Da stehen wir nun und staunen! Der Klimatag am 20. September 2019!
Weniger staunen muss man über die Berliner Freitags-Ergebnisse. Sie waren absehbar, es wird immer noch geglaubt, mit der Natur ließe sich ein Deal machen, die Natur ließe sich alleine wirtschaftlichen Betrachtungen unterziehen. Leitgedanke: Es darf die Wirtschaft nicht belastet und dem Menschen nicht zu viel zugemutet werden.
Die Krönung des Freitagabends der Politik war dann die Aussage in einem zeitgleich erschienen Aufsatz des Vertreters oberster Liberalität, es gelte nach wie vor der Lehrsatz ‘Freie Fahrt dem Freien Bürger‘.
Mehr staunen muss man wohl, dass sich eine Bewegung erneut beeindruckend in Gang setzte, mit der sich nun die gesamte etablierte Politik beschäftigen muss. Anders ausgedrückt: Der Geist ist aus der Flasche, er kann nicht mehr zurückgeholt werden.
Wer jetzt fragt, was hat denn das mit kommunaler Politik zu tun, es beträfe schließlich die Bundespolitik, der hat die andere Seite der Medaille nicht genau genug angeschaut. Berlin hat es sich mit der Entscheidung am Freitag aus Sicht der Opposition und fast der gesamten Presse einschl. der Kommentatoren Öffentlich-Rechtlicher Anstalten in der Beschreibung des Pakets zu leicht gemacht. Boshafte Kommentare sagen sogar, es sei kein Paket geschnürt worden, es sei lediglich eine Postwurfsendung geworden. Ein Angebot an den Bürger, natürlich nur den Nachbarn betreffend.
Berliner Politiker scheinen größtenteils sehr weit weg von der Straße, sie nehmen die Demos lediglich zur Kenntnis und denken, so sei halt Demokratie. Mehr aber auch nicht, weil sie meinen, die o.g. Prämissen hätten Bestand. Sie haben auch deswegen Bestand, weil die Bindeglieder von der Kommunal- oder Landespolitik hinein in die Berliner Politik nicht funktionieren. Heraus aber auch nicht. Gäbe es eine Rückmeldung der Kommunalpolitiker innerhalb ihrer Parteienhierarchie auch an die Berliner Strategen, kämen die wiederum nicht auf die Idee, etwas anzubieten, was Kenner der Lage als total unzureichend oder gar als Luftnummer bezeichnen.
Berlin will keinem wehtun, Berlin kündigt daher ein Konjunkturprogramm an für den Verband der Dachdecker, Sanitärspezialisten, Hausgerätehersteller und Baulöwen. Gleiches wurde doch bereits vor dreißig Jahren mit Erfolg gemacht und die Abwrackprämienpolitik hat sich doch auch bewährt!
Die Quittung für diese Freitagsentscheidung wird nun auf der Straße fortgeschrieben. Ansteigen wird die Politikverdrossenheit bei der jüngeren Generation, sofern nicht bald ein Dialog einsetzt, mit dem Berlin sein leider blasses Gesicht wahren kann. Ein Dialog, der vor allem dem unerträglichen Ideologiestreit „Freie Marktwirtschaft gegen Bevormundung durch Verbote“ endlich ein Ende setzt. Häufig wird übersehen, dass viele Geschäftsmodelle nichts anderes zum Inhalt haben, als den Planeten zu plündern, weil keine Politik das verhindern will. Völlig zu recht stehen diese Modelle jetzt voll in der Kritik, die Straße beweist es eindrücklich.
In Tutzing traf man sich vor dem Rathaus, das Rathaus sagte auch etwas zu dem Thema. Die Bekundungen der Schülerinnen und Schüler, mit eigenem Verhalten zum Klimaschutz beizutragen, wurden einhellig begrüßt: Vermeidung von Plastikverpackung, Mülltrennung, mehr Radfahren und anderes mehr. Auffallend war der allgemein hohe Geräuschpegel während der Wortbeiträge der Schülerinnen und Schüler und sogar während des Gebets von Pfarrer Peter Brummer. Hier fehlt m.E. der nötige Respekt.
Über die Teilnahme der hohen Zahl der Schülerinnen und Schüler sollte sich keiner wundern. Der Weg zum Rathaus war seitens der teilnehmenden Schulen angesetzt und verpflichtend wie ein Wandertag.
Die TL schlägt erneut einen großen Bogen und spricht in beeindruckend zusammengefasster Form, was ernstzunehmende Politiker aller Farben derzeit durch sämtliche Medien überzeugend rüberbringen. Nicht so das regierende Berlin. Dort wird Politik verstanden als „das Machbare, was der Bürger akzeptiert“, seit dieser Woche von der Kanzlerin so definiert. Seit wann weiß man denn in Berlin, was der Bürger zu akzeptieren bereit ist? Das wissen ja nicht einmal die Kommunalpolitiker.
Die Berichterstattung in hiesigen Medien zum besagten Tutzinger Freitag war außerordentlich dünn! Die Aussage, man hätte zu wenig Geld, um in Sachen Klimaschutz so richtig in die Kasse greifen zu können, zeigt einen völlig unüblichen Horizont. Ebenso die Feststellung, Brüssel zwinge zu bestimmten Vorgehensweisen bei Ausschreibungen. Das zeigt, wie wenig das Rathaus davon weiß, dass Angela Merkel persönlich (!) vor vielen Jahren eine Stelle in Bonn einrichten ließ, die die Kommunen dabei unterstützt, just jene Kriterien zu finden und zu erfüllen, die eben nicht zu den berüchtigten britisch-polnischen Teerkolonnen führen, weil einfach nur billig! Hat das Rathaus etwa die ihm seit Jahren bekannten Koordinaten jenes Spezial-Büros in Bonn verlegt? Spart man bereits die Reisekosten nach Bonn?
Eine Frage an die TL als Teilnehmer des Tutzinger Freitags: Warum zeigten nicht alle Tutzinger Gemeinderäte die Flagge, unter der zu segeln sie vorgeben? Schämt man sich bereits für die Straße?
Wenn Tutzinger Schulen zum Jagen getragen werden müssen (Projekttag von Gnaden des FW-Bildungsministers), welches Verständnis ist eigentlich in Tutzing zur kommenden Klimakatastrophe anzutreffen? Jetzt bitte aber nicht mit Fairtrade a la Landkreis antworten. Das ist wie weiße Salbe gegen ein Geschwür, das sich mittlerweile über die ganze Welt zieht.
Warum nennt die TL nicht den Urheber der jüngsten Freie Fahrt-Erklärung? Es war der FDP-Chef persönlich, dessen Meldung nachts noch über alle Ticker ging. Als Anti-Programm zu den schlimmen und immer mehr die Freiheit einschränkenden Berliner Aussagen.
Nun verhandelt mal schön mit der Natur, sie wird voll auf Tutzings Belange Rücksicht nehmen.
HF