Mit großer Mehrheit gegen die Stimme von Stefan Feldhütter (FW) wurde in der Sitzung des Gemeinderats am 27.07.2023 ein Angebot beschlossen: Künftig soll vor jeder ordentlichen öffentlichen Sitzung des Gemeinderats eine 15-minütige Fragestunde für Gemeindeangehörige abgehalten werden.
Die Mitglieder der Ausschussgemeinschaft von Tutzinger Liste, ÖDP und SPD hatten beratschlagt, wie sie schnellstmöglich eine einfache Form der Bürgerbeteiligung in Tutzing etablieren könnten. Die Vertreter der ÖDP hatten dazu eine Einwohnerfragestunde vorgeschlagen. Die Tutzinger Liste hat die sachliche und rechtliche Recherche erledigt und den Antrag (Einwohnerfragestunde_Antrag_05-07-2023) formuliert. Die Unterschriftensammlung für den Antrag war auf große Bereitschaft unter den Ratsmitgliedern gestoßen. Nach Einreichung des Antrags hatten weitere Ratsmitglieder ihre Unterstützung der 15-minütigen Einwohnerfragestunde avisiert.
Die Verwaltung teilte zum Antrag mit, man könne hier mitgehen, heiße den Antrag gut und eine Änderung der Geschäftsordnung sei nicht notwendig. Dies wurde im Antrag dadurch erreicht,  dass die 15-minütige Fragestunde für Einwohner jeweils vor Beginn der Sitzungen stattfinden soll, also nicht Teil der Tagesordnung der Gemeinderatssitzungen ist. Während der Antrag eine Altersuntergrenze von 12 Jahren vorgeschlagen hatte, bat Ratskollege Claus Piesch (FW) darum, die Altersgrenze zu streichen. Jede Tutzingerin und jeder Tutzinger kann also auftreten, muss aber Name und Wohnanschrift nennen, wie Geschäftsleiter Marcus Grätz ergänzte. Die Fragen beantwortet grundsätzlich der erste Bürgermeister bzw. die erste Bürgermeisterin, außer die Frage wird direkt an anwesende Mitglieder des Gemeinderats gerichtet. Ist eine Beantwortung einer Frage nicht möglich, so wird sie schriftlich oder in der nächsten Einwohnerfragestunde beantwortet. Jeder Fragesteller kann nicht mehr als zwei Angelegenheiten zur Sprache bringen und muss eine maximale Redezeit von insgesamt drei Minuten einhalten. Fragen zu an dem Tag aktuellen Tagesordnungspunkten, also im Vorgriff zu deren Behandlung, sind nicht zulässig, wie der Geschäftsleiter weiter ergänzte. Ratskollege Claus Piesch (FW) beanstandete dann noch das generische Maskulinum in der Begründung des Antrags: hier möge man bitte „Bürgermeisterin“ formulieren.

Weitere Punkte der Sitzung:

  • Wie aus der Sitzung des Gemeinderats am 08.03.2023 bekannt, möchte das Tutzinger Unternehmen Verla-Pharm auf eigenem Gelände das Unternehmen erweitern und zusätzlich im Westen Wohnraum für Mitarbeiter schaffen. Lydia Knözinger-Ehrl vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München stellte in der Sitzung den Entwurf für die 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 39 „Verla-Pharm – Johannispark“, Teilbereiche 1 und 2, vor. Ziel für den Bereich Wohnen (Teilbereich 2) war die Neustrukturierung bei unverändertem Baurecht, während für den Bereich Gewerbe (Teilbereich 1) eine Nachverdichtung mit erhöhten Baurecht als Ziel formuliert worden war. Hier ist an der Bernrieder Straße ein neues Laborgebäude geplant sowie weitere Anbauten im Westen. Dabei könnte es zu einer Baurechtsmehrung von 2.180 m² kommen. Das ist zu relativieren, denn in einer früheren Version des Bebauungsplans war ein Baurecht in dieser Größenordnung als Option bereits vorhanden (B-Plan Nr. 62), ist dann aber wegen der Verwirkling einer anderen Option weggefallen. Im Prinzip werde ein früheres Baurecht wiederhergestellt, wie die Planerin auf meine Nachfrage bestätigte. Zahlreiche Themen wie Versiegerlungsflächen, Höhenentwicklung, Abstandflächen (eingehalten!), Stellplätze waren weitere Punkte der Präsentation. Im Bereich Wohnen geht es zunächst um die Realisierugn von 48 Wohnungen in den Gebäudeteile A und B. Aus der Mitte des Rats kam die Überlegung, zusätzlich 300 m² Fläche als Option festzulegen, wenn eine Kinderbetreuungseinrichtung realisiert werden würde. Das Versorungs- und Energiekonzept sieht Luft-Wasser-Wärmepumpen sowie Fotovoltaik vor. Zahlreiche weitere Hinweise werden in einem gesonderten Punkt „Verwirklichung der Planung“ in die Begründung aufgenommen. Einstimmig billigte der Gemeinderat den vorgestellten Entwurf samt Begründung in der Fassung vom 27.07.2023 und beauftragte die Verwaltung, das Auslegungsverfahren durchzuführen. Den erwähnten Aspekt einer Option zum Kindergarten soll die Verwaltung prüfen.
  • Zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 83 „Kindertagesstätte an der Traubinger Straße 67“ gab Bauamtsleiter Chrstian Wolfert einen Überblick. Die Ausweitung des Bereichs im Norden um eine Sondergebiet 2 für soziale Zwecke war bei einigen Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange auf massive Bedenken gestoßen. In der Sitzung des Rats am 15.01.2019 war der frühere Bauamtweiter Klaus Menzinger für die Initiative gelobt worden, auf dem ehemaligen Standort der Container für Geflüchtete ein Sondergebiet von rd. 6.000 m² „für soziale Zwecke“ auszuweisen. Beanstandet wurde nun beispielsweise, dass das Anbindegebot an den Hauptort nicht eingehalten sei. Dazu gab es naturfachliche Bedenken; der Parkplatz im Norden wurde auch negativ beurteilt. So wurden in der Sitzung nicht die Abwägungen auf Basis des alten Plans behandelt sondern der Entwurf auf eine deutliche Verringerung der Flächenausweitung geändert mit dem Ziel, dass das Waldorfkinderhaus den nötigen Platz für die Einrichtung einer Waldgruppe bekommt. Dieser Entwurf wurde einstimmig gebilligt und die Verwaltung mit der Auslegung beauftragt. Ebenso wurde mit der korrepondierden 27. Änderung des Flächennutzungsplans verfahren.
  • Zum Breitbandausbau in der Gemeinde Tutzing stellte Herr Roland Werb, Gesellschafter der Corwese GmbH, die aktuelle Versorgungslage vor und gab einen Überblick über laufende und geplante Vorhaben zum Ausbau der Glasfaserdirektanschlüsse (FTTH – fibe to the home). Insgesamt gebe es eine ganz gute Abdeckung mit Geschwindigkeiten von 100-250 Mbit/s. Der Wettbewerb habe das Engagement der Telekom erhöht und die Arbeiten beschleunigt. Derzeit werden die perpheren Ortsteile (aktuell Deixlfurt) angebunden. Es gebe aber auch zahlreiche „graue Flecken“. Diese zu beseitigen, sei das Ziel ein Programms des Bundes. Ausbauprojekte bis zu einem Kostenvolumen von 3 Mio. Euro werden mit 50% von Bund und 30% vom Freistatt gefördert. Der Anschluss der in Tutzing übrigen abgelegenen Haushalte mit Glasfaser bedarf eines Ausbauprojektes im Volumen von ca. 2,3 Mio. Euro, erklärte Werb; der Eigenanteil der Gemeinde beliefe sich dabei auf rd. 460.000 Euro (20%). Der Antrag sei vorbereitet, er könne unverbindlich gestellt werden. Der Rat nahm die Ausführung zur Kenntnis; die Verwaltung wird den unverbindlichen Antrag einreichen. Über den Umfang des weiteren Ausbaus werde später entschieden.
  • Einstimmig wurde Kathrin Bernwieser mit sofortiger Wirkung zur Leitung des Standesamts Tutzing ernannt. Sie hatte die Funktion bereits im Jahr 2020 ausgeübt.
  • Zur Beschaffung einer nach dem Feuerwehrbedarfsplan notwendigen Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr Tutzing hatte die Verwaltung in der Sitzung des des Haupt-, Finanz- und Werkausschusses (HFWA) am 09.05.2023 über die Möglichkeit der interkommunale Zusammenabeit mit den Gemeinden Gauting und Berg berichtet. Im direkten Gespräch stellte sich heraus, dass zwar die Voraussetzungen für eine gemeinsame Ausschreibung erfüllt sind, eine Gemeinde jedoch ihre Drehleiter erst im Jahr 2026 (und nicht 2025) benötigt. Vor diesem Hintergrund wurde einstimmig beschlossen, (1) die notwendige Wartung der gemeindeeigenen Drehleiter in 2024 durchzuführen und (2) die gemeinsame Ausschreibung mit den beiden anderen Gemeinden mit dem Ziel der Beschaffung einer neuen Drehleiter im Jahr 2026 weiter zu verfolgen.
  • Zur „Kommunalen Wärmeplanung“ hatte der Rat in seiner Sitzung am 04.07.2023 beschlossen, in die „kommunale Wäremplanung“ einzusteigen und die Verwaltung beauftragt, die Förder- und Ausschreibungsvoraussetzungen zu prüfen und einen entsprechenden Beschluss vorzubereiten. Beschlossen wurde nun, dass der Förderantrag noch in 2023 gestellt wird. Des Weiteren wurde die Verwaltung beauftragt, ggf. eine Auschreibung hinsichtlich eines Fachbüros durchzuführen oder ohne erforderliche Ausschreibung ein Fachbüro zu beauftragen. Die entsprechend Haushaltsmittel sind in den Haushalt 2024 einzuplanen. Ein Freigabe für die Ausschreibung werde es mit dem Förderbescheid geben. Zur Frage meiner Ratskollegin Caroline Krug nach dem Ist-Zustand der Wärmeversorgung in der Gemeinde erklärte die Verwaltung, die Wärmeversorgung der gemeindeeigenen Immobilien sei bekannt; diejenige der Unternehmen und privaten Haushalte werde mit der gepanten Untersuchung erst erhoben.
  • Einstimmig wurde Geschäftsleiter Marcus Grätz zum Wahlleiter für die Bürgermeisterwahl am 26.11.2023 berufen. Als Stellvertreterin wurde Hauptamtsleiterin Lisa Gollwitzer berufen.
  • Zur neuen Inklusionsbeauftragten der Gemeinde Tutzing wurde die Ratskollegin Barbara Doll (UWG) ernannt. Ihre Vorgängerin, Elisabeth Dörrenberg (CSU), hatte aus persönlichen Gründen um Entbindung gebeten.

Unter Mitteilungen und Anfragen, Verschiedenes gab die Bürgermeisterin bekannt, dass die – zu unserem Erstaunen nicht umprogrammierbare – Verkehrsampel an der Oskar-Schüler-Straße abgeschaltet wird. Eine neue Ampel wird dann zwischen Sparkasse und Feuerwehr eingerichtet. Weiterhin gab sie bekannt, dass eine Schranke an der oberen Traubinger Straße, direkt hinter den Kindertagesstätten, eingerichtet werde, um die unbefugte Weiterfahrt durch den Wald nach Deixlfurt bzw. Traubing zu unterbinden. Ratskollege Dr. Thomas von Mitschke-Collande bat Auskunft über die Kosten der Sanierung der Brücke an der Kirchenstraße in der nächsten Sitzung zu erhalten.

 

 

 

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