Wie wirken sich die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA auf kommunaler Ebene aus? Von nicht wenigen werden TTIP, CETA und TISA als Bedrohung empfunden – allesamt Wirtschaftsverträge, die das Recht der Staaten – aber auch der Kommunen – aushebeln können. Dabei geht es hier nicht um Chlorhühnchen oder Schiedsgerichte außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Es geht hier um Tutzing! Das gemeindliche Wasserwerk, unser Bauhof, unsere gemeindliche Gärtnerei, irgendwann auch das „Friedhofsgeschäft“ wären dann „Monopolbetriebe“ und müssten öffentlich ausgeschrieben werden. Und über das Aussprühen von Gift entscheiden dann Monsanto, BASF oder Bayer, keinesfalls der Bürger, das Volk.
Es kommt deutlich Bewegung in ein bisher kaum in Tutzing angesprochenes Themenfeld. Wir haben auf das Bienensterben im Landkreis, den Wahnsinn in Sachen Plastikmüll und die Glyphosat-Verseuchung auf Böden rundherum mehrfach hingewiesen, weil wir erwarten, dass sich auch Tutzing damit beschäftigt und die Handlungsnotwendigkeiten erkennt. Ein gut gemeinter erster Versuch zu den potentiellen Auswirkungen TTIP seitens der örtlichen SPD schlug leider fehl.
Deshalb möchten wir eindringlich auf eine Veranstaltung am 18. Februar 2016 um 20 Uhr im Roncallihaus hinweisen. Es wird die Frage gestellt „Was können wir noch tun?“ hinsichtlich der Bedrohung durch TTIP, CETA und TISA. Der Abend im Roncallihaus wird von der „Zivilcourage gegen Agro-Technik im Landkreis Starnberg e.V.“ veranstaltet und von der Gemeinde St. Joseph mitgetragen. Referent ist Christian Hierneis, Mitglied im Landesvorstand des Bundes Naturschutz Bayern. Der Eintritt ist frei.
Erklärungen aus wikipedia:
TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership – Transatlantisches Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA
CETA – Comprehensive Economic and Trade Agreement – Europäisch-kanadisches Freihandelsabkommen
TiSA – Trade in Services Agreement – Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen zwischen 23 Parteien einschließlich der USA und der Europäischen Union
13.2.16 – die Beiträge in den Tageszeitungen werden drängender. Nach wie vor steht fest, dass „hinter verschlossenen Türen“ verhandelt wird. Logische Folgerung: weil man etwas verheimlichen will. Wenn Bundestagsabgeordnete jetzt „Einblick“ in einem „Leseraum“ bekommen, aber über das Gelesene nicht reden dürfen – bei uns in Bayern nennt man das verarscht werden. Dr. Behrens-Rambergs Beitrag hat mir für die Zeit mit TTIP eine neue Geschäftsidee vermittelt: Ich werde den Gemeinden ihre Friedhöfe abkaufen, die Grabgebühren erhöhen und an allen Eingängen Ticket-Automaten aufstellen. Warum, zum Kuckuck, sollen Friedhofsbesuche kostenlos sein? Den internationalen Namen für meine Firma lasse ich gerade beim Patentamt eintragen: FRIEDE-CASH.com
HH
Die Friedhofsruhe vor dem 18.02. (Roncallihaus) macht aus zwei Gründen nachdenklich.
1. Politiker in deutschen Kommunen dürfen in ihren Sitzungen grundsätzlich nicht über Handelsabkommen wie TTIP diskutieren (Quelle: Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages). Tun sie es doch , verhalten sie sich rechtswidrig (so der Gutachter)!
Nachzulesen in jenem Buch, das von Misereor besprochen und empfohlen wird.
2. Abgesehen von einem kleinen Artikel im Merkur und in dem Blatt der „Wählervereinigung Tutzinger Liste“ gibt es nirgendwo einen Hinweis auf die Veranstaltung im Roncallihaus.
Es wäre also interessant zu wissen, welche Abordnungen des Gemeinderates die BN-Veranstaltung besuchen werden. Richtig spannend wird es dann, wenn im Gemeinderat Tutzing die pot. Auswirkungen TTIP, CETA und TISA behandelt werden. Oder ob sich Tutzing brav dem o.g. Gutachter anschließt.
An dieser Stelle kann auch daran erinnert werden, dass bereits 2013 die Tutzinger Nachrichten darauf hinwiesen, die Privatisierung der Wasserversorgung sei endgültig vom Tisch. Woher wussten die TN damals bereits, was heute nicht in den Verträgen steht?
Der 18.02. wird ein spannender Abend.
