Der Tutzinger Gemeinderat bietet Einwohnern ab kommenden Dienstag vor jeder ordentlichen öffentlichen Sitzung eine 15-minütige Fragerunde an. Die Süddeutsche Zeitung nahm die neue Tutzinger Fragerunde zum Anlass und fragte: „Braucht´s das überhaupt?“. Am Beispiel mehrer Gemeinden im Landkreis berichtete die Zeitung „über quietschende Trampoline, laute Gschaftlhuberei und müde Rathaus-Chefs“. Vielerorts scheint das Konzept dieser leicht erreichbaren Bürgerbeteiligung dem Bericht nach nicht eingeschlagen zu sein. Für die Tutzinger könnte das neue Angebot jedoch durchaus von Vorteil sein.

Die Transparenzkritik an der Gemeinde ist allgemein bekannt und inzwischen ein Dauerthema. Allein die anfangs spärlichen Informationen zur Hauptstraßensanierung, die Behandlung der Zukunft des Kustermann-Areals lediglich in nicht-öffentlicher Sitzung und die verunglückte Ankündigung der diesjährigen Bürgerversammlung entfachten erst jüngst die Kritik vieler Tutzinger an der Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde. Das Angebot der 15-minütigen Fragerunde ist für Tutzing daher eine Chance für mehr Transparenz und Bürgernähe im Rathaus.

Wie kam es zur Tutzinger Bürgerfragerunde?

Die Ausschussgemeinschaft von Tutzinger Liste, ÖDP und SPD hat beratschlagt, wie schnellstmöglich eine einfache Form der Bürgerbeteiligung in Tutzing zu etablieren sei. Die ÖDP hat dazu eine 15-minütige Einwohnerfragestunde vorgeschlagen. Die sachliche und rechtliche Recherche, sowie die Formulierung des Antrags dazu hat der Bürgerverein Tutzinger Liste erledigt. Die anschließende Unterschriftensammlung, die aus Termingründen nicht bei allen Ratsmitgliedern erfolgen konnte, stieß auf große Bereitschaft. So konnte der Antrag* parteiübergreifend mit 13 Unterschriften gestellt werden. Die 15-minütige Einwohnerfragestunde wurde dann mit nur einer Gegenstimme am 27. Juli im Gemeinderat mehrheitlich verabschiedet.

Welche Regeln gelten für die 15-minütige Einwohnerfragestunde?

Die Einwohner müssen bei Ihren Fragen künftig folgende Regeln beachten:

  1. Vor Eröffnung der öffentlichen ordentlichen Sitzungen des Gemeinderats, gibt der Erste Bürgermeister als Vorsitzender der 15-minütigen Einwohnerfragestunde den persönlich anwesenden Gemeindeangehörigen die Gelegenheit, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten an das Gremium zu stellen sowie Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten. Die Fragen müssen für die öffentliche Behandlung geeignet sein und in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen.
  2. Die Einwohnerfragestunde ist auf 15 Minuten begrenzt.
  3. Frageberechtigt sind Gemeindeangehörige ohne Altersbeschränkung. Jede Tutzingerin und jeder Tutzinger kann also auftreten, muss aber Name und Wohnanschrift nennen, wie Geschäftsleiter Marcus Grätz den Antrag der Ratsmitglieder ergänzte. Fragen zu an dem Tag aktuellen Tagesordnungspunkten, also im Vorgriff zu deren Behandlung, sind leider nicht zulässig. Um diese Einschränkung ergänzte der Geschäftsleiter ebenfalls den Antrag der Ratsmitglieder.
  4. Die Fragen beantwortet grundsätzlich der Erste Bürgermeister bzw. die von ihm mit der Beantwortung beauftragte Person, außer die Frage wird direkt an anwesende Vertreter der Verwaltung oder des Gemeinderats gerichtet. Ist eine Beantwortung nicht möglich, so werden sie schriftlich oder in der nächsten Einwohnerfragestunde beantwortet.
  5. Jeder Fragesteller kann nicht mehr als zwei Angelegenheiten zur Sprache bringen und muss eine maximale Redezeit von insgesamt 3 Minuten einhalten.

Unterschied zur Bürgerversammlung und Bürgermeistersprechstunde

Vor Einführung der Fragerunde konnten Gemeindeangehörige das öffentliche Wort nur bei der vom Ersten Bürgermeister einberufenen (jährlichen) Bürgerversammlung (§ 14 Abs. 1 GeschO) zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten an diesen richten. Die jetzt eingeführte 15-minütige Einwohnerfragestunde bietet Gemeindeangehörigen dagegen die Möglichkeit, ihre Fragen öffentlich nicht nur an den Ersten Bürgermeister, sondern direkt auch an die Verwaltung und den Gemeinderat zu richten –  und dies (mit Ausnahme der Sommerpause) monatlich.

Bei der Bürgermeistersprechstunde können Einwohner das nicht-öffentliche Wort direkt an den amtierenden Ersten Bürgermeister (oder seine Vertretung) richten. Die Einwohnerfragestunde schafft so die wertvolle Möglichkeit, Einwohner in den Meinungs- und Willensbildungsprozess des Gemeinderats einzubeziehen. Im Antrag wurde der korrekte formal-rechtliche Begriff „Einwohnerfragestunde“ gewählt, um den Unterschied zur „Bürgermeistersprechstunde“ möglichst auch im Sprachgebrauch hervorzuheben und so inhaltliche Verwirrungen zu vermeiden. Im Sprachgebrauch hat sich für die „15-minütige Einwohnerfragestunde“ aber schon der einfachere Begriff „Bürgerfragerunde“ etabliert. Seien wir also gespannt auf die erste Bürgerfragerunde am kommenden Dienstag, den 12.09.2023 von 18:00 Uhr bis 18:15 Uhr im Sitzungssaal des Tutzinger Rathauses.

________
*Im Antrag wurde korrekt, so wie in der Tutzinger Geschäftsordnung auch, für den Amtsbürgermeister das generische Maskulinum gewählt. An Stellen, wo die derzeit amtierende Bürgermeisterin direkt angesprochen wird, findet jedoch die weibliche Form „Bürgermeisterin“ Verwendung.

________
Titelbild:
Foto des Titelbilds zu „Jetzt red´i“ der SZ vom 5.8.2023

Merkur vom 28.7. und 4.8.2023: Bürgerfragestunde vor Sitzungen und 13 Gemeinderäte für Bürgerfragestunde

 

 

2 Replies to “Neu: Bürgerfragen im Gemeinderat möglich”

  1. Sehr geehrter Herr Röck,
    wir teilen Ihre Begeisterung für eine Windkraftanlage, leider fehlen uns dazu zur Zeit geeignete Standorte. Aber wir arbeiten auch daran.
    Windkraft und Solarenergie stehen nicht in Konkurrenz, sondern ergänzen sich mit dem Ziel, möglichst lückenlos erneuerbare Energie zu produzieren.
    Von Ideologie kann nicht gesprochen werden, aber es ist klar, dass wir – um das Ziel der Klimaneutralität für Tutzing erreichen zu können – alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um erneuerbare Energie zu erzeugen.
    Nicht teilen können wir Ihre Ausführungen hinsichtlich der gesetzlichen Randbedingungen und können Ihnen ohne Einschränkung versichern, alle gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen – dies ist schon durch die Genehmigungspflicht der Anlage sichergestellt.
    Natürlich besteht für eine Anlage dieser Größe Ausschreibungspflicht – übrigens egal, ob es sich um eine Solaranlage oder Windkraft handelt. Dies stellt aber keinen Gesetzesbruch dar, so wie Sie das nahelegen, sondern um eine förderliche Randbedingung, denn durch die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur werden für den Betreiber Mindestsätze für den produzierten Strom festgelegt, mit denen er kalkulieren kann.
    Bei der Leistung der Anlage ist Ihnen vermutlich ein Fehler unterlaufen: Pro Hektar Grundfläche kann mit moderner Technik etwas mehr als 1 MWP erzeugt werden, einfache Rechnung: 20 ha ergeben ca. 20 MWP, das sind im Jahr ca. 20 GWh Strom.
    Auch bei der CO2-Bilanz haben Sie wohl falsche Zahlen erwischt, allgemein gelten für Solar ca. 50 g / KWh, für Windkraft 11 g / KWh.
    Bei den Erzeugungskosten hat eine Freiflächen-Solaranlage gegenüber Windkraft übrigens die Nase vorne: die produzierte Kilowattstunde kostet solar etwa die Hälfte des Windstroms.
    Die Möglichkeit der Doppelnutzung als Agri-PV wird derzeit untersucht – wir suchen Landwirte, die daran Interesse haben.
    Selbstverständlich wird im Zuge des Planungsverfahrens ein Grünordnungsplan, eine faunistische Kartierung und eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt.
    20 GWh Strom, die pro Jahr vom geplanten Solarpark erzeugt werden, decken bilanziell ca. 2/3 des derzeit in Tutzing verbrauchten Stroms. Bei zukünftig erheblich höher erwartetem Strombedarf durch moderne Heiztechnik und E-Mobilität ist klar, dass der Solarpark nur der erste Schritt bei der Erzeugung erneuerbarer Energie in Tutzing sein kann. Weitere Projekte werden folgen – und Windkraft wird dabei durchaus auch ihre berechtigte Rolle spielen.

  2. A. Röck (Ing. Studium)
    I) Eine einzige WKA (E-160, Rotor -∅ 160m. Höhe Nabe HN 166), würde in Tutzing ebenso 15,6 Mio kWh/ J. erzeugen. Und würde den Kühen nur wenig Gras stehlen –bei Turmfuß – ∅ = 22m !
    Aber??? Diese irrationalen Gde.-Räte bevorzugen 20 ha (200.000 m² (= 29 Bundesliga-Fußb.Pl.),
    mit Fotozellen zu überdachen. Das ist :
    II-a) Gesetzeswidrig: Weil ab 1000 kWp FF- PV – eine Aussschreibungspflicht besteht!
    1000 kWp entsprechen 4500 m², bei besten Zellen – oder 5880 m² bei den billigeren polykristallinen);
    hier geht es aber um 200.000 m² — 45 -fache Fläche.
    b) § 2 EEG (erneuert seit Jan, 2023): Ab 1000 kWp dürfen FF-PV an Autobahnen, Schienenwegen
    als 200 m breite Streifen belegt werden; der bisherige 40m Abstand entfällt, wegen überragendem
    öff. Interesse; Die Tutzing FF-PV erfüllt dies n i c h t).
    III) Raffiniertes Marketing mittels Täuschen der Bürger! Nämlich die Begriffe (WKA, Windpotenzial, WINDRAFT)
    vermeidend– sodaß klar ist: hier geht es nicht um eine möglichst ökol. physikalische Lösung,
    sondern um IDEOLOGIE !
    IV) Falsch ist das Argument der WKA-Gegner „mangelnde Effizienz der Windräder
    im Wald“.
    Die -Effektivität ist bestens, (Siehe in Hofolding), denn die Flügelspitzen -unten- sind immer noch 64 m
    über den 22 m hohen Baumwipfeln; Für 1 WKA müssen nicht mehr als 50- 70 Bäume geschlagen werden, da Staatswälder in Rechtecke geteilt sind mit geteerten Wegen.
    Die besagte WKA erspart i.Vgl. zu Kohle- KW, soviel CO2, dass 1 Mio Bäume gepflanzt werden müssten,
    um pro Jahr soviel CO2 zu binden, wie sie erspart!
    . Aber? Dann hätte man noch k e i n e einzige kWh Strom!
    VI) Der BUND u. Bauernverband sind zu Recht dagegen, u. die Dt. Umwelthilfe prüft, ob sie
    eine Verbandsklage einreicht–die ich angeregt habe !
    VII) Zudem gilt : bei PV entstehen aus der Herstellung ca. 200 gCO2 pro später erzeugter kWh;
    bei Windrädern nur 6 g, bei AKW 100g, Braunkohle 1120.
    28.9.23 Alfred Röck Rwindenergie[at]gmx.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert