Vor einigen Monaten nahmen wir die Diskussion um den Begriff Repair-Cafe auf, verwiesen auf den Status „so etwas hat man als Gemeinde“ und warteten auf einen Bericht über den Stand der Tutzinger Überlegungen.

Es gibt keinen Bericht darüber. Es wird Gründe haben, weswegen Tutzing überhaupt kein Interesse daran hat. Daher reflektieren wir zusätzlich zu bisherigen Veröffentlichungen in vielleicht ungewohnter Form über einen Gedanken, der sich fast lawinenartig ausbreitete. Die Anlässe sind unterschiedlich, die Ergebnisse nahezu die gleichen.

Es gibt beim Nachbarn Schweiz weit über 100 derartiger Einrichtungen, der Nachbar Österreich spricht kaum darüber und handelt ganz einfach sehr erfolgreich, Deutschland hat angeblich auch eine hohe dreistellige Zahl solcher Repair-Cafes.

Ein wesentlicher Anlass dafür ist nicht, die Leute hätten kein Geld für neue Geräte (besser: Produkte) oder gar kein Geld für Reparaturen. Der eigentliche Anlass ist, der Konsument/Endanwender/Kunde hat mehrere Anlässe (Umwelt, Klima, Sozial-Betrug) verstanden, sein Kaufverhalten und damit die Stationen der Wertschöpfungskette auf den Prüfstand zu stellen. Soll heißen, er beschäftigt sich mit der Ressourcenverschwendung, die das Ergebnis unserer Wegwerfgesellschaft ist und deren Funktionieren (Wachstum, koste es Ressourcen, was es wolle). Zwangsläufig landet er bei der Frage, mit welchem Gewissen er eigentlich beim Funktionieren dieser auf Verschleiß getrimmten Welt unterwegs ist. Kleinste Ansätze, die sich auch noch im Mikrobereich befinden, sind seit Jahren die FairTrade-Siegel, feierlich von irgendwelchen Honoratioren an ausgesuchte Geschäftsinhaber mit grünem oder Bio-Gewissen übergeben.

Die Repair-Cafes, je nach Region unterschiedlich benannt, folgen einer Entwicklung, die erst dieser Tage einen weiteren enormen Schub erhalten hat, auf den reagiert werden muss. Vor diesem Schub gab es schon einen Bodensatz von Andersdenkenden, die sich zu recht mit der Frage beschäftigten, warum alles immer gleich wegwerfen, wenn es nicht mehr so funktioniert, wie es in der Gebrauchsanleitung steht. So diese denn jemals gelesen wurde.

Heute ist nahezu alles, was an Gebrauchsgütern hergestellt wird, reparabel. Hersteller bemühen sich jedoch, ihr Produkt immer mehr unreparierbar zu gestalten. Schließlich bedeutet jeder reparierbare Gegenstand eine Einheit weniger Umsatz und damit weniger Wachstum. Sofern überhaupt Reparaturwerkstätten existieren, die Reparaturkosten sind angesichts der Stundensätze im Zweifelsfalle nämlich höher als der Kaufpreis für das Produkt.

Nun gibt es aber immer mehr Verbraucher, die sich fragen, ob die Ressourcenverschwendung und die totale Vermüllung des Globus nicht endlich einmal eingeschränkt werden muss.

Die Antwort geben Initiativen, die entweder aus sich heraus oder gar mit städtischer Unterstützung entstanden sind.

In der Flickstatt Baden (Öffnungszeiten z.T. bis 02:00 Uhr!) sitzen altgediente Ingenieure und andere Fachleute, zumeist im Ruhestand, und bieten der Oma mit dem abgebrochenen Rad ihres Rollkoffers die gleiche Hilfe an wie dem Youngster, der mit einem defekten Küchengerät oder Radio auftaucht und um Rat fragt, ihn dann als Tat auch unkompliziert erhält. Und weil ab und zu auch mal ein Kleidungsstück eine kaputte Naht hat, sitzt in einem anderen Raum jemand mit der Nähmaschine und macht das, wozu es eine Maschine gibt, er näht!

Die Kompensation wird völlig unterschiedlich gehandhabt, das geht vom Bezahlen des Ersatzteils bis hin zu einem Obulus in die Kaffeekasse. Eine der uns bekannten Institutionen bietet sogar eine Mitgliedschaft gegen einen geringen Jahresbeitrag an.

Wir sahen uns einzelne Einrichtungen an und stellten fest: Repair-Cafes werden sehr gut angenommen. Ein Effekt, der in heutiger Zeit partiell zu kurz kommt, ist auch zu beobachten, er wird sogar gezielt gefördert: Kommunikation unter den Leuten, die dorthin kommen und sehr gerne warten, bis sie just in time bedient werden. Überbrückt wird die Zeit durch Gespräche bei Kaffee und z.T. gespendetem Kuchen.

Es ist müßig zu erwähnen, dass auch der Opa mit seinem kaputten Fahrrad oder Staubsauger bestens bedient wird.

Über Starnberg wurde bereits berichtet. Weswegen nun ausgerechnet die Schweiz die Angelegenheit so fördert, wäre einen Besuch der Leute wert, die sich mit dem Tutzinger Thema befassten und bis heute nicht darüber berichteten.

Es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, unser bisheriges Wirtschaften auf Verschwendung und Verschleiß ist nicht nur zum Nachteil der Herkunftsländer jener Produkte. Auch der auf Wirtschaftlichkeit bedachte Familienvater denkt immer öfter darüber nach, ob er den potentiellen Schrott aus Plastik oder sonstigem Blech kauft, der nach kürzester Zeit in der Tonne landet. So lange allerdings diese Stätte der Endverwertung „Wertstoffhof“ heißt, wird sich nicht allzu viel ändern. Das jedoch ist nicht der Gedanke der Repair-Cafes, das ist Sache der zumeist heftig wegschauenden und auf den Wertstoffhof stolzen Gemeindeväter.

Wir als Tutzinger Liste waren 2013 eigeninitiativ an der Planung eines Repair-Cafes dran. Wir hatten auch eine breite Unterstützung. Diese war aber, als es zum Schwur kam, trotz bester Vorbereitung nicht breit genug.

So können wir nur die Szene beobachten und darauf verweisen, dass wir einen Hinweis derjenigen erhalten möchten, weswegen Tutzing am See sich ein Repair-Cafe nicht leisten will. Schämt man sich etwa, alte Sachen zu neuem Leben zu erwecken?

One Reply to “Einmal Flickstatt Baden, Repair-Cafe Starnberg, Nähstube Wien und retour …”

  1. … Baden/Wien/Starnberg und zurück…
    Warum so weit reisen? Hier in Tutzing liegt doch alles vor, nur weiß wieder einmal keiner Bescheid oder aber es gilt in voller Schlagkraft der etablierte Spruch eines CSU-Veterans „das interessiert doch keine Sau…“.
    Hinweis an Vertreter einer gepflegten Sprache, es ist der O-Ton!
    Derzeitige Gesamtkommunikationslage ist angegriffen, die wahren Eigentümer von Informationen scheinen sehr sprachlos zu sein. Der Baubeginn Hauptstraße ist aus Starnberg/Abwasserverband zu erfahren. Warum nicht aus und in Tutzing? Die Ruhezonen innerhalb der Hauptstraße lassen sich nicht einmal von der derzeitigen Restriktion beeindrucken. Es wird nach wie vor durch Tutzing gebrettert, da helfen auch keine Photos mit nur drei Autos auf der Straße. Geschwindigkeitsbeschränkungen sind zugeklappt, direkt dahinter weist aber ein Smiley sehr böse darauf hin, man sei nicht 30 km/h gefahren.
    Und nun erzählt der Flurfunk, bereits im April hätte das Repair-Café eröffnet werden sollen. Ein Repair-Café lebt gerade in der Anfangsphase, in der Inkubation, von der Kommunikation. Es gab bereits vor Einsetzen des Gesamtstillstandes Ende März die ideale Möglichkeit, stolz über den Schritt, endlich das zu haben, was andere schon längst haben, nämlich ein Repair-Café, zu berichten.
    Was liegt eigentlich noch unvorbereitet – aber mitteilbar – in der Gegend herum? Wie wär’s denn mit einem Kommunikationswächter, einer neuen Rolle im neuen und endlich erheblich verjüngten Gemeinderat?
    HF

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