HF
Wenn Herr Menzinger vom Bauhof als Anwender den Gemeinderäten in öffentlicher Sitzung erklärt, dass Monsantos Glyphosat vom Tutzinger Bauhof sowieso schon als untaugliches Unkrautvernichtungsmittel erkannt wurde und seit zwei Jahren nicht mehr eingesetzt wird und dazu der ödp-Gemeinderat und Landwirt Martin Pulfer in der gleichen Sitzung sagt, man dürfe den gemeindlichen Bauern, die gemeindliche Flächen in Pacht bewirtschaften, dort „aus Wettbewerbsgründen“ ihr Glyphosat nicht wegnehmen – wozu dann so viel Aufregung?
HH
Mit dem Hinweis auf TTIP und Bienensterben hat die Wählervereinigung Tutzinger Liste nun doch ein Fass aufgemacht. Da meint während einer Gemeinderatssitzung ein nun sehr belesener und als honorig bekannter CSU-Gemeinderat, die ach so vorsichtigen Gegner von Glyphosat einer Ideologie verdächtigen zu können. Um dann auch noch mit der Atom-Keule draufzuhauen.
Merkt denn dieser Gemeinderat nicht, welcher Zynismus da zutage tritt, indem er so mit den in anderen Parteien sitzenden Gemeinderatskollegen umgeht? Dem CSU-Gemeinderat sei empfohlen, sich sehr genau die Ausführungen anzusehen zu TTIP und den noch schlimmeren Verwandten Tisa und Ceta. Und nachdem häufig alles von GRÜN und SPD Gesagte sowieso den Bereich von Igittegitt berührt, hier ein Hinweis zu Ausführungen einer Journalistin, die aufgrund ihrer Fachheimat (DIE ZEIT) nun wirklich nicht linker Umtriebe verdächtigt werden kann.
https://blog.misereor.de/2015/10/06/der-unfreihandel/
Läse der CSU-Gemeinderat, was nicht nur dort steht, sondern auch seit Jahren Gegenstand der Lehre ist (Ulrich Beck, Shalini Randeria), dann wäre er mit seinen schon häufiger auffallenden Gesprächs- und Gedankenbeiträgen vorsichtiger. Seine Weltanschauung soll er im privaten Kreis verteilen, aber bitte nicht in der gemeinderätlichen Öffentlichkeit. Da könnte dann so manch ein Hörer oder Leser glauben, es träfe zu, was dort gedacht und gesagt wird. Wollte etwa der CSU-Gemeinderat mit seinem Hinweis auf vermutlich ideologisch gefärbte Aussagen des politischen Freundes nur davon ablenken, dass gefälligst er der bessere Ideologe sei?
HF
Interessant, die Aktivitäten des BUND über die Tutzinger Liste zu erfahren.
Das Vorhaben des BUND passt gut zur SZ, die am 06.02 auch das Thema aufgriff. Essay Jan Willmroth, 06.02.2016, in Auszügen:
Was einst eine Kreislaufwirtschaft auf Farmen war, ist heute eine weltweite industrielle Wertschöpfungskette, mit allen bekannten negativen Folgen für Böden, Wasser, den Tierschutz und das Klima. Wenige Konzerne kontrollieren große Teile dieser Wertschöpfungskette. Inwiefern sie ihre Marktmacht gegenüber den Produzenten missbrauchen, ist sehr selten Gegenstand kartellrechtlicher Untersuchungen. Weltweit arbeiten schätzungsweise mehr als eine Milliarde Landwirte in 450 Millionen meist kleinen Betrieben, die zumindest nicht effektiv gegen diese Marktmacht von Saatgut- und Düngemittelkonzernen vorgehen könnten.
Den Stellenwert des Essens neu zu definieren, ist nicht nobel oder elitär, es ist nur vernünftig. Eine reiche Gesellschaft kann sich das leisten: Zuerst kommt die Moral, dann kommt das Fressen.
Bis hierher die SZ.
Nun der durch die Tutzinger Liste informierte Leser:
Profit muss sein, aber bitte endlich nachhaltig im Sinne der Erhaltung der Lebensgrundlagen.
Es ist eben nicht hinlänglich bekannt, welch enorme Schäden angerichtet werden. Die Industriebrachen in einigen europäischen Ländern und auch dort, wo TTIP mit den seltsamen Verwandten Ceta und Tisa den Ursprung hat, zeigen deutlichst, was das Ergebnis sein kann, wenn erwähnte Wertschöpfungsketten in einer Hand liegen. Und aus mündigen Bürgern Konsumenten werden, ohne dass diese die mit ihnen angestellte Mutation merken. Die in den verschiedenen Gesellschaften zu beobachtenden Verwüstungen durch den angelsächsischen Neoliberalismus werden wohl kaum vor den Landkreisgrenzen haltmachen.
Möge der Besuch im Roncalli-Haus sehr die Augen öffnen, die Ohren ebenfalls.
Bert Brecht lag bisher richtig: Erst das Fressen, dann die Moral.
HF