Die Zweitwohnungssteuer für ein seltenes Luxusobjekt in Tutzing wurde für die Jahre ab 2018 bislang nicht erhoben! Dies konnten die Gemeinderatsmitglieder dem Vortrag des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses (RPA), Dr. Ernst Lindl, entnehmen. In der Sitzung des Gemeinderats am 08.06.2021 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald stand der Bericht über die örtliche Prüfung der Jahresrechnung 2019 auf der Tagesordnung.

Der Rechnungsprüfungsausschuss, dem ich angehöre, hatte sich im Dezember 2020 zu drei Sitzungen getroffen und die Prüfung nach der Gemeindeordnung durchgeführt. Erster Punkt waren die im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt ausgewiesenen ungedeckten genehmigungspflichtigen Hausdhaltsüberschreitungen, das sind über- und außerplanmäßige Ausgaben. Die Überschreitungen in Hauptamt, Kämmerei und Liegenschaftsamt, insgesamt 1,3 Mio. Euro, seien begründet, ordentlich gebucht und von den Ausschüssen genehmigt. Als wesentliches Thema führte Dr. Lindl die Zweitwohnungssteuer an. Sie beträgt seit dem 1.1.2018 lt. der neuen Satzung 12% der Jahresnettokaltmiete und ist für gemietete Zweitwohnungen einfach zu ermitteln. Bei Zweitwohnungen im Eigentum stütze sich die Erhebung der Steuer durch die Gemeinde auf ein Gutachten, zuletzt erstellt im Jahr 2018. Nicht enthalten in diesem Gutachten seien jedoch seltene Luxusobjekte, hier sei die Bemessungsgrundlage schwierig zu ermitteln. Die Gemeindeverwaltung könne schätzen, es bestünde aber die Gefahr eines Rechtsstreits. Es gäbe Überlegungen, das aktuelle Gutachten zu ergänzen, um die Steuer auch für diese Objekte zu erheben und so Steuergerechtigkeit herbeizuführen. In einem Objekt sei die Steuer nur für 2017 (Anmerkung: nach alter Satzung mit einem Steuerhöchstbetrag von 7.200 Euro) erhoben worden, also nicht für 2018 und das Berichtsjahr 2019 sowie die Folgejahre 2020 und 2021. Dieses Objekt gehöre zu der exklusiveren Sorte. Dazu wurde ein Spezialgutachten angefragt. Der Gutachter habe jedoch mitgeteilt, er habe in diesem Fall keine Basis für ein Gutachten. Die Verwaltrung, so Dr. Lindl, arbeite hier an einer Lösung, es sei nichts verjährt.

Weiterer Punkt – ohne Beanstandungen – war die Überprüfung des Vollzugs von zahlungsrelevanten Gemeinderatsbeschlüssen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Ausgaben wurden die Kosten der Bauleitplanung und hier die Rechtsanwaltskosten überprüft. Aus Sicht des RPA seien die Honorarabrechnungen nachvollziehbar und plausibel. Es wurde angeregt, von den Anwälten zukünftig Stundenaufstellungen einzufordern. Unter dem Prüfungspunkt „Vermögensgegenstände“ wurde festgestellt, dass sich der Zustand der gemeindlichen Immobilien verbessert habe. Wichtig sein weiterhin die Überprüfung des Miet- und Pachtverträge gemeindlicher Immobilien durch die Verwaltung und den Haupt- und Werkausschuss. Insgesamt. so Dr. Lindl. habe es keine westlichen Beanstandungen gegeben, die Anmerkungen würden im Hauptausschuss aufgenommen und bearbeitet. Anschließend stellte der Gemeinderat einstimimg bei Enthaltung der Bürgermeisterin die Jahresrechnung 2019 fest und erteilte der Bürgermeisterin Entlastung. Die überplanmäßigen Ausgaben wurden genehmigt – mit der Stimme der Bürgermeisterin. Aus der Mitte des Gemeinderats gab es die Empfehlung, die Ausgaben für die Sanierung der Mittelschule anzuschauen.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Zum Bebauungsplan Nr. 78 „Ortszentrum Tutzing“, Teilbebauungsplan 4.1 „ehem. Andechser Hof“ trug in der Abwägung Bauamtsleiter Christian Wolfert summarisch die Stellungsnahmen der verschiedenen Behörden vor. Der gemeindliche Anwalt Dr. Volker Gronefeld führte um Immissionsschutz aus, dass der schalltechnischen Untersuchung im Auftrag der Gemeinde eine unzutreffende Betriebsbeschreibung zugrundegelegen habe, dass Gutachten sei in der Folge widersprüchlich gewesen. Das Gebiet werde nun als urbanes Gebiet ausgewiesen, um mit Konflikten hinsichtlich des mögliches Lärms besser und mit der Mischung von Gewerbe und Wohnen freier umgehen zu können. Ziel ist der Betrieb der Gaststätte und des Biergarten nach Maßgabe der Bayerischen Biergartenverordnung, also bis 23 Uhr. Der gemeindliche Planer Prof. Florian Burgstaller führte zur Planung weiter aus, dass das Rückgebäude im Westen des Grundstrücks giebelständig zur Schmiedgasse vorgesehen sei, mit der Ausrichtung der Wohnräume nach Süden. Dadurch würde eine offenere Situation geschaffen und ein schöner Grünbereich im Süden des Grundstücks ermöglicht. Der Gemeinderat billigte unter Einbeziehung der Beschlüsse einstimmig den Planungsentwurf in der Fassung vom 08.06.2021 und beauftragte die Verwaltung mit der erneuten Auslegung.
  • Um den vorstehenden Bebauungsplan erfolgreich zum Abschluss zu bringen und später als Satzung zu beschließen, wurde einstimmig eine Veränderungssperre beschlossen. Die planerischen Ziele sind (1) Sicherung des gastronomischen Betriebs Andechser Hof mit Biergarten auf Dauer, (2) Bewältigung der Konflikte von Wohnen und Gaststättenbetrieb im Planbereich, (3) Trennung von Wohnen und gastronomischer Nutzung durch Trennung der Nutzungsbereiche mittels Sicht- und Grünachsen, (4) grünordnerische Aufwertung des Planbereichs und (5) Behebung städtebaulicher Missstände auf dem Grundstück Fl. Nr. 67 entlang der Schmiedgasse durch Ausweisung eines Baufensters für den Ersatzbau eines Wohn- und Geschäftshauses unter Berücksichtigung des vorhandenen genehmigten Baurechts.
  • In der Folge wurde der Antrag auf  Vorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit einer Gewerbeeinheit im westlichen Teil des Grundstücks einstimmig abgelehnt, weil das verfolgte Vorhaben den durch den Erlass der Veränderungssperre gesicherten Zielen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 78 „Andechser Hof“ Teilbereich 4.1 widerspricht. Gemeinderat Georg Schuster war wegen persönlicher Beteiligung von den Abstimmungen zum Andechser Hof ausgeschlossen (§ 49 Gemeindeordnung).

Unter Mitteilungen und Anfragen, Verschiedenes berichtete die Bürgermeisterin, dass die Toiletten am Fischergassl nun endlich fertiggestellt seien. Für die Möglichkeit, dort Chemietoiletten zu entsorgen, gebe es bereits Hinweise in einschlägigen Apps. Ein gleichartiger Ausguss solle nun auch am Südbad hergestellt werden, auch für dort parkenden Wohnmobile. Die Wohnungen am Kallerbach würden in der ersten Julihälfte bezogen werden; alle Wohnungen seien vergeben. Für das laufenden Jahr seien keine Besuche zwischen den Partnerstädten geplant. Aus den Reihe der Gemeinderatsmitglieder werde jemand gesucht, der zukünftig die Koordnination übernimmt. Geschäftsleiter Marcus Grätz berichtete von weiteren Lockerungen der Corona-bedingten Einschränkungen: die Vereinsräume seien wieder geöffnet, ebenso die Turnhallen. Lediglich der Buttlerhof sei noch bis einschl. Juli geschlossen. Auf einen Hinweis, dass es südlich des Vetterlhauses keine Möglichkeit mehr gebe, die Hauptstraße sicher zu überqueren, reagierte die Verwaltung inzwischen und erklärte, dass vor dem Gymnasium zeitnah eine provisorische Fußgängerampel aufgestellt werde. Ratskollege Florian Schotter berichtete von der erfolgreichen Spendensammlung „Tutzing hilft im Mittelmeer“: insgesamt seien knapp 80.000 Euro zusammengekommen. Am Freitag, 18.09.2021, 19:30, würde im Roncallihaus über die Verwendung der Spenden öffentlich berichtet.

 

2 Replies to “GR: Bericht über die Prüfung der Jahresrechnung 2019”

  1. Zu dem WC Häusl ist grundsätzlich zu sagen, dass es zwar hübsch aussieht, aber die Situation für Besucher verschlechtert hat.

    Herren müssen sich für ein großes Geschäft jetzt mit den Damen an einer Toilette anstellen, nachdem die Herrentoilette einer unsinnigen Entsorgungsstation zum Opfer gefallen ist. Wohnmobile können aber kaum und sollen auch nicht hin fahren. Die wenigen in Frage kommenden Bordtoiletten könnte man auch in eine normales WC kippen.

    Ebenfals frage ich mich ob es im Sinne einer „klammen“ Gemeinde ist hier 160.000 € auszugeben und solchen Aufwand zu treiben. Z.B. elektische Türschlösser deren Bedienung (Drücken und dann Ziehen) man dann noch mit einem hässlichen Aufkleber auf der Tür erklären muss.

    Hier wäre einfach mehr gewesen.

  2. In unserem Artikel zur Wiedereröffnung der Toilettenanlage am Fischergassl gehen wir wohl irrtümlich davon aus, dass die Entsorgungsstation lediglich Bootsanliegern dienen soll. Ein Leser kommentiert: „In den einschlägigen Wohnmobil Apps und Foren ist das schon als Entsorgungsstation gelistet. Und es fahren auch schon Wohnmobile die enge Strasse runter um dort zu entleeren. Nun verweist auch die Bürgermeisterin auf „einschlägige Apps“. Wir fragen uns, wie das mit den Wohnmobilen in der Marienstraße gehen soll: Kaum Parkplätze, enge Wendemöglichkeit und sowieso nur Anliegerverkehr am Ende erlaubt. Wir haben bei der Verwaltung nachgefragt und werden berichten.

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