Steuerbescheide ergehen in Tutzing jetzt ohne Ausnahme an alle Zweitwohnungsbesitzer – also auch die von bestimmten „Luxusobjekten“.  Die Einnahmen sollen ab 2023 um jährlich rd. 70.000 Euro auf 220.000 Euro steigen – so die Haushaltsplanung zur Zweitwohnungssteuer. In 2022 soll das Steueraufkommen aufgrund der rückwirkenden Nachforderungen bis 2018 einmalig 320.000 Euro betragen. Dieses Ergebnis ist für unsere knappe Gemeindekasse sicher eine gute Nachricht. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt aber die unglaubliche G´schicht, die über die letzten 20 Monate aus dem Rathaus dazu erzählt wurde. Selbst zum Schluss, nachdem die fehlenden Steuerbescheide endlich draußen sind, entscheiden sich Erste Bürgermeisterin und Verwaltungschef für Obrigkeitspolitik anstelle von Transparenz.
Ein Negativbeispiel für Transparenz und Bürgerfreundlichkeit 
Wie die Presse jetzt berichtet, bleibt das Gutachten, das den Mietspiegel für Tutzing festgelegt, unter Verschluss. Der beeindruckend recherchierte Artikel im Merkur deckt dazu gleich zwei Ungereimtheiten auf: basis-fuer-tutzinger-zweitwohnungsteuer-bleibt-unklar. Die Erste Bürgermeisterin reagiert prompt: vorort.news/12-prozent-der-jahresnettokaltmiete/. Diese Realsatire bringen wir auf den Punkt wie folgt:
Da beauftragt also (für Steuergelder) eine öffentliche Körperschaft (Gemeinde Tutzing) einen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter, der für das Gemeindegebiet Tutzing einen Mietspiegel erstellt, der für alle im Gemeindegebiet mit Zweitwohnsitz ansässigen Bürger als amtlicher Steuermaßstab (ortsübliche Jahresnettokaltmiete/qm) gilt und veröffentlicht diesen Mietspiegel dann aber nicht – mit der Begründung der Gutachter sei dagegen. Wie absurd ist das denn?! Es kommt aber noch „besser“.
Erste Bürgermeisterin stellt Gemeinderat unter Generalverdacht

Die Erste Bürgermeisterin übermittelt allen Tutzinger Gemeinderäten tatsächlich schriftlich eine Unterstellung, dass Mitglieder des Gemeinderats ihre Verschwiegenheitspflicht verletzt haben sollen: „In der genannten Steuersache müssen also Informationen über ein oder mehrere Gemeinderäte nach außen getragen worden sein“. Sie rechtfertigt den Erlass ihres Schreibens gleich eingangs damit, dass dies „nach Rücksprache mit der Rechtsaufsicht des LRA Starnberg“ erfolge. Bei Verschluss des Tutzinger Mietspiegels muss der Gutachter herhalten und bei Unterstellung der Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht in Steuersachen gleich die Rechtsaufsicht. Zur sachlichen Begründung ihrer Unterstellung dann die Initiative TUTZINGER LISTE e.V. (TL) und einer „Frau V.“

Gleich vorweg: Es handelt sich um eine völlig haltlose Unterstellung!

Wir haben der Ersten Bürgermeisterin (und in Kopie allen Gemeinderäten) daraufhin ein Schreiben übermittelt und klargestellt, dass in der Causa Zweitwohnungssteuer nie ein „Steuergeheimnis“ betroffen war. Die TL hat kein Steuergeheimnis aufgedeckt, sondern aufgrund offenkundiger und öffentlich zugänglicher Informationen ein Verwaltungsdefizit. Zur Erinnerung: Die Verwaltung hat Steuerbescheide mindestens für ein „Luxusobjekt“ jedenfalls nicht rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt am 1.2.2018, 1.2.2019, 1.2.2020 und 1.2.2021  erlassen – dies entgegen ihrer Verpflichtung gemäß den Vorschriften der Bayerischen Gemeindeverordnung. In unserem Schreiben an die Bürgermeisterin widerlegen wir auch detailliert alle – auch die offenkundig lächerlichen – Begründungen, die sie in ihrem Schreiben an die Gemeinderäte für ihre Unterstellung anführt.

Wir meinen: Mit der haltlosen Unterstellung an alle Gemeinderäte, ein oder mehrere unter ihnen hätten ihre Verschwiegenheitspflicht betreffend ein Steuergeheimnis verletzt, geht die Bürgermeisterin zu weit. Das Schreiben ist völlig absurd, denn auch sie weiß: Gemeinderäte kommen nicht einmal in die Nähe von Steuerakten. Mit anderen Worten: Gemeinderäte haben gar keinen Zugang zu Steuerakten! Die TL hat das Verwaltungsdefizit zudem bereits im Oktober 2020 aufgedeckt. Warum dann erst über ein Jahr später die schriftliche Äußerung eines Generalverdachts? Auffällig ist, dass die Unterstellung an die Gemeinderäte erst verfasst wurde, nachdem es erstmals kritische Wortmeldungen zum Verwaltungshandeln in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats in dieser Angelegenheit gab. Wir werten diesen Brief daher als Versuch der Einschüchterung der Tutzinger Gemeinderäte, also der gewählten Vertreter der Gemeindebürger, keine (öffentliche) Kritik am Handeln der Verwaltung zu üben. Der gewählte Umgang der Ersten Bürgermeisterin mit einem Kontrollorgan ist – höflich ausgedrückt –  irritierend. Als Bürgerverein haben wir gegen dieses Handeln Protest bei der Ersten Bürgermeisterin eingelegt und den Widerruf ihres Schreibens gefordert – ohne Antwort.

Ein bittersüsses ENDE

Dank der Causa Zweitwohnungssteuer konnten wir zu mehr Steuergerechtigkeit und Gemeindeeinnahmen beitragen. Durch transparentes und glaubwürdiges politisches Handeln hätte die bittere G’schicht drumherum vermieden werden können.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert