In der Sitzung des Gemeinderats (GR) am 7. Februar 2023 unter der Leitung der 1. Bürgermeisterin Marlene Greinwald wurden der Haushalt 2023 sowie die Finanzplanung 2024-2026 einstimmig genehmigt. Vorangegangen waren intensive Beratungen im Haupt-, Finanz- und Werkausschuss (HFWA) im Januar 2023.

Die Kämmerin hatte der Gemeinde mit ihren Mitarbeitern sowie den inhaltlichen Beiträgen der Fachabteilungen zunächst einen nicht ausgeglichenen Haushalt mit einem Fehlbetrag von rd. 0,9 Mio. Euro zur Beratung vorgelegt. Damit musste der Haushalt in einer intensiven Sitzung durchgearbeitet werden; an zahlreichen Stellen musste gespart werden; Verschiebungen und Kürzungen waren erforderlich, um den Ausgabenüberhang zu reduzieren. Ganz ist es nicht gelungen, so dass der verbleibende Fehlbetrag in Höhe von 520.400 Euro aus der Rücklage entnommen werden muss. Das Werk umfasst insgesamt 376 Seiten. Zusätzliche Grafiken und tabellarische Übersichten erleichterten den Ausschussmitgliedern den Einstieg. Antworten auf offene Fragen wurden nachgereicht; zur Verabschiedung stand dadurch in diesem Jahr eine überarbeitete Version mit entsprechend zahlreichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf.

Auch der Haushalt 2023 zeigt die strukturelle Einnahmelücke und den nach wie vor engen finanziellen Spielraum der Gemeinde mit unverändert hohem Bedarf an Instandhaltungen und Investitionen. Die nachstehenden Ausführungen erläutern die einzelnen Haushaltsbereiche wie folgt:

Verwaltungshaushalt 2023

Der Verwaltungshaushalt 2023 zeigt geplante Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 25.588.800 Euro und ist damit gegenüber dem Vorjahr um rd. 1,6 Mio Euro gestiegen. In den Einnahmen enthalten ist eine Entnahme aus den Rücklagen („umgekehrte Zuführung vom Vermögenshaushalt“) in Höhe von 520.400 Euro. Das haben wir so zuletzt vor zwei Jahren gesehen. Vor Beginn meiner Tätigkeit als Gemeinderat 2014 hatte es das aber bei verabschiedeten Haushalten schon mehrmals gegeben, die jeweilige tatsächliche Entwicklung machte dann die Rücklagenentnahme obsolet. Das ist nicht garantiert! Zur Erinnerung: grundsätzlich muss im Verwaltungshaushalt ein Überschuss erwirtschaftet werden, der dann dem Vermögenshaushalt zugeführt wird; dieser Überschuss sollte deutlich über dem Mindestbetrag liegen, das sind die geplanten Kredittilgungen (in 2023: 141.596 Euro). Der finanzielle Spielraum ist somit in diesem Jahr nicht nur nicht groß, er ist nicht vorhanden! Gleichwohl muss die Gemeinde eine Vielzahl von Pflichtaufgaben erfüllen. Darüber hinaus gibt es in nicht geringem Umfang freiwillige Leistungen.

Auf der Einnahmenseite sind es hauptsächlich die Steuereinnahmen: Größter Einzelposten auf der Einnahmenseite ist die Einkommensteuerbeteiligung, die nach 7,9 Mio. Euro in 2022 für das Jahr 2023 mit 8,5 Mio. Euro höher angesetzt wurde. Hervorzuheben ist die Gewerbesteuer, die mit einem Ansatz von 6,5 Mio. Euro bei unverändertem Hebesatz von 300% vorsichtig budgetiert ist. In 2022 sind voraussichtlich rekordverdächtige 7,6 Mio. Euro vereinnahmt worden. Die Hebesätze der Grundsteuer A und B liegen nach der Erhöhung im Jahr 2021 unverändert bei 330% bzw. 340% erhöht. Auf der Basis eines neuen Gutachtens, das seit letztem Jahr auch die Erfassung besonderer Objekte umfasst, ist die Zweitwohnungssteuer – sozusagen für ein Normaljahr – mit 240.000 Euro angesetzt. Zusammen mit weiteren Steuerbeteiligungen und Finanzzuweisungen ergeben sich budgetierte Einnahmen von rd. 18,6 Mio. Euro.

Tutzings Steuerkraft je Einwohner ist weiter gestiegen und erreicht 2023 den Betrag von 1.464 Euro – nach 1.279 Euro im Vorjahr. Angesichts der gestiegenen Steuerkraft wird es im Jahr 2023 keine Schlüsselzuweisung mehr geben. Zur Erklärung: Über die Schlüsselzuweisungen beteiligt der Freistaat finanzschwache Kommunen und Landkreise an seinen Steuereinnahmen.

Die Finanzkraft der Gemeinde mindert die Kreisumlage. Sie ist deutlich erhöht mit rd. 8,0 Mio. Euro der größte Ausgabenposten des Haushalts. Das ist eine Steigerung gegenüber 2022 um fast 1,6 Mio. Euro! Die Steigerung ist zweifach: erstens hat sich als Bemessungsgrundlage die Umlagekraft unserer Gemeinde durch höhere Steuereinnahmen erhöht; zweitens hat der Kreistag beschlossen, den Umlagesatz von 50,2% auf 53,55% heraufzusetzen. Die Erhöhung ist im Wesentlichen durch gestiegene Kosten und erweiterte Aufgaben des Landkreises begründet. Die Personalkosten liegen mit 5,2 Mio. Euro um 2,5% über dem Ansatz des Vorjahres. Eingerechnet sind vorgegebene Tariferhöhungen, Leistungszulagen und Höhergruppierungen.

Die Ausgaben für Schulen, Kultur und Soziale Sicherung (einschl. Kinderkrippen, -gärten und -horte) umfassen 6,2 Mio. Euro, das sind gut 24% des Haushalts. Werden Beitragseinnahmen und Entgelte sowie Zuschüsse dagegen gerechnet, verbleiben immer noch 3,5 Mio. Euro oder ein knappes Drittel des “Netto-Haushalts”. Die Zuschüsse an die Vereine und soziale Einrichtungen sind budgetiert. Hier zeigt sich die Gemeinde konstant und verlässlich.

Vermögenshaushalt 2023

Das gestalterische „Spielfeld“ des HFW-Ausschusses ist der Vermögenshaushalt, hier können Prioritäten gesetzt werden. Er zeigt für 2023 ein Volumen von 6.722.000 Euro, das sind rd. 4 Mio. weniger als im Vorjahr. Es sind Investitionen in Höhe von rd. 6,0 Mio. Euro geplant, davon 5,0 Mio. Euro für Baumaßnahmen. Wesentliche Positionen sind (Euro):

  • Erneuerung Hauptstraße (600.000)
  • Brückensanierungen (580.000)
  • Wasserleitung Hauptstraße und alte Traubinger Straße (410.000)
  • Dachsanierung Würmseehalle (350.000)
  • Kosten der Auslagerung des Betrieb der Mittelschule Tutzing (273.000)
  • Umsetzung der Planung für den Friedhof in Traubing (220.000)
  • Erneuerung der Heizung in der Grundschule Traubing (160.000)
  • Verbesserung der Verkehrsführung an der Heinrich-Vogl-Straße (160.000)
  • Arbeiten an den Brunnen Pfaffenberg und Kerschlach (130.000)
  • Anbau an das Waldorfkinderhaus für eine Waldgruppe (100.000)

Investitionen, die nicht Baumaßnahmen bedeuten, also rd. 1 Mio. Euro, betreffen den Ausbau der Breitbandversorgung. Für die genannten Investitionen reichen die Einnahmen des Vermögenshaushalts aus Investitionszuweisungen, Zuschüssen oder Erschließungsbeiträgen bei weitem nicht. Sie decken mit rd. 2,9 Mio. Euro nur rd. 43% der geplanten Ausgaben. So stehen auf der Einnahmenseite weiter Einnahmen aus der Veräußerung von gemeindlichen Immobilien in Höhe von 0,4 Mio. Euro sowie insbesondere die Entnahme aus der Rücklage (2,4 Mio. Euro).

Zusätzlich ist eine Kreditaufnahme für 2023 in Höhe von 1 Mio. Euro geplant, um die Ausgaben des Vermögenshaushalts finanzieren zu können.  Die Schulden der Gemeinde werden nach der Regeltilgung zum Jahresende 2023 bei 2,2 Mio. Euro erwartet. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde von 225 Euro läge dann immer noch deutlich unter dem bayerischen Landesdurchschnitt von 765 Euro, wie die Kämmerin ausführte. Von den Schulden entfallen 0,3 Mio. Euro auf die Wasserversorgung. Diese sog. “rentierlichen” Schulden werden über die Wassergebühren getilgt.

Die Allgemeinen Rücklagen der Gemeinde beliefen sich zum Jahresende 2022 noch auf 4,9 Mio. Euro. Hier hat im Jahr 2022 ein deutlicher Abbau stattgefunden, um Investitionen zu finanzieren. Nach der vorgesehenen Entnahme im laufenden Jahr sollen die Rücklagen nur noch rd. 2,6 Mio. Euro zum Jahresende 2023 betragen.

Mittelfristige Finanzplanung 2024 – 2026

Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2024 – 2026 zeigt einen leicht ansteigenden Verwaltungshaushalt. Weitere Entnahmen aus der Rücklage sind in der Planung nicht vorgesehen. Jedoch können in den Jahren 2024 – 2026 wieder Zuführungen vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt erfolgen. Der Vermögenshaushalt sinkt deutlich auf 2,5, dann 2,6 und schließlich auf 2,3 Mio. Euro und damit die Höhe der Investitionen.

Im Zentrum steht das Großprojekt der Sanierung der Hauptstraße. Für dieses Großprojekt sind insgesamt 1,2 Mio. Euro eingestellt, zusätzlich zu den 0,6 Mio. Euro in 2023. Ebenso eingestellt sind die entsprechenden Beträge für die die Anschaffung einer Drehleiter für die Feuerwehr Tutzing (850.000 Euro), für die Errichtung eines Aufzugs für den barrierefreien Zugang im Rathaus (250.000 Euro), für die Dacheindeckung bei der Feuerwehr in Traubing (200.000 Euro) und ein Betrag von 1 Mio. Euro für die Änderung der Dachform der Würmseehalle. Berücksichtigt sind auch die Kosten der Auslagerung des Schulbetriebs der Mittelschule (455.000 Euro).

Zur Finanzierung der mittelfristig geplanten Ausgaben im Vermögenshaushalt werden außer den eigenen Einnahmen Kreditaufnahmen von insgesamt 0,4 Mio. Euro erforderlich sein, um den Vermögenshaushalt dieser Jahre auszugleichen. Der Schuldenstand verändert sich  planmäßig nach jährlicher Regeltilgung auf dann rd. 2,2 Mio. Euro Ende 2026, was keine Erhöhung bedeutet.

Anmerkungen zum Haushalt:

  1. Steuereinnahmen gestiegen – die Umlagen leider auch
    Die budgetierten Steuereinnahmen sind allesamt gestiegen, zusammen mit allgemeine Zuweisungen sind das 18,6 Mio. Euro. Das ist mehr als für 2022 angenommen und mehr als die 17,4 Mio. Euro in 2021. Die Freude ist keine echte, denn der Landkreis greift der Gemeinde mit der stark erhöhten Kreisumlage mächtig in die Tasche. Ein stattlicher Betrag von 8 Mio. fließt da ab, eine Steigerung von 1,55 Mio. gegenüber 2022. Am Ende müssen wir 0,5 Mio. Euro aus unserer Rücklage entnehmen, um den Verwaltungshaushalt zu decken. Entsprechend steht bei der Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit nach noch rd. 3 Mio. Euro in 2021 für das laufende Jahr ein Verlust! bleibt die Tatsache, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer immer noch zu gering sind! Nur durch weiter steigende Einnahmen bei der Gewerbesteuer kann es uns gelingen, den finanziellen Spielraum der Gemeinde deutlich zu erhöhen.
  2. Investitionen – nur Pflicht, keine Kür
    Natürlich wird die Gemeinde weiter investieren. Ein Betrag von 6 Mio. Euro ist dafür vorgesehen, davon 5 Mio. Euro für Baumaßnahmen. Die Liste, von der Bürgermeisterin selbst vorgetragen, enthält im Wesentlichen nur Notwendigkeiten, also Maßnahmen, die die gemacht werden müssen: Erneuerung Hauptstraße und dazu die Wasserleitungen, Errichtung/Sanierung an den Brunnen Pfaffenbergrinne und Kerschlach. Dachsanierung Würmseehalle und so weiter. Das ist keine Kür. Aber auch zwei kleine Projekte sind budgetiert. Die Verbesserung der Verkehrsführung in der Bahnunterführung an der Heinrich-Vogl-Straße. Das haben wir als TL etwas beschleunigen können. Nach Planung und Vermessung geht es nun an die Ausführung der gefundenen Lösung. Dafür sind 160.000 Euro budgetiert. Dazu soll im Waldorfkinderhaus ein Anbau für eine Waldgruppe entstehen. Die Gemeinde beteiligt sich daran mit 100.000 Euro.
  3. Finanzierung Mittelschule nicht in der Finanzplanung enthalten
    Die Finanzierung Mittelschule (nicht enthalten in der mittelfristigen Finanzplanung 2024 – 2026!) wird ein Thema für die nächsten drei Jahre bleiben. Nach Überplanung sowie Ergänzung um eine Mensa für die Ganztagsklassen steht hier ein Bedarf von über 20 Mio. im Raum. Netto, das heißt nach Abzug von Fördermitteln und Beteiligung der Nachbargemeinden müssen immerhin noch rd. 12 Mio. Euro finanziert werden. Für die Durchführung dieses großen Projekts hat die Gemeinde einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen, sich sozusagen ein Bauamt auf Zeit eingekauft. Dabei wird auch die Zwischenfinanzierung übernommen. Am Ende aber muss die Gemeinde den Rest, geschätzt eben 12,0 Mio. Euro bezahlen. Dafür hatte das Landratsamt verlangt, dass die Gemeinde das Grundstück mit der Kustermannvilla quasi verpfändet. Sollte die Gemeinde keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten finden, müsste die Kustermannvilla verkauft werden, das wollen wir natürlich vermeiden. Neben der Ansparung einer Sonderrücklage (keine Zuführung in 2023 geplant!)und der Aufnahme von Krediten prüft der Gemeinderat mit der Verwaltung alternative Wege, auch die Vermögensumschichtung. Das bedeutet den Verkauf von anderen Immobilen der Gemeinde. Dafür ist ein Arbeitskreis eingesetzt worden.
  4. Trotzdem an die Zukunft denken
    Es bleibt also festzuhalten, dass die strukturelle Einnahmelücke bleibt, und dies eben trotz der erhöhten Steuereinnahmen. Darauf sollten wir unseren Blick in unseren Arbeitssitzungen im Rahmen der des ISEK und der breiten angelegten Voruntersuchungen richten. Im Haushalt 2023 und der mittelfristigen Finanzplanung wurden die erforderlichen Mittel für den Prozess des ISEK eingestellt (einschl. der Fördermittel). Dann können mit dieser wichtigen Arbeit beginnen.

Übrigens: Im letzte Jahr habe ich die Digitalisierung des Gemeindehaushalts vorgeschlagen, um mehr Informationen und Transparenz für die Bürger herzustellen. Der Haushalt 2022 war auf der Homepage der Gemeinde als PDF mit Inhaltsverzeichnis einsehbar. Das war mit einem gewissen Aufwand seitens der Verwaltung verbunden. Ich werde nachfragen, ob die Möglichkeit zur Einsicht auch genutzt wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert