Die Präsentation von Dr. Christian Kühnel, Kreisbaumeister, und Johanna Leiß, Fachbereichtsleiterin im Kreisbauamt Starnberg, war für die neuen Kolleginnen und Kollegen als auch für mich eine wertvolle Nachhilfe im Baurecht in der Sitzung des Bau- und Ortsplanungsausschuss (BOA) am 20.10.2020 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Auch zu Beginn meiner ersten Amtsperiode hatte es für die neuen Mitglieder des Gemeinderats eine Privatstunde mit Dr. Kühnel gegeben. Unterlegt mit konkreten Beispielen ging es doch um das Grundsätzliche. Dem Anspruch des Bürgers auf Genehmigung stehe die Verpflichtung der Verwaltung zur Ablehnung gegenüber, wenn der Bauantrag die Vorschriften und Regeln nicht einhalte, sich also nicht innerhalb des „mathematisch-juristischen Korsetts“ bewege. Die Kommune sei eine Genehmigungs- und keine Ablehnungsbehörde. Wie schon in 2014 wies Dr. Kühnel darauf hin, das ein Bebauungsplan immer besser sei als die Entscheidung nach § 34 BauGB, wo es um die Einfügung des Bauvorhabens gehe. Hier seien Referenzobjekte aus der näheren Umgebung heranzuziehen und die „Fünf-Finger-Regel“ anzuwenden, wie Johann Leiß ergänzte. Das Vorhaben müsse in Länge, Breite, Wandhöhe, Firsthöhe und Geschossigkeit vergleichbar sein.Wenn Bebauungspläne erarbeitet werden, so Dr. Kühnel, sei es besser, bei den Festsetzungen großzügig zu sein und dann aber auch dabei zu bleiben, also keine Befreiungen zu erteilen. Denn jede Befreiung ziehe eine weitere nach sich.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Der Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Lagergebäudes mit Betriebswohnung in der Feldafinger Straße in Traubing wurde gegen eine Stimme abgelehnt. Wieder abgelehnt, denn hier kann ich aus meinem Bericht von der Ausschusssitzung am 23.01.2018 zitieren: „… wurde aufgrund der Außenbereichslage und der Gefahr der Verfestigung der Splittersiedlung im Bereich Gartenstraße / Feldafinger Straße abgelehnt. Das Ergebnis ist rechtens, aber unbefriedigend. In der Vergangenheit sind bereits mehrere Anträge für Bauvorhaben mit der immer gleichen Begründung abgelehnt worden. Das kann kein Dauerzustand sein, zumal das involvierte Verwaltungsgericht in 2015 darauf hingewiesen hatte, dass aufgrund der vorhandenen genehmigten Bebauung in diesem Bereich über eine künftige Außenbereichssatzung nachgedacht werden sollte. Ratskollege Dr. Reiter ergänzte, dass in der vorhergehenden Amtsperiode des Gemeinderats im Zusammenhang mit einem Einheimischenmodell eine Außenbereichssatzung erwogen worden sei. Tatsächlich ist hier also nichts passiert. Unbefriedigend ist aber auch, dass hier die wirtschaftlichen Implikationen nicht gewürdigt worden sind. Hinter dem Antrag zur Errichtung einer Gewerbehalle ist ein gewerblicher Interessent bzw. Mieter zu vermuten. Neben der Erhöhung der Grundsteuer auf das dann bebaute Grundstück stehen also auch mögliche Gewerbesteuereinnahmen im Raum. Ich plädierte dann sehr dafür, dieses Dreieck von Feldafinger Straße, Gartenstraße und B 2 zu entwickeln, d.h. zum außenliegenden Innenbereich erklären zu lassen. Dies sei, so Ratskollege Peter Stich, schon früher einmal vergeblich versucht worden. Kein Grund, das nicht erneut anzufassen.“ Es bleibt also beim planungsrechtlichen Außenbereich, in dem ohne eine Privilegierung nicht gebaut werden darf. Die Splittersiedlung soll nicht verfestigt werden.
  • Der Antrag auf Vorbescheid zum Umbau eines bestehenden Wohngebäudes in der Kustermannstraße 65 in Obertraubing wurde vorbehaltlich einer zu sichernden Erschließung zugestimmt. Das zum Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Gebäude soll in Teilen zurück- und im Inneren umgebaut werden. Die sehr differenzierten Fragen nach der Zulässigkeit einzelner Teilarbeiten wurden bejaht. Die Frage nach der Pferdehaltung verneint, denn da ist das Landratsamt zuständig. Hinsichtlich der Erschließung hatte die Verwaltung festgestellt, dass der Zuweg eine Privatstraße im Besitz der Gemeinde ist, der Eigentümer müsse einen entsprechenden Antrag stellen.
  • Der Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage in der Simone-Ferber-Straße 12 wurde einstimmig abgelehnt, die vom Bauwerber gestellten Fragen verneint. Für das Gebiet wird derzeit ein Bebauungsplan Nr. 91, Teil 3, „Seeuferbreich“, aufgestellt. Die Planungsziele sehen vor, das die lockere Baustruktur am See mit villenartigen Gebäuden mit maximal zwei Wohneinheiten erhalten bleibt, es also nicht zu einer Nachverdichtung kommt. Darüber hinaus sind Grünflächen entlang der Grundstücksgrenzen und Sichtachsen vorgesehen.
  • Der Antrag auf Ausnahme von den Festsetzungen des Bebbauungsplans Nr. 45 „Tutzing Nordwest – westlich der Traubinger Straße, Teilbebauungsplan „Heimgartenstraße“, für die Errichtung eines Balkons (von 7,28 m²) wurde einstimmig genehmigt. Es handelt sich also nicht um eine Befreiung von den Festsetzungen sondern um eine Ausnahme. Der Ausnahmetatbestand, nämlich Überschreitung der Grundflächenzahl GRZ, war bereits im Bebauungsplan enthalten.
  • Der Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 19 „Buchengraben“ für ein Gebäude in der Hofmairstraße 25a wurde gegen eine Stimme genehmigt. Hier ging es um eine Pergola, die die angegebene Baugrenze überschreitet. Ohne den Bebauungsplan wäre die Pergola verfahrensfrei zu errichten gewesen.
  • Beim Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 78 „Ortszentrum“, Teilbebauungsplan 1 zur errichtung eines Einfahrttores in der Oskar-Schüler-Straße 1 ging es darum, dass im Bebauungsplan aus 2015 Einfriedungsregelungen fehlten. Die temporäre Befreiung für die Errichtung einer Hecke sollte nach den Wünschen in eine dauerhalfte Befreiung umgewandelt werden. Wer die ortlichen Verhältnisse kennt, sieht leicht, dass dort kein Platz für eine Hecke ist. Die Befreiung erfolgte einstimmig. Zusätzlich beantragte der Bauwerber ein anthrazitfarbenens Einfahrtstor mit einer Höhe von 1,80 Metern. Dies erforderte die Erteilung einer Befreiung von dem lt. Ortsbausatzung erforderlichen Stauraum von 5 Metern vor dem Stellplatz. Diese Befreiung wurde mehrheitlich gegen zwei Stimmen erteilt unter der Bedingung, dass ein funkgesteuertes Tor realisiert wird.
  • Die Bauvoranfrage zur Beseitung der bestehenden Gebäude und zum Neubau zweier Wohngebäude mit je zwei Wohneinheiten und Garagen in der Bayernstraße 6 und 8 in Traubing wurde mehrheitlich gegen zwei Stimmen positiv beantwortet. Es ging darum, dass zwei erdgeschossige verbundene Bungalows abgerissen und an deren Stelle zwei jeweils zweigeschossige Einzelhäuser errichtet werden. Die Verwaltung hatte entsprechende Referenzobjekte dargestellt. Befürwortet wurde die Variante mit schmaleren Gebäuden und damit mehr Abstandsflächen.

Unter Mitteilungen und Anfragen, Verschiedenes war es der Bürgermeisterin wichtig zu erklären, dass die Regeln zum Umgang mit Befangenheit in Gemeinderat und Ausschüssen exakt eingehalten werden. Sie nahm dabei Bezug auf eine öffentliche Aussage einer Gemeinderatskollegin, die zumindest missverständlich war.

 

 

 

 

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