Der Bürgerverein plädiert für die Zusammenführung der Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen und kritisiert im Interview mit der SZ vom 12.02.2023 die Begründung der Ersten Bürgermeisterin Marlene Greinwald, die im Alleingang entschieden hat, für die gesetzliche Lösung einer Amtszeitverkürzung (mit Wiederantritt in 2026) nicht zur Verfügung zu stehen. Die Reaktion der Ersten Bürgermeisterin auf diese Kritik gibt die SZ wieder: „Vielleicht (…) fiele der Tutzinger Liste „der konstruktive Umgangston“ in der Politik ja leichter, wenn sie sich trauen würde, „ihr Engagement in eine Kandidatur für Verantwortung im Amt umzusetzen.“

Verweis auf Wahlmodus in Baden Württemberg ist „politisches Geschwurbel“

Das ist passiert: Der Ton der Tutzinger Liste im Interview mit der SZ war in einem Punkt bewußt deutlich und nicht konziliant gewählt. Die TL hatte das bis dahin einzig veröffentlichte Argument zur Beibehaltung getrennter Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen, nämlich den Verweis auf die Praxis in Baden Württemberg, als „politisches Geschwurbel“ bezeichnet. Wenn ein Amtsträger an Prioritäten festhält, die er der Bevölkerung nicht mehr vernünftig zu erklären vermag, verspielt er die Loyalität seiner Bürger. Der ledigliche Verweis auf ein anderes Bundesland zeigt machtorientiertes, bewußtes Übergehen des eigentlichen Themas.

Darum ist eine klare Sprache wichtig: Die Gemeinde Tutzing ist mit einem kürzeren als den gesetzlich einheitlichen Wahlmodus von sechs Jahren schlecht beraten. Tutzing hat eine strukturelle Einnahmelücke und daher einen „absoluten Sparhaushalt“. Es stehen kostenintensive Investitionen an, für die keine Gelder vorhanden sind – und auch nicht genug Rücklagen. Die Gemeinde kann es sich schlichtweg finanziell und personell nicht leisten, alle ca. drei Jahre Wahlen abzuhalten. Und noch wichtiger: Tutzing steht, wie jetzt viele Kommunen, unter extremen Handlungsdruck aufgrund des demografischen Wandels (Siedlungsdruck im Münchner Speckgürtel und Flüchtlingsströme) und der Handlungserfordernisse zum Klimaschutz, der Energiewende und den erforderlichen Klimafolgeanpassungsmaßnahmen. Darum  wäre die Ablenkung des Amtsbürgermeisters durch unnötig viele Wahlkampagnen kontraproduktiv. Auch die sinkende Wahlbeteiligung spricht gegen eine dauerhafte Trennung der Wahlen. Solch schwerwiegende rationale Gründe ließ Greinwald unerwähnt und begründete ihren Alleingang nur mit dem Verweis auf einen uneinheitlichen Wahlmodus in einem anderen Bundesland. Das erforderte eine Antwort in „deutlicher Sprache“.

Im übrigen: Die nachgereichte Begründung der Ersten Bürgermeisterin  – „gewisse Kontinuität an der Spitze der Verwaltung“ –  überzeugt den Bürgerverein ebenfalls nicht – siehe hierzu Zuammenführung der Wahlen – ein Appell an die Vernunft: Sollte Greinwald im November im Amt bestätigt werden, wäre sie in 2026 bereits über 8 Jahre im Amt. Das Argument betreffend die Kontinuität in der Verwaltung überzeugt alleine deshalb nicht. Aber auch sonst. Denn die Leitung der Verwaltung bleibt unverändert (Verwaltungsleiter Marcus Grätz und auch die wichtigen Schlüsselpositionen wie z.B. die des Bauamtleiters und der Kämmerin). Auch der Gemeinderat bleibt unverändert und damit die Kontrolle der Verwaltung. Ein künftiger uneinheitlicher Wahlmodus würde jedoch alle ca. drei Jahre Diskontinuität zwischen Amtsbürgermeister und Gemeinderat bringen. Und das wiegt wesentlich schwerer.

Laut Greinwald fehle es dem Bürgerverein an Mut aber auch Bereitschaft, Verantwortung im Amt zu übernehmen

Diese Kritik Greinwalds verblüfft. Legt sie doch offen, dass sich die Erste Bürgermeisterin weder der berechtigten Kritik des Bürgervereins zur Weigerung der Wahlharmonisierung aufrichtig und lösungsorientiert stellt noch die demokratische Daseinsnotwendigkeit des Bürgervereins und damit seinen Vereinszweck respektiert.

Warum kandidiert der Bürgerverein seit seiner Gründung bei Gemeinderatswahlen nicht aber Bürgermeisterwahlen? 

Bürger stellen sich ihrer demokratischen Verantwortung: Die Mitglieder der Tutzinger Liste e.V. stellen sich durch ihr bürgerschaftliches Engagement der Verantwortung, die sie als Bürger haben, um das demokratische System zu erhalten. Sie arbeiten dabei ehrenamtlich für das Tutzinger Gemeinwohl, decken kommunale Defizite auf, setzen sich für mehr Transparenz im Rathaus ein und wollen die Ortsentwicklung für die kommenden Generationen mit- und umgestalten. Und naturgemäß entsteht durch dieses Gestaltungsengagement etwas ganz Wichtiges: Wettbewerb um die beste Lösung für die Ortsentwicklung und eine „parlamentarische Opposition“ – letzteres ein Eckpfeiler demokratischer Systeme!

Ein klares JA zum Amt, aber es muss Ehrenamt sein: Seit seiner Gründung beteiligt sich der Bürgerverein an den Gemeinderatswahlen und hat im Gremium einen Sitz. Denn auch ein Gemeinderat leistet bürgerschaftliches Ehrenamt. Das bürgerschaftliche Engagement der Tutzinger Liste e.V. gehört zum Typus der Gestalter (siehe Infokasten unten). Kurz: Die Tutzinger Liste e.V. stellt sich ihrer Bürgerverpflichtung und zeigt Gestaltungsengagement  für Tutzing – nicht jedoch Machtpolitik. Das hauptamtliche Bürgermeisteramt aber ist mit der größten kommunalen Macht ausgestattet. Nach Überzeugung der Tutzinge Liste e.V. ist bürgerschaftliches Engagement und altruistischer Gestaltungswille nicht mit politischem Machtwillen vereinbar. Die Wahrhaftigkeit dieser Aussage belegt der aktuelle Diskurs zur Harmonisierung der Wahlen:

Bürgerschaftliches Ehrenamt = Zusammenführung der Wahlen begründet durch rationalen Gestaltungswillen zum Vorteil des Gemeinwohls

Machtpolitisches Bürgermeisteramt = Beibehaltung ineffizienter Wahlen ohne rationale Begründung und damit basierend auf rein politischem Machtwillen zum Nachteil des Gemeinwohls

Die Tutzinger Liste hat dies alles bereits am 07.02.2023 auf die Presseanfrage von vorOrt.news betreffend einer eigenen Kandidatur erläutert. Schade, dass die Erste Bürgermeisterin diesen Artikel unbeachtet lässt – beleuchtet er doch auch die Schwierigkeit, dass wertvolle ehrenamtliche Arbeit leider häufig auf Gehörlosigkeit im Rathaus trifft. Aber auch, warum sich bürgerschaftliches Engagement in ländlichen Bereichen so schwer tut. Hier also nochmal zum Nachlesen:

https://www.vorort.news/tutzing/kommunalpolitik/2023/2/7/tutzinger-liste-stellt-keinen-buergermeisterkandidaten/

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Infothek:

Die vier Typen bürgerschaftlichen Engagements:
Stüzpfeiler, Alltagshelden, Leuchttürme und Gestalter

Die Bundeszentrale für politische Bildung unterscheidet vier Typen von bürgerschaftlichem Engagement. Zwei davon sind die Stützpfeiler und die Alltagshelden, zu denen typischer Weise Sportvereine, Kirchengemeinden oder die Freiwilligen Feuerwehren gehören. Diese beiden Gruppen sollen den weitaus größten Teil ausmachen. Dann kommen die Leuchttürme – mit lokalen Aktivitäten in den Bereichen Kultur, Heimat und Freizeitgestaltung. Ihr Engagement zielt auf die Stärkung der örtlichen Identität ab und möchte innerhalb des Ortes lokal-gesellschaftliche Orientierung bieten. Den kleinsten Anteil stellen die Gestalter dar: „Die Themen und Aktivitäten der Gestalter sind unmittelbar auf die gesellschaftlichen Veränderungen vor Ort gerichtet. Sie wollen umgestalten, Dinge selber machen und Einfluss nehmen.“ Dazu zählt sich der Bürgerverein Tutzinger Liste e.V., der durch sein bürgerschaftliches Engagement kommunale Defizite aufdeckt und Veränderungen herbeiführen will.

Quelle: https://www.bpb.de

 

 

 

 

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