In der Sitzung des Gemeinderats (GR) am 5. März 2024 unter der Leitung des 1. Bürgermeisters Ludwig Horn wurden der Haushalt 2024 sowie die Finanzplanung 2025-2027 mehrheitlich gegen eine Stimme genehmigt. Der Bürgermmeister hob hervor, es handele sich um einen „Sparhaushalt“ – trotz positiver Einnahmensituation. Die Kämmerin Manuela Goldate ergänzte, auch die Finanzplanung bis 2027 sei nicht rosig. Vorangegangen waren intensive Beratungen im Haupt-, Finanz- und Werkausschuss (HFWA) im Februar 2024.

Die Kämmerin hatte der Gemeinde mit ihren Mitarbeitern sowie den inhaltlichen Beiträgen der Fachabteilungen zunächst einen defizitären Haushalt mit einem Fehlbetrag von rd. 1,5 Mio. Euro zur Beratung vorgelegt. Damit musste der Haushalt in intensiven Sitzungen durchgearbeitet werden. Hier kann festgestellt werden, dass der neue Bürgermeister immer sehr gut vorbereitet war.. An zahlreichen Stellen musste gespart werden; Verschiebungen und Kürzungen waren erforderlich, um den Ausgabenüberhang zu reduzieren. Ganz ist es nicht gelungen, so dass der verbleibende Fehlbetrag in Höhe von 390.800 Euro aus der Rücklage entnommen werden muss. Das Werk umfasst insgesamt 382 Seiten. Zusätzliche Grafiken und tabellarische Übersichten erleichterten den Ausschussmitgliedern den Einstieg. Antworten auf offene Fragen wurden nachgereicht; zur Verabschiedung stand schließlich eine überarbeitete Version mit entsprechend zahlreichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf.

Der Haushalt 2024 zeigt besonders deutlich die strukturelle Einnahmelücke und den engen finanziellen Spielraum der Gemeinde mit unverändert hohem Bedarf an Instandhaltungen und Investitionen. Die nachstehenden Ausführungen erläutern die einzelnen Haushaltsbereiche wie folgt:

Verwaltungshaushalt 2024

Der Verwaltungshaushalt 2024 zeigt geplante Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 27.277.200 Euro und ist damit gegenüber dem Vorjahr um rd. 1,7 Mio Euro gestiegen. In den Einnahmen enthalten ist eine Entnahme aus den Rücklagen („umgekehrte Zuführung vom Vermögenshaushalt“) in Höhe von 390.800 Euro. Das haben wir im letzten Jahr auch planen müssen. Das hat es aber bei verabschiedeten Haushalten schon mehrmals gegeben, die jeweilige tatsächliche Entwicklung machte dann die Rücklagenentnahme obsolet. Das ist nicht garantiert! Zur Erinnerung: grundsätzlich muss im Verwaltungshaushalt ein Überschuss erwirtschaftet werden, der dann dem Vermögenshaushalt zugeführt wird; dieser Überschuss sollte deutlich über dem Mindestbetrag liegen, das sind die geplanten Kredittilgungen (in 2024: 127.200 Euro). Ein finanzieller Spielraum ist somit in diesem Jahr nicht vorhanden! Gleichwohl muss die Gemeinde eine Vielzahl von Pflichtaufgaben erfüllen. Darüber hinaus gibt es in nicht geringem Umfang freiwillige Leistungen.

Auf der Einnahmenseite sind es hauptsächlich die Steuereinnahmen: Größter Einzelposten auf der Einnahmenseite ist die Einkommensteuerbeteiligung, die nach 8,5 Mio. Euro in 2023 für das Jahr 2024 mit 8,6 Mio. Euro nur geringfügig höher angesetzt wurde. Hervorzuheben ist die Gewerbesteuer, die mit einem Ansatz von 8,0 Mio. Euro bei – Signal an die Wirtschaft – unverändertem Hebesatz von 300% realistisch budgetiert ist. In 2023 sind voraussichtlich rekordverdächtige 8,0 Mio. Euro vereinnahmt worden. Die Hebesätze der Grundsteuer A und B liegen nach der Erhöhung im Jahr 2021 unverändert bei 330% bzw. 340%. Auf der Basis eines neuen Gutachtens, das seit 2022 auch die Erfassung besonderer Objekte umfasst, ist die Zweitwohnungssteuer – sozusagen für ein Normaljahr – mit 400.000 Euro angesetzt. Die liegt natürlich auch an dem mit Wirkung vom 01.01.2024 von 12% auf 20% erhöhten Steuersatz. Zusammen mit weiteren Steuerbeteiligungen und Finanzzuweisungen ergeben sich damit budgetierte Einnahmen von rd. 20,4 Mio. Euro.

Tutzings Steuerkraft je Einwohner ist weiter gestiegen und erreicht 2023 den Betrag von 1.623 Euro – nach 1.464 Euro im Vorjahr. Angesichts der gestiegenen Steuerkraft wird es auch im Jahr 2024 keine Schlüsselzuweisung mehr geben. Zur Erklärung: Über die Schlüsselzuweisungen beteiligt der Freistaat finanzschwache Kommunen und Landkreise an seinen Steuereinnahmen.

Die Finanzkraft der Gemeinde mindert die Kreisumlage. Sie ist deutlich erhöht mit rd. 8,8 Mio. Euro der größte Ausgabenposten des Haushalts. Das ist eine Steigerung gegenüber 2023 um 0,8 Mio. Euro (in 2022 waren es lediglich 6,4 Mio. Euro). Die Steigerung ist zweifach: erstens hat sich als Bemessungsgrundlage die Umlagekraft unserer Gemeinde durch höhere Steuereinnahmen erhöht; zweitens hat der Kreistag beschlossen, den Umlagesatz auf 53,7% heraufzusetzen. Die Erhöhung ist im Wesentlichen durch gestiegene Kosten und erweiterte Aufgaben des Landkreises begründet. Die Personalkosten liegen mit 5,8 Mio. Euro um rd. 12% über dem Ansatz des Vorjahres. Hier ist der größte Teil vorgegeben: Tariferhöhungen, Leistungszulagen, München-Zulagen und Höhergruppierungen.

Die Ausgaben für Schulen, Kultur und Soziale Sicherung (einschl. Kinderkrippen, -gärten und -horte) umfassen 6,4 Mio. Euro, das sind gut 23% des Haushalts. Werden Beitragseinnahmen und Entgelte sowie Zuschüsse dagegen gerechnet, verbleiben immer noch 3,6 Mio. Euro oder ein knappes Drittel des “Netto-Haushalts”. Die Zuschüsse an die Vereine und soziale Einrichtungen sind budgetiert. Hier zeigt sich die Gemeinde konstant und verlässlich; für Erhöhungen oder neue Anträge gab es keinen Raum.

Vermögenshaushalt 2024

Das gestalterische „Spielfeld“ des HFW-Ausschusses ist der Vermögenshaushalt, hier können Prioritäten gesetzt werden. Er zeigt für 2023 ein Volumen von 10.182.200 Euro, das sind rd. 3,5 Mio. mehr als im Vorjahr. Es sind Investitionen in Höhe von rd. 6,9 Mio. Euro geplant, davon 6,0 Mio. Euro für Baumaßnahmen. Wesentliche Positionen sind (Euro):

  • Erneuerung Haupstraße (2.090.000)
  • Wasserleitung Hauptstraße (700.000)
  • Würmseehalle – Beseitung Wassersachaden (600.000)
  • Mittelschule Tutzing – Auslagerung Kaserne (318.600)
  • Mittelschule Tutzing – Sanierung mit Mensa (290.000)
  • Fahrradabstellanlagen Bahnhof (350.000)

Investitionen, die nicht Baumaßnahmen bedeuten, also rd. 0,9 Mio. Euro, betreffen z.B. den Ausbau der Breitbandversorgung (340.000 Euro). Für die genannten Investitionen reichen die Einnahmen des Vermögenshaushalts aus Investitionszuweisungen, Zuschüssen oder Erschließungsbeiträgen bei weitem nicht. Sie decken mit rd. 5,3 Mio. Euro nur rd. 52% der geplanten Ausgaben; ein Teilbetrag von rd. 2,9 Mio. Euro wird direkt in die Sonderücklage Mittelschule eingestellt. So stehen auf der Einnahmenseite weiter Einnahmen aus der Veräußerung von gemeindlichen Immobilien in Höhe von 0,3 Mio. Euro sowie insbesondere die Entnahme aus der Rücklage (3,0 Mio. Euro).

Zusätzlich ist eine Kreditaufnahme für 2024 in Höhe von 2,4 Mio. Euro geplant, um die Ausgaben des Vermögenshaushalts finanzieren zu können. Ein Teilbetrag von 1,0 Mio. Euro stammt aus 2023, denn der Kredit wurde nicht aufgenommen. Die Schulden der Gemeinde werden nach Kreditaufnahme und Regeltilgung zum Jahresende 2024 bei 3,5 Mio. Euro erwartet. Eine weitere Kreditaufnahme von 3,8 Mio. Euro ist für 2025 geplant. Von den Schulden entfallen 0,2 Mio. Euro auf die Wasserversorgung. Diese sog. “rentierlichen” Schulden werden über die Wassergebühren getilgt.

Die Allgemeinen Rücklagen der Gemeinde beliefen sich zum Jahresende 2023 nur noch auf 4,4 Mio. Euro. Hier hatte schon im Jahr 2022 ein deutlicher Abbau stattgefunden, um Investitionen zu finanzieren. Nach der vorgesehenen Entnahme im laufenden Jahr sollen die Rücklagen nur noch rd. 1,4 Mio. Euro zum Jahresende 2024 betragen.

Mittelfristige Finanzplanung 2025 – 2027

Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2025 – 2027 zeigt einen leicht ansteigenden Verwaltungshaushalt. Kleinere Entnahmen aus der Rücklage sind in den Jahren 2025 und 2027 vorgesehen, in 2026 eine Zuführung. Jedoch können in den Jahren 2025 – 2027 wieder Zuführungen vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt erfolgen. Der Vermögenshaushalt sinkt deutlich auf 6,0, dann 2,8 und schließlich auf 0,7 Mio. Euro und damit die Höhe der Investitionen.

Im Zentrum steht das Großprojekt der Sanierung der Hauptstraße. Für dieses Großprojekt sind insgesamt 2,2 Mio. Euro eingestellt, zusätzlich zu den 2,1 Mio. Euro in 2024. Weiter eingestellt sind die entsprechenden Beträge für Erneuerung der Wasserleitung Oberes Vocherl, die Verbesserung der Verkehrsführung an der Unterführung in der Heinrich-Vogl-Straße, der Gehweg am Kallerbach oder die Drehleiter für die Feuerwehr Tutzing. Berücksichtigt sind auch die Kosten der Auslagerung des Schulbetriebs der Mittelschule.

Zur Finanzierung der mittelfristig geplanten Ausgaben im Vermögenshaushalt werden außer den eigenen Einnahmen Kreditaufnahmen von insgesamt 3,8 Mio. Euro erforderlich sein, um den Vermögenshaushalt dieser Jahre auszugleichen. Der Schuldenstand erhöht sich planmäßig nach jährlicher Regeltilgung auf dann rd. 6,9 Mio. Euro Ende 2027.

Zusammenfassende Anmerkungen zum Haushalt:

  1. Steuereinnahmen und Umlagen
    Die budgetierten Steuereinnahmen sind allesamt gestiegen, zusammen mit allgemeinen Zuweisungen sind das 20,4 Mio. Euro. Das ist 1,8 Mio. Euro mehr als für 2023 angenommen.  Die Freude ist keine echte, denn der Landkreis greift der Gemeinde mit der stark erhöhten Kreisumlage mächtig in die Tasche. Ein stattlicher Betrag von 8,8 Mio. Euro fließt da ab, eine (weitere) Steigerung von 0,8 Mio. gegenüber 2023. Am Ende müssen wir planen, 0,4 Mio. Euro aus unserer Rücklage zu entnehmen, um den Verwaltungshaushalt zu decken. So ist zwar in den vergangenen Jahren die Steuerkraft der Gemeinde stetig gestiegen, Tutzing liegt aber noch auf Platz 11 von 14 Gemeinden! Bleibt also die Tatsache, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer immer noch zu gering sind! Nur durch weiter steigende Einnahmen bei der Gewerbesteuer kann es uns gelingen, den finanziellen Spielraum der Gemeinde deutlich zu erhöhen, Einnahmemehrung ist das Stiochwort. Der Bürgermeister sucht ausdrücklich den Kontakt zu den Unternehmen in Tutzing. Vielleicht gewinnt er in den Gesprächen ja Erkenntnisse über geplantes Wachstum oder Erweiterungen mit entsprechend positiven Auswirkungen auf das Gewerbesteueraufkommen!
  2. Personalkosten
    Natürlich haben wir uns im Ausschuss die Personalkosten angeschaut, insbesondere die Steigerung um 12% hinterfragt. Hier haben wir kaum Spielraum gefunden, denn die Zahlungen für Tariferhöhung, Leistungszulagen, München-Zulagen oder Höhergruppierungen sind festgelegt. Anteilige Stellen aus 2023 sind nun mit den vollen 12 Monaten veranschlagt. Neue Stellen gibt es: ein Gerätewart für die Feuerwehr ist wegen eines bevorstehenden Ruhestands erforderlich. Eine sozialpädagogische Fachkraft könnte nach dem Sommer mit der Jugendarbeit beginnen, wenn eine Vorlage so beschlossen wird.
  3. Investitionen
    Und die Gemeinde wird auch weiter investieren. Ein Betrag von 6,9 Mio. Euro ist dafür vorgesehen, davon knapp 6 Mio. Euro für Baumaßnahmen. Die Liste, die der Bürgermeister vorgetragen hat, enthält im Wesentlichen nur Notwendigkeiten, die gemacht werden müssen. Erneuerung Hauptstraße und dazu die Wasserleitungen, Beseitigung des Wasserschadens in der Würmseehalle und so weiter. Das ist keine Kür, nur Pflicht. Jeder Punkt der Investitionsliste wurde einzeln diskutiert, mancher zurückgestellt.
  4. Finanzierung Mittelschule
    Die Finanzierung Mittelschule wird ein Thema für die nächsten drei Jahre bleiben. Brutto rd. 25 Mio. Euro, netto, das heißt nach Abzug von Fördermitteln und Beteiligung der Nachbargemeinden müssen immerhin noch rd. 12 Mio. Euro finanziert werden. Für die Durchführung dieses großen Projekts hat die Gemeinde einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen, sich sozusagen ein Bauamt auf Zeit eingekauft. Dabei wird auch die Zwischenfinanzierung übernommen. Am Ende aber muss die Gemeinde den Rest, geschätzt eben 12 Mio. Euro bezahlen. Ende 2026 wird die erste Abrechnung präsentiert,  ein jahr später die Schlussabrechnung. Zur Erinnerung: Für den Beginn des Vorhabens hatte das Landratsamt verlangt, dass die Gemeinde das Grundstück mit der Kustermannvilla quasi verpfändet. Sollte sich also keine andere Lösung finden, ist es aus heutiger Sicht der Finanzlage anzunehmen, dass ein Verkauf oder ein Teilverkauf notwendig wird.
  1. Trotzdem an die Zukunft denken
    Es bleibt also festzuhalten, dass die strukturelle Einnahmelücke bleibt – und dies eben trotz der erhöhten Steuereinnahmen. Darauf sollten wir unseren Blick in unseren kommenden Arbeitssitzungen im Rahmen des ISEK und der breit angelegten Voruntersuchungen richten und die Finanzen der Gemeinde mehr in den Mittelpunkt rücken, wie Ratskollege Dr. Thomas von Mitschke-Collande betonte. Im Haushalt 2024 und der mittelfristigen Finanzplanung wurden die erforderlichen Mittel für den Prozess des ISEK eingestellt (einschl. der Fördermittel). Nach dem Beginn in 2023 können wir diese wichtige Arbeit fortsetzen.

 

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