Am 26.11.2023 finden Bürgermeisterwahlen in Tutzing statt. Der Bürgerverein TUTZINGER LISTE e.V. hat sich – wie nach einer Umfrage des Merkur inzwischen auch die Vorsitzenden von FDP, ÖDP und SPD sowie Gemeinderatsmitglied Bernd Pfitzner von den GRÜNEN – für die Harmonisierung der Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen ausgesprochen. Der Bürgerverein hat zuvor einen Appell der Vernunft an die verantwortlichen politischen Akteure gerichtet und vier gewichtige Gründe (siehe Infokasten) angeführt, warum Tutzing mit unterschiedlichen Wahlen schlecht beraten ist. Die Harmonisierung der Wahlen kann gesetzlich grundsätzlich durch die Amtszeitverlängerung (von 6 auf 8 Jahre) oder die Amtszeitverkürzung (hier auf ca. 2,5 Jahre – mit Wiederantritt zur Wahl im Frühjahr 2026) erzielt werden.

Nur 3 Monate weniger und Tutzing hätte im November keine Bürgermeisterwahlen

Der Bürgerverein hat die gesetzliche Amtszeitverlängerung auf 8 Jahre nochmals geprüft. Die in Art. 43 Abs. 2 GLKrWG verankerte Amtszeitverlängerung für Tutzing greift leider nicht, da zwischen dem Ende der Amtszeit der Ersten Bürgermeisterin, Marlene Greinwald (FW), bis 29.1.2024, und der des amtierenden Gemeinderats, bis 30.4.2026, nicht maximal 2 Jahre, sondern 2 Jahre und 3 Monate liegen. Knapp daneben ist aber leider auch vorbei. Denn keine separate Bürgermeisterwahl jetzt im November, sondern einheitliche Wahlen erst im Frühjahr 2026 hätten für Tutzing viele Vorteile gehabt. „Baustellen“, die der vollen Aufmerksamkeit der Gemeinde bedürfen, gibt es derzeit mehr als genug (insbesondere Hauptstraßensanierung, Schulsanierung, der geplante Teilverkauf des Kustermann-Areals, das  ISEK und eine  „echte“ Haushaltsdebatte). Der Ablenkung durch Wahlen, die im Ergebnis wohl dauerhaft ein ineffizientes Wahlsystem für Tutzing bringen, hätte es dieses Jahr nicht gebraucht. Nur wegen dieser 3 Monate also hängt Tutzings Wohl und Wehe eines effizienten Wahlsystems tatsächlich allein von der Entscheidung der Bürgermeisterkandidaten ab – der freiwilligen Amtszeitverkürzung.

Amtszeitverkürzung wäre Bürger(meister)pflicht – für die amtierende Kandidatin

Nach Meinung des Bürgervereins, wäre die freiwillige Amtszeitverkürzung (und erneute Kandidatur in 2026) gerade für die Kandidatin der FREIEN WÄHLER, die Erste Bürgermeisterin, Marlene Greinwald – Bürger(meister)pflicht. Greinwald wurde durch die Sonderwahl in 2018 ins Amt gewählt und würde im Falle ihrer Wiederwahl dann in 2026 bei den Kommunalwalen bereits über 8 Jahre im Amt sein (ihre Zeit als kommissarische BM in 2017 berücksichtigend sogar fast 9 Jahre). Greinwald steht nach eigenen Angaben aber für eine erneute Kandidatur in 2026 nicht zur Verfügung. Die drei Monate „retten“ sie. Aber was erlaubt ist, ist noch lange nicht auch richtig. Das Gemeinwohl sollte bei dieser gewichtigen Angelegenheit über dem Eigenwohl stehen. Schließlich erklärte auch Greinwald gegenüber der SZ, dass ein Wahlkampf für eine Gemeinde und eine Verwaltung “sehr einschneidend” sei. Die von Greinwald angeführten Gründe gegen die Amtszeitverkürzung überzeugen den Bürgerverein nicht. Er nimmt dazu detailliert Stellung: Kritik der Gestalter eckt bei Bürgermeisterin an. Daraufhin veröffentlichte Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) jetzt neue Argumente, die gegen die Amtszeitverkürzung sprechen sollen.

„Warnung vor Verzögerung bei Ämterwechsel“: Verunsicherung und unvollständige Informationen – das geht gar nicht

Die Vizebürgermeisterin führt gegenüber den vorOrt.news als Argument gegen die freiwillige Amtszeitverkürzung u.a. die “eventuelle(n) Verzögerung der Großprojekte” (gemeint sind damit die Sanierung der Hauptstraße und der Mittelschule) an – dies wohlwissend, dass die Fertigstellung der Sanierung der Ortsdurchfahrt für die Sommerferien 2024 avisiert ist (Verkehrsplaner Benjamin Neudert) – also lange vor den Wahlen in 2026. Und auch die Sanierung und Finanzierung der Schule vor 2026 erledigt sein muss: „Das Projekt kann man nicht stoppen. Wir müssen 2025 wieder aus der Kaserne raus.“ – (Zitat Greinwald aus der SZ). Dörrenberg unterstützt Greinwald, scheut dabei jedoch nicht, uns Bürger verunsichern zu wollen und – besonders schwerwiegend – wichtige Informationen zu verschweigen: https://www.vorort.news/tutzing/kommunalpolitik/2023/3/6/warnung-vor-verzoegerungen-bei-aemterwechsel. Das ist schlichtweg unseriös.

Auch der Merkur zitiert die Vizebürgermeisterin unkritisch: Die Mehrkosten aufgrund getrennter Wahlkosten könne man nicht beziffern, da deren Ermittlung einen zu hohen Verwaltungsaufwand darstellen würde. Da Tutzing bereits eine separate Bürgermeisterwahl in 2018 hatte, ist diese Aussage offenkundig nicht glaubwürdig. Man müsste nur einen Blick in den Gemeindehaushalt 2018 werfen oder, noch einfacher, in die jüngst verabschiedete Haushaltsplanung 2023: 37.000 Euro soll die separate Bürgermeisterwahl in 2023 kosten.

Das Prinzip der Gegenseitigkeit: Geben und Nehmen

Die Erste Bürgermeisterin appelliert aktuell an uns Bürger zu helfen, die demnächst in Tutzing ankommenden Flüchtlinge zu integrieren (TN 3/2023) und fordert uns mittels eines Grundsatzbeschlusses auf, die Energiewende zu unterstützen: https://www.vorort.news/tutzing/natur-umwelt/2023/3/15/klimabeschluss-in-tutzing. Das Verhalten der Tutzinger Gemeindebürger in 2015/16 sowie die bislang gezeigte Unterstützung der Bürgerinitiative „Klimaneutral 2035“ lassen darauf schließen, dass sich die Amtsbürgermeisterin auch weiterhin auf die Tutzinger Gemeindebürger aber auch deren Institutionen (jüngst die Missions-Benediktinerinnen, die auf „Vermittlung“ der Ersten Bürgermeisterin hin nicht nur der Gemeinde, sondern auch der Landes- und Bundesregierung geholfen haben) verlassen können wird. Bald wird sich zeigen, ob sich auch umgekehrt die Gemeindebürger mit ihrem Appell zur Harmonisierung der Wahlen, also einer Angelegenheit von „einschneidender“ Wichtigkeit zum Wohle der Gesamtgemeinde, auf die Unterstützung der Amtsbürgermeisterin verlassen können. Die Bereitschaft zur Amtszeitverkürzung (und Antritt zur Wiederwahl in 2026) würde jedenfalls dem Prinzip der Gegenseitigkeit entsprechen.

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Infokasten:

Die vier gewichtigen Gründe für die Harmonisierung der Wahlen in 2026

  1. Aufwertung der Bürgermeisterwahlen und damit Entgegenwirken der sinkenden Wahlbeteiligung.
  2. Vermeidung der Diskontinuität in der Zusammenarbeit zwischen Amtsbürgermeister und Gemeinderat – alle ca. 3 Jahre würden sich personelle Änderungen ergeben.
  3. Ablenkung des Amtsbürgermeister von seinen Hauptaufgaben durch unnötig viele Wahlkampfzeiten.
  4. Und nicht zuletzt spricht gegen ein uneinheitliches Wahlsystem die knappe Gemeindekasse sowie die (Über)belastung der ehrenamtlichen Wahlhelfer.
    (An die Adresse der Zweiten Bürgermeisterin:

    Natürlich dürfen für den demokratischen Akt schlechthin, keine Haushaltserwägungen gelten – dennoch ist auch ein Wahlsystem immer auch kritisch zu beleuchten (s. z.B. aktuellen Gesetzesentwurf zur Verkleinerung der Abgeordnetenzahl im Bundestag). Nach Meinung des Bürgervereins, sind die Erwägungen des bayerischen Gesetzgebers (Bewerber zu finden und  versorgungsrechtliche Mindestwartezeiten), aufgrund derer dauerhaft getrennte Wahlen möglich sind, jedenfalls kritisch zu betrachten. Andere Bundesländer haben andere Regelungen. 

 

Presse:
Merkur:  Wahlen: Kommunalaufsicht kontaktiert

 

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