Es kommt inzwischen häufiger vor, dass dass Landratsamt Starnberg sich gegen Entscheidungen des Ausschusses stellt. So berichtet in der Sitzung des Bau- und Ortsplanungsausschusses (BOA) am 15.02.2022 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Der Ausschuss hatte am 19.10.2021 dem Antrag des Bauherrn auf Baugenehmigung und Befreiung von den Festsetzungen hinsichtlich der Dachneigung und Firstrichtung für sein Bauvorhaben im Benediktenweg 33 zugestimmt. Die Maßnahme bewegt sich hinsichtlich Grundfläche und Höhen innerhalb der geplanten Festsetzungen des aktuell gültigen und auch künftigen Bebauungsplans. Das Landratsamt (LRA) lehnte die erteilten Befreiungen ab, da ein Unterlaufen der Grundkonzeption bzw. der Grundzüge der Planung befürchtet werde (ungewollter Präzendenzfall). Dazu wies das LRA aber den Weg zur möglichen Zustimmung, nämlich die Streichung der Festsetzung der Firstrichtung aus dem aktuell rechtsgültigen Bebauungsplan Nr. 8 „zwischen Mozartstraße und Benediktenweg“ aus dem Jahr 1995 und die verkürzte Auslegung des geänderten Bebauungsplanentwurfs. Sofern mit der Auslegung keine Stellungnahmen bzw. Bedenken der Behörden oder Träger öffentlicher Belange vorgebracht würden, könnte das LRA dem Bauvorhaben Benediktenweg 33 zustimmen („Planreife“). Nach diesem pragmatischen Vorschlag billigte der Ausschuss einstimmig den Entwurf zur 4. Änderung des Bebauungsplan Nr. 8 samt Begründung in der Fassung vom 15.02.2022 und beauftragte die Verwaltung, das verkürzte Auslegungsverfahren durchzuführen.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Zum Antrag auf Anpassung der 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 79 „Siedlung Fischerbuchet“ für das Gebäude Ziegeleistraße 1 gab es zunächst einen Sachstandsbericht. Georg Stahl vom Planungsbüro Reinhart + Partner stellte für die Verwaltung das Vorhaben und die Hintergründe vor. Der Bebauungsplan sei schon seit einigen Jahren in Bearbeitung, wegen des durchlaufenden Kallerbachs gab es immer wieder Diskussionen mit dem Wasserwirtschaftsamt Weilheim. Nun scheine die Ertüchtigung des Bachlaufs durch eine neue Verrohrung ein Möglichkeit zu sein, die erhöhten Wassermengen aufzunehmen und abzuleiten, ohne dass es zu Überschwemmungen kommt. Von der Bebauung ist bislang nur das Ateliergebäude im Westen vollständig errichtet, das zweite Haus als kompakter Kubus nutzt das vorhandene Baurecht nur zu gut der Hälfte aus. Der Bauwerber hatte nun vier Varianten eingereicht, um sein Gebäude an der Westseite in einer komplexen Hangsituation zu erweitern. Hintergrund ist ein erhöhter Raumbedarf seines Unternehmens. Städtebaulich, so der Planer, seien die Varianten alle verträglich, der Straßenraum werde nach Süden arrondiert, es entstehe ein optischer Akzent zur Bahnlinie und die Vorgaben des Mischgebiets MI, hier eines Gewerbeanteils von 36%, würden eingehalten. Während in der Variante 2 die stufenförmigen Gebäudeteile den Hang hinunter im rechten Winkel zum Hauptgebäude stehen, ist der Winkel in der Variante 4 weiter geöffnet und die westliche Seite des Schenkel orientiert sich am Grenzverlauf zum Nachbarn. Einstimmig wurde dem Gemeinderat empfohlen zu beschließen, dass der Bebauungsplan auf der Basis der Varianten 2 und 4 weitergeführt und das Büro Reinhart + Partner damit beauftragt wird. Ferner soll mit dem Bauwerber ein städtebaulicher Vertrag zur Übernahme der Planungskosten abgeschlossen werden und das Verfahren an den Bau- und Ortsplanungsauschuss übergeben werden.
  • Vorgezogen wurde der Tagesordnungspunkt 8, der Bebaungsplan Nr. 78 „Ortszentrum Tutzing“, Teilbebauungsplan 4.1 „ehemaliger Andechser Hof“. Eingangs erklärte die Bürgermeisterin, sie unternehme alles, um die Gaststätte im Erdgeschoss und den Biergarten sicherzustellen. Bauamtsleiter Christian Wolfert ergänzte, eine Veränderungssperre sei erlassen, der Bebauungsplan erarbeitet, das Imissionsgutachten ergänzt. Der Entwurf in der Fassung vom 08.06.2021 war vom Gemeinderat gebilligt worden. Der gemeindliche Planer Prof. Florian Burgstaller erläuterte den aktuellen, überarbeiteten Entwurf. Generell seien Erdgeschoss, Obergeschoss und ausgebautes Dachgeschoss mit Dachgauben vorgesehen. Das leicht niedrigere rückwärtige Gebäude wurde planerisch gedreht und steht somit nicht parallel sondern senkrecht zur Schmiedgasse. Dadurch entstehe eine schöne Grünzone im Süden und hinsichtlich der Lärmsituation seien Wohnen und Biergarten besser getrennt. Dies sei durch das Lärmgutachten bestätigt, der Betrieb des Biergartens sei bis 23 Uhr problemlos möglich. Der Ausschuss billigte den überarbeiteten Entwurf und beauftragte die Verwaltung mit der erneuten Auslegung. Wenn man den Umfang der möglichen Bebauung beim ehem. Andechser Hof mit dem Bauvolumen vergleicht, das bei ehem. Edeka zugelassen wird, stellen sich Fragen, die sicher noch diskutiert werden.
  • Umfangreich war die Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen zum Bebauungsplan Nr. 91 „Seeuferbereich“, Teilbebauungsplan 4. Der gemeindliche Planer Martin Büscher erläuterte die Hinweise vom Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt, die in den Entwurf aufgenommen werden. Die umfassende Stellungnahme des hauptsächlich betroffenen Grundstückseigentümers im Sprungleitenweg 6  las er vor. Dieser wendet sich gegen die vorgenommen Festsetzungen. Aus dem Vortrag der beauftragten Anwälte ist zu erkennen, dass immer wieder die Vorschrift des § 34 BauGB herangezogen wird, der die Einfügung in die umgebende Bebauung zum Maßstab macht. Demgegenüber argumentiert die Verwaltung, dass die durch die Veränderungssperre gesicherten Ziele des künftigen Bebauungsplans und nachfolgend die städtebaulichen Ziele im dann neuen Bebauungsplan der Maßstab seien. Der § 34 BauGB sei ausschließlich eine Planersatzvorschrift, die hier nicht greife. Die Ausweisungswünsche des Eigentümers seien zum großen Teil berücksichtigt, eine weitere stärkere Verdichtung sei nicht beabsichtigt. Weitere Einwendungen anderer Grundstückseigentümer wurden ebenfalls abgewogen. Einstimmig beschloss der Ausschuss unter Einbeziehung der gefassten Beschlüsse den Bebauungsplan mit Begründung in der Fassung vom 15.02.2022 als Satzung.
  • Der Antrag auf Vorbescheid zur Teilaufstrockung des bestehenden Wohnhauses im Sprungleitenweg 6 wurde einstimmig abgelehnt. Zuvor hatte Bauamtsleiter Christian Wolfert erläutert, dass der Antrag nicht den Festsetzung des soeben als Satzung beschlossenen Bebauungsplans entspreche, die im Antrag gestellten Fragen also mit NEIN zu beantworten seien. Der gemeindliche Anwalt Dr. Volker Gronefeld ergänzte, das dem Antrag die Veränderungssperre entgegenstehe, bei deren Auslauf dann der Bebauungsplan. Im übrigen, so der Anwalt, diene der Antrag offensichtlich der Vorbereitung beabsichtigter Verwaltungsstreitverfahren.
  • Der Antrag auf Vorbescheid zur Umnutzung einer Schwimmhalle und einer Werkstatt in Wohnraum im Sprungleitenweg 6 wurde mit derselben Begründung wie der Antrag zur Aufstockung ebenso einstimmig abgelehnt. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre wurde nicht in Aussicht gestellt. Beide Anträge stünden im Widerspruch zu den Zielen des künftigen Bebauungsplans. Zur Vermeidung einer Riegelwirkung sollen die beiden Gebäude einen Abstand von 9 Meter zueinander haben.
  • Für die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 89 „Beringerheim“ wurden die eingegangenen Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligung behandelt. Die beauftragte Planerin Lydia Knözinger-Ehrl vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München nahm die Abwägung der Stellungnahmen von Behörden und Trägern öffentlicher Belange vor, die überwiegend Hinweise seien und weitgehend übernommen werden. Das Kreisbauamt hatte u.a. um die Konkretisierung der Höhenfestsetzungen und der Flächen gebeten. Auch das Wasserwirtschaftsamt hatte Ergänzungen im Hinblick auf die Niederschlagswasserbeseitigung gefordert, so die Möglichkeit einer Zisterne, um Niederschlagswasser aufzufangen und zu nutzen, was im Bebauungsplan eingearbeitet wird. Auch müsse die unterirdische Wasserleitung im Westen geschützt werden. Nachdem der Flächennutzungsplan am 05.10.2021 festgestellt wurde, komme es nun nachfolgend im Bebauungsplanentwurf zu einer Erweiterung des Geltungsbereichs für den Hort im Wald. Festgesetzt werde innerhalb der Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kinderbetreuung eine Grundfläche von 120 m² und eine Wandhöhe von max. 4,2 Meter. Als Ausgleichsfläche diene eine Streuobstwiese auf dem Areal des Beringerheims. Die Baugrenze um die denkmalgeschützte Villa werde etwas erweitert, nachdem die Überdachung der Außentreppe im Norden genehmigt wurde. Die Abstandsflächen werden nun durch die Baugrenzen i.V.m. den Höhenfestsetzungen geregelt, als Abweichung von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung. Auf meine Frage, ob den auf dem Gelände in Zukunft auch ein Waldkindergarten möglich sei, wie eine Vertreterin des Arbeiter-Samariter-Bunds perspektivisch aufgezeigt hatte, wies die Planerin darauf hin, dass allgemein Kinderbetreuung zulässig wäre. Einzig die festgelegte Fläche könnte hier ein limitierender Faktor sein. Unter Einbeziehung der genannten Beschlüsse billigte der Ausschuss einstimmig den Entwurf des Bebauungsplans in der Fassung vom 15.02.2022 und beauftragte die Verwaltung, das weitere Auslegungsverfahren durchzuführen.
  • Die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 32 „Mittelfeld“ für das Grundstück Mitterfeld 2 war vom Ausschuss in der Fassung vom 23.11.2021 gebilligt worden. Die in der nachfolgenden Auslegung eingegangenen wenigen Stellungnahmen führten nur zu kleinen Anpassungen in den Festsetzungen. Dem Landratsamt gefalle nicht die Entscheidung der Gemeinde für eine flache Dachneigung mit Gauben („gestalterisch unbefriedigende Gauben“), die Gemeinde halte jedoch an ihrem Beschluss fest, nachdem die Gestatung der Dachlandschaft im Ausschuss intensiv dikutiert worden war. Einstimmig – ohne den wegen Befangenheit ausgeschlossenen Ratskollegen Dr. Ernst Lindl – billigte der Ausschuss den Entwurf samt Begründung in der Fassung vom 15.02.2022 und beauftragte die Verwaltung, eine erneutes Auslegungsverfahren durchzuführen.
  • Zum Antrag auf Baugenehmigung zum Teilabbruch des bestehenden Gebäudes und Neubau eines Doppelhauses in der Weilheimer Straße 12 in Traubing hatte der Bauwerber drei Varianten eingereicht, die alle nicht richtig überzeugen konnten. Anmerkungen der Ratsmitglieder bezogen sich auf vermeidbare Dreigeschossigkeit, die unterbrochene oder einheitliche Firstlinie und mögliche Abgrabungen. Gewünscht wurde für das im Norden des Butlerhofs gelegene Gebäude auch eine Optik, die einem landwirtschaftlichen Gebäude angepasst sei. Einstimmig wurde dem Antrag das gemeindliche Einvernehmen versagt mit dem Hinweis, die Verwaltung möge Gespräche führen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen.
  • Bei dem Antrag auf Vorbescheid für den Neubau eines Einfamilienhauses in der Langestraße 9 ging es um ein zweites Haus, das auf dem Grundstück von 1.202 m² grundsätzlich möglich wäre. In einem analogen Fall in der Nachbarschaft hatte das Landratsamt ein zweites Haus verweigert mit der Begründung, dieses würde jenseits der Baulinie liegen. Auf Anfrage der Verwaltung, wiederholte das Landratsam im konkreten Fall seine Einstellung, dass die vorhandene Bebauung eine gewisse Bautiefe vorgeben würde, die durch das geplante Gebäude überschritten werde, so dass das Vorhaben unzulässig sei. Das Satellitenfoto zeigt zudem, dass das neue Gebäude bei abfallendem Gelände sehr nah an das begrünte Ufer des Kallerbachs rücken werde. Mehrheitlich wurde beschlossen, den Antrag abzulehnen.

 

 

 

 

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