Allmählich kommt klarheitliche Freude auf, Nachdenklichkeit aber auch!
Um beobachtete Entwicklungen zu verstehen, empfiehlt es sich, drei Schritte zurückzugehen und die Dinge aus angemessener Entfernung zu betrachten. Irgendjemand muss die Losung ausgegeben haben, der Bürgermeister müsse weg, es stünde sowieso kein einziger Gemeinderat hinter ihm.
Diese Losung ist es wert, einmal näher beleuchtet werden, um herauszufinden, wieso das partiell sogar auf der Hand liegt. Hier ein Versuch der Erklärung. Die Christlichen haben endlich eine eigene und bisher erfolgreich agierende Kandidatin aufgestellt, damit nicht weiterhin die ewigen Wunden des Amtsverlusts geleckt werden müssen. Sie dürften daher kaum willens sein, den Amtierenden zu unterstützen.
Den Freien, Grünen und demokratischen Ökologen ist sehr zu deren Leidwesen der natürliche Gegner, ein christlicher Bürgermeister, bereits 2008 abhanden gekommen. Also muss man seitdem auf den parteilosen Amtierenden einschlagen. Brutalstmöglich (übrigens eine hessisch-christliche Wortschöpfung)! Dies scheint ja auch recht erfolgreich zu funktionieren unter Assistenz einer überaus gut -von wem auch immer- informierten Presse. Und weil es “in“ ist, auf einen Wehrlosen einzuschlagen, macht ein Bürger für Tutzing in seiner unnachahmlich gestrigen Art auch noch mit.
Wieso wehrlos? Ganz einfach, jeder hat seine Truppen, die ins Feld geschickt und für die Lufthoheit an den Stammtischen sorgen können. Nur der Amtsinhaber steht völlig ohne Truppen da. Allerdings hätte er als alter Stratege bereits 2008 wissen müssen, dass das sehr spannend werden könnte. Ohne Hausmacht ist’s nun einmal sehr gefährlich. Und so kommt der BM ohne Flankenschutz, nicht einmal mit einer schusssicheren Weste bekleidet, unter massives Dauerfeuer. Eine mögliche Hausmacht hat er sich nicht geschaffen. Diese Hausmacht rechtzeitig z. B. mit der Verwaltung einzufädeln, versäumte er. Das geht nämlich nicht mit einer Organisation, die Führungsstil, Arbeitsstil und Verantwortungsbewusstsein obrigkeitsorientiert und nicht serviceorientiert pflegt. Erfahrungsgemäß dauert das Shiften vom Höfischen zum Dienstleistenden nicht ein paar Monate. Das war auch vor hundert Jahren schon so. Das ist ein mühsamer Überzeugungsprozess, jeder muss mitgenommen werden. Auch der Kunde Bürger. Das dauert Jahre und muss rechtzeitig richtig begonnen werden. Drei Tage vor einer Wahl geht das nicht! Auch nicht mit Beratern, woher diese auch kommen mögen.
Nun jagt man den Amtsträger mittlerweile über das offene Feld, durch den gesamten Gemeindebereich. Selbst das Schlagen von intelligenten Haken ist für ihn überaus anstrengend. Und die die Büchse spannenden Zuschauer hinter den Büschen erfreuen sich Ihres Beobachtungsvorteils, liebevoll ihn in der Öffentlichkeit auch noch duzend.
Geht man wieder drei Schritte näher heran und hört genau hin, so ist das Einzige, was die selbsternannten Schießprügelträger verbindet, das gemeinsame Ziel, das bluttriefende abgezogene Fell des Amtsträgers bewundern zu wollen. Mehr verbindet sie nämlich tatsächlich nicht. Interessant ist, dass zwei ehemals hochgradig glaubwürdige und seriöse Parteien das Spiel nicht so offenkundig mitzumachen scheinen. Die eine Partei entdeckt den Begriff Solidarität sogar allmählich wieder. Die andere Partei sortiert sich zwar nach kürzlich errungener Niederlage noch und schüttelt die über sie gegossene Häme ab, dürfte aber auch mit gewissem Abstand zur Kenntnis nehmen, was sich da an Seltsamkeiten und Niedertracht in Tutzing abspielt.
Der jetzige Gemeinderat hat jüngst innerhalb von Stunden eine unglaublich schwere Hypothek auf sich gezogen. Er wird in seiner Gesamtheit verdächtigt, die Weitergabe vertraulichster Unterlagen an die Presse nicht verhindert zu haben. Auffallend ist, dass niemand aus dem Gemeinderat die Handlung bedauert, unzulässig und dem Ruf der Gemeinde erheblich schadende Unterlagen in die Öffentlichkeit weitergegeben zu haben. Man geht einfach zur Tagesordnung über und schweigt die Angelegenheit tot. Sogar der Amtsträger scheint glauben zu können, das als Streich dummer Jungen ablegen zu dürfen!
An der Seriosität des gemeinderätlichen Tuns sind daher erhebliche Zweifel angebracht. Wer kann verhindern, dass der jetzige Gemeinderat sich in den neuen Gemeinderat mit einer solchen Belastung hineinschummelt? Wird hier erneut auf das kurze Gedächtnis des Wählers gesetzt?
Zusammengefasst für den Schnellleser: Solange die bisher erlebten überaus durchsichtigen Verhaltens- und Denkstrukturen großer Teile des Gemeinderats nicht aufgebrochen werden, kann an der Spitze der Verwaltung stehen, wer will. Er oder sie wird in allerkürzester Zeit fertiggemacht. Vor Stunden erst sagte ein Gemeinderat, er würde sich für den amtierenden BM schämen. Hat dieser Fremdschämer sich eigentlich schon einmal gefragt, ob nicht auch immer mehr Tutzinger sich für große Teile ihres Gemeinderats schämen? Derzeit noch leise, zu leise.
Wer im Gemeinderat an die vornehmste Aufgabe (Führung der Verwaltung) des BM herangeht und den BM und seine Mitarbeiter vor der anwesenden Öffentlichkeit unentwegt in den Dreck zieht, sollte schleunigst auf sein Mandat verzichten. Das ist er zumindest den Verwaltungsmitarbeitern schuldig!
Wo bleibt hier der Aufschrei “So nicht!“ der seit Monaten um die Dinge wissenden Tutzinger?
Gehen Sie zur Wahl oder gar zu Wahlveranstaltungen? Wenn ja, dann versuchen Sie einmal aus den Darstellungen der sog. Wahlkämpfer herauszulesen, wer fast ausschließlich Kraft auf reinste Polemik und Intrige verwendet, statt auf für uns Tutzinger vitale Interessen. Es gilt wohl immer noch die alte Regel, dass Polemik sehr viel mehr stammtischgeeignet und damit überzeugend ist. Mehr als das sich Befassen mit Sachverhalten, deren Hintergründe und hausgemachten Unzulänglichkeiten.
Ihr Josef Bimslechner