gemeinderat mit der Verwaltung alternative Wege prüfen, auch durch Vermögensumschichtung. Angesetzt sind für 2021 Planungskosten sowie Sanierung des ehemaligen Lehrerwohnhauses zum Kinderhort. Parallel plant die Gemeinde weiter, denn die Zeit drängt. Ein entsprechender Bauantrag ist beschlossen und eingereicht, um auf der formalen Schiene weiterzukommen.

Gemeindliche Liegenschaften

Den immer wieder zitierten Investitionsstau bei den gemeindlichen Liegenschaften haben wir Ausschussmitglieder uns angesehen. In beiden Haushalten wird dazu Vorsorge getroffen:

  • Im Verwaltungshaushalt ist für 2021 ein Betrag von 432.200 Euro für Instandhaltungen eingestellt.
  • Im Vermögenshaushalt ist für Generalsanierungen, Erweiterungen und Neubauten ein Betrag von 1.851.500 Euro vorgesehen,

Rückblickend gibt es zwei Aussagen: die Haushaltsansätze zur Auflösung des Investitionsstaus bei gemeindlichen Immobilien zeigen die Bemühung, der Sanierung nachzukommen. Angesichts der schwierigen Finanzlage haben wir auch hier in beiden Haushalten Streichungen, Kürzungen und Verschiebungen vornehmen müssen. Das Thema wird also noch einige Jahre aktuell bleiben und wir müssen in den Folgejahren mit der Abarbeitung weiter vorankommen. Dazu kann auch gehören, dass sich die Gemeinde von Liegenschaften trennt.

Anmerkungen

  • Die Gewerbesteuereinnahmen 2020 haben mit rd. 4,5 Mio. Euro das Budget von 4,6 Mio. Euro nur knapp verfehlt. In 2019 konnten noch 5,1 Mio. Euro vereinnahmt werden. Die Einnahmen sind außerordentlich schwer zu schätzen, gerade in diesen Zeiten. Diese Zahlungen werden von den geleisteten Vorauszahlungen der Unternehmen sowie von Auswirkungen von Betriebsprüfungen beeinflusst. In der Corona-Pandemie lassen zahlreiche Unternehmen aufgrund schwieriger Geschäftslage ihre Gewerbesteuervorauszahlungen auf Null setzen, die Gemeinde muss das dann so hinnehmen. In der Finanzplanung haben wir mittelfristig Steigerungen bei der Gewerbesteuer eingestellt. Dies wurde im Ausschuss intensiv diskutiert und die Ausschussmitglieder stehen zu diesen Ansätzen für die mittelfristige Finanzplanung. Doch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind zu gering! Nur durch steigende Einnahmen bei der Gewerbesteuer kann es gelingen, den finanziellen Spielraum der Gemeinde deutlich zu erhöhen.
  • Bei der Beteiligung an der Einkommensteuer sieht es nicht viel besser aus. Nach 7,8 Mio. Euro für 2019 und 7,4 Mio. Euro für 2020 wurden für das Laufende Jahr 7,5 Mio. Euro mit weiteren Steigerungen in der Mittelfristplanung eingestellt. Dabei profitiert Tutzing nicht von gut verdienenden Bürgerinnen und Bürgern, da die Einkommensbeträge bei 35.000/70.000 gekappt werden. Gleichzeitig steigt die Kreisumlage zügig an. In der mittelfristigen Finanzplanung besteht also so gut wie kein finanzieller Handlungsspielraum. Im ersten Ansatz wies der Haushalt eine strukturelle Einnahmelücke von rd. 1,5 bis 1,0 Mio. Euro auf – in jedem Jahr!
  • Der Kämmerin und allen Beteiligten in der Verwaltung ist zu danken für die Vorbereitung der mühsamen Runden mit Vorschlägen zur Reduzierung des Ausgabenüberhangs.

Die Pressemitteilung der Tutzinger Liste e.V. zum Haushalt 2021 und der Planung bis 2024 finden Sie hier.

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