Das Tutzinger ISEK beginnt – mit einem GEK „light“. Jetzt heißt es: Am Anfang das Ende im Kopf haben. Es folgt ein Kommentar zur lt. Bürgermeisterin „denkwürdigen Sitzung“ des Gemeinderats am 12.09.2023.

Am vergangenen Dienstag war es soweit: Im Gemeinderat fand die erste öffentliche Sitzung zum ISEK (Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept) statt. Bürger, Verwaltung und Gemeinderat erarbeiten sich in den nächsten 18 Monaten also zuerst ganzheitlich und konzeptionell Ziele für die Entwicklung von Tutzing und seiner Ortsteile (also ein Gemeindeentwicklungskonzept „light“) und konzentrieren sich dann erst in einer Vorbereitenden Untersuchung (VU) auf städtebauliche Ziele und Maßnahmen in dem vorab festgelegten Sanierungsgebiet.

Am Ende der anderthalb Jahre wird sich die Gemeinde nicht nur die künftige Zielrichtung ihrer Ortsentwicklung und damit Leitplanken für kommunale Entscheidungen erarbeitet haben –  also wissen, wohin sich Tutzing in den nächsten Jahren hin entwickeln und wofür es stehen soll. Aber damit auch die Voraussetzungen für die Gewährung staatlicher Fördermittel für die Realisierung abgestimmter städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen für ein festgelegtes Sanierungsgebiet geschaffen haben.

In der ersten Sitzung stellte sich die Beraterin und das ISEK formal vor

Flitzebogengespannt erwarteten insbesondere die Mitglieder des Bürgervereins Tutzinger Liste e.V. diese Sitzung. Gaben sie doch mit ihrem Antrag am 6. Mai 2020 den Anstoß zu dem strategischen Zukunftsprozess eines GEK und ISEK. Sie haben viel ehrenamtliche Arbeit geleistet (alle Arbeiten im Überblick siehe Punkt D. im „Liveticker“), um einen positiven Ratsbeschluss zu erwirken. Als die Erste Bürgermeisterin Marlene Greinwald die Sitzung dann mit den Worten es sei eine „denkwürdige Sitzung“ eröffnete, da ein „Orientierungsrahmen für die Zukunft“ geschaffen würde, war die Freude der anwesenden Vereinsmitglieder entsprechend groß.

Anschließend wurde in der Sitzung zwar nicht inhaltlich vorgetragen (mit Verweis auf die kommenden Arbeitssitzungen). Die persönliche Vorstellung des beauftragten Planungsbüros und der formalen Vorgehensweise des Prozesses waren dennoch recht interessant. Martina Schneider vom Stadtentwicklungsbüro STADT RAUM PLANUNG (SRP) aus München hat überzeugt: sowohl von ihrer persönlich engagierten Art als auch in ihren klaren Aussagen.

Das ISEK wird mit einem GEK „light“ beginnen

Nach einer Vorstellung ihres Büros erläuterte die Planerin die nächsten Schritte. Wichtig sei ein gut gesteuerter Gesprächsprozess und dazu die Bürgerbeteiligung. Und was die Mitglieder des Bürgervereins sehr freute: Inhaltlicher Start ist die Formulierung und Abstimmung langfristiger Ziele für die Kommune, also Tutzing und seine Ortsteile. Das ist der zitierte Orientierungsrahmen, hier findet also doch noch eine Leitzieldiskussion statt – wenn auch nicht in dem vom Bürgerverein Tutzinger Liste beantragten Umfang (siehe unseren Artikel zum Kompromissbeschluss, das beantragte ISEK mit einem GEK „light“ zu beginnen).

Bürgerbeteiligung ist zentral – Entscheidung liegt aber beim Gemeinderat

Konkret wurde der 18. Oktober 2023 von 19:30 bis 22:00 Uhr als erster Termin für ein Treffen mit den Bürgern im Roncalihaus angekündigt. Viele Tutzinger freuen sich gerade auf die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Ihre Eingaben sind von zentraler Bedeutung für den Erfolg des ISEK. Bei aller Begeisterung darf aber nicht vergessen werden: Die tatsächliche Entscheidung über die einzelnen Ziele und Maßnahmen obliegt dann (natürlich) dem Gemeinderat – als dem gewählten Vertretungsorgan.

Weitere Bürgertreffen sollen folgen. Tafeln mit QR-Codes an zu verändernden Stellen im Ort wird es geben, die Tutzinger dann kommentieren können, auch eine Email-Adresse für elektronische Eingaben (isek@tutzing.de) und einen „analogen“ Briefkasten sowie Spaziergänge (vielleicht auch mit dem Fahrrad) durch den Ort.

Im Anschluss an das erste Bürgertreffen folgt das erste Treffen des Gesamtgemeinderats in einer nichtöffentlichen Klausurtagung am 21.10.2023. Die Ratsmitglieder sollen Frau Schneider bis dahin je 3 Fotos übermitteln, welche Stellen in Tutzing ihnen besonders am Herz liegen und welche „Visionen im Ort“ sie haben. Der Arbeitskreis ISEK im Gemeinderat wird weiterhin regelmäßig tagen. Dessen Mitglieder sind in alphabetischer Reihenfolge:

  • Marlene Greinwald, Erste Bürgermeisterin – Vorsitzende
  • Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg, Gemeinderat
  • Dennis-Lee Boumann, Verwaltung
  • Stefan Feldhütter, Gemeinderat
  • Dr. Thomas von MItschke-Collande, Gemeinderat
  • Dr. Joachim Weber-Guskar, Gemeinderat
  • Flora Weichmann, Gemeinderätin
  • Christian Wolfert, Verwaltung

Wie stellen SIE sich das künftige Tutzing vor?

So ist auch uns Bürgern zu empfehlen, die Zeit zu nutzen und uns auf den 18. Oktober vorzubereiten. Die Mitglieder der Tutzinger Liste hatten nach mehreren Gesprächen insbesondere mit jungen Familien eine erste Ideensammlung für Tutzing erarbeitet. Darunter befindet sich beispielsweise die Zentrumsbildung an vier Stellen (Ortsmitte, Bahnhofskult, neues Schulzentrum und neues Gewerbegebiet), die im Hinblick auf Lebensqualität und Klimaschutz dringend erforderliche Verkehrsberuhigung (Fußgängerzone und sichere (Schul)Wege durch Tutzing) und die Stärkung der Finanzkraft. Vielleicht stellt das als erster Wurf erstellte Ideenpapier zu Tutzings Zukunft eine Inspiration dar?

Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat tragen Verantwortung für den Ort

Wunderbar deutlich war Frau Schneider in ihren Antworten auf Detailfragen. Sie machte engagiert klar, dass es sich hier nicht um Politik und die nächste Wahl handele, sondern um die Verantwortung für den Ort, die die Anwesenden trügen. So starte das ISEK auf einer „Flughöhe, wo wir nicht ins Detail gehen“ – also mit einem Gesamtblick auf die Gesamtgemeinde: „Wir formulieren Ziele und erst dann gehen wir eine Flugebene tiefer, wo nicht mehr das gesamte Gemeindegebiet betrachtet wird“. So also ihre Beschreibung des GEK „light“. Dort würden Schwachstellen analysiert werden und beraten, was denn Themen und Ziele für die nächsten 15 bis 20 Jahre seien. Und dann erst am Ende käme es zu einem Beschluss eines Sanierungsgebiets für einen konkreten Umgriff, also für konkrete bauliche Maßnahmen. So kann die Gemeinde die Qualität der bauliche Entwicklung sichern.

Der ganze Prozess diene dazu, „Ziele festzulegen“ und eine „Linie, eine Haltung zu finden“ und „Sicherheit in jeder Entscheidung zu haben“, was die Gemeinde angeht. Das war reine Musik in den Ohren der Anwesenden des Bürgervereins – mussten sie sich doch lange genug Misstöne anhören – insbesondere von der Ersten Bürgermeisterin, die nach eigenen Angaben nichts von Visionen hält (Sitzung des Gemeinderats vom 11.10.2022: „Leitziele brauchen wir nicht“) und für Tutzings Leitzieldiskussion kämpfen (zuletzt sogar mit einer Bürgerveranstaltung: Tutzing wohin? Info- und Ideenabend). Dr. Behrens-Ramberg (TL) und Steffanie Knittl (SPD) waren in der entscheidenden Ratssitzung die einzig verbliebenen Fürsprecher für die Leitziele – den beiden ist es also zu verdanken, dass der zwischen Verwaltung und Erster Bürgermeisterin abgestimmte und den Ratsmitgliedern vorgelegte “nur” gebietsbezogene Beschlussentwurf um die “gesamtgemeindliche Entwicklung”, also ein GEK “light”, erweitert wurde (https://www.tutzinger-liste.de/blog/buergermeisterin-und-gemeinderat-kippen-zukunftsplanung-fuer-tutzing/).

Am Anfang das Ende im Kopf haben

Es ist klar, dass die Umsetzung der beschlossenen Ziele und Maßnahmen 10, 15 und 20 Jahre dauern wird. Dabei aber ganz wichtig: bereits in 18 Monaten hat Tutzing eine Strategie und damit Ziele und Maßnahmen beschlossen! Eine neue Identität nach Jahren des immensen Wachstums gefunden. Es wird also schon sehr bald in Tutzing bei jeder Diskussion und jedem Beschluss im Gemeinderat die Vorgabe der erarbeiteten Ziele und umzusetzenden Maßnahmen als Leitplanke gelten und bislang intransparente und verspätete Entscheidungen sollten damit Geschichte sein. Und darum ist es wichtig, jetzt am Anfang das Ende im Kopf zu haben und sich nicht gleich zu Beginn des Prozesses mit Details zu verzetteln. Natürlich können und müssen visionäre Ziele und Maßnahmen dann im Laufe der Zeit an neue Entwicklungen/Zeitenwenden angepasst werden. Aber es liegt auf der Hand, dass Tutzing die Leitzieldiskussion im Rahmen des ISEK sehr gut tun wird. Freuen wir uns also gemeinsam auf die erste Bürgerbeteiligung am 18. Oktober ab 19:30 Uhr im Roncallihaus!

_________________________
Infokasten:

Die überzeugende Präsentation der Planerin Martina Schneider können Sie auf der Homepage der Gemeinde herunterladen. Dort finden Sie auch die Bekanntmachung der Verwaltung „ISEK – Die Zukunft gemeinsam gestalten!!!“.

Unsere Mitschrift aus der Sitzung finden Sie hier: GR: Erste Bürgerfragerunde und Beginn ISEK!

Presseartikel:

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/tutzing-isek-tutzinger-liste-ortsmitte-1.6223041

https://vorort.news/tutzing/kommunalpolitik/2023/9/16/tutzinger-sanierungsgebiet-wird-angepasst/

Aus unserem Bildarchiv:


Gleich nach der Konstitution des neuen Gemeinderats leitete der Bürgerverein Tutzinger Liste e.V. (Schatzmeisterin und Vorstandsmitglied Lucie Vorlíčková li. im Bild) über den Gemeinderat Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (re. im Bild) am 6. Mai 2020 die Tutzinger Zukunftsinitiative ein: Gesamtgemeindliches Entwicklungskonzept (GEK) und ISEK. Die Freude über den Beginn des Zukunftsprozesses – nach über drei Jahren seit Antragstellung- ist beim Bürgerverein groß!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